Donnerstag, 14. Februar 2019

Brief 520 vom 13./14.02.1944


 Mein liebster Schatz!                                                                     13.2.44

Es geht zwar schon auf 11 Uhr nachts, aber ich will Dir doch noch meinen Tagesgruß entbieten. Am Vormittag hatte ich meinen üblichen Dienst und am Nachmittag war ich heute wieder einmal mit einem Teil der Kameraden im Offiziersheim in Piräus. Ich schrieb Dir ja schon früher einmal davon, daß man dort immer so nett angenommen wird. Es gab zwei Stückchen Streuselkuchen, der wirklich sehr gut war. Dann Kaffee mit Zucker. Dann konnte man Cognac und Wein bekommen. Auch das Abendessen war ganz ordentlich. Man muß ja bedenken, daß man dies alles zusätzlich erhält außer der Verpflegung, die einem bei der Truppe zusteht. Ich kann es nur feststellen, daß ich heute wieder einmal ordentlich versorgt worden bin. Wenn es einem auch nicht jeden Tag gleich gut gehen kann, so findet sich immer wieder eine Gelegenheit, einmal über den üblichen Rahmen hinaus zu leben. Wir sind dann mit der Untergrundbahn in die Stadt gefahren und waren bis jetzt noch im Wehrmachtstheater. Das wäre mein Sonntag gewesen. Da kann ich doch bestimmt nicht klagen. Es ist aber bestimmt eine Entspannung, wenn man solch einen Nachmittag erlebt und einmal das tägliche einerlei nicht hat und aus dem täglichen Trott heraus ist.  Über Deine Mitteilung über unser Mädel, daß sie zwei ordentliche Arbeiten in der Schule abgeliefert hat, habe ich mich sehr gefreut. Daß sie sich mit Rechnen so gebessert hat, ist doch sehr erfreulich. Vor längerer Zeit war es doch, wo sie gar keinen Sinn für das Rechnen hatte. Aber das ist nun einmal so. Jeder Mensch hat so gewisse Krisenzeiten. Man ist nicht immergleich leistungsfähig. Das geht nicht nur uns Erwachseen so, sondern auch die Kinder sind diesen Schwankungen unterworfen. Daß jemand dauernd Spitzenleistungen hervorbringen soll, kann man normalerweise nicht verlangen. Wenn sie aber eine gleichmäßige gute Durchschnittsleistung hervorbringt, dann ist das sehr gut. Wie die Zeugnisse ihm allgemeinen besehen bei unseren Beiden zeigen, ist die Breitenleistung in allen Fächern gut und das ist schließlich entscheidend. Gelacht habe ich darüber, daß sich unser Fräulein in der Schule eine Strafarbeit geholt hat. Sie ist wenigstens kein Duckmäuser und sie verreißt sich auch einmal den Rand. Wenn es auch heißt, sie führt sich schlecht auf, so ist mir das lieber, wie wenn sie nur zu allem Ja und Amen sagt. Sie sollen ja auch selbständig denken lernen. Wenn sie in der Form einmal danebengreifen, so kann das schon einmal vorkommen. Dafür bekommt sie ja auch eins aufs Dach. Das ist nicht schlecht, wenn sie sich einmal irrt. Solch eine Strafarbeit ist ja noch lange kein Beinbruch. Wenn sie sonst ihre Sachen macht, kann man über sowas ohne weiteres hinwegsehen. Anders dagegen wäre es, wenn sie faul und dumm wären, unsere Beiden. Dann müßte sie schon etwas bescheidener sein. Jedenfalls freut es mich, daß sie sich anstrengt und daß man das Schulgeld nicht für umsonst hinauswirft, sondern daß es einen Zweck hat, daß man es für etwas aufwendet. Sag ihr, daß sie bei der nächsten 1 wieder 2,RM von mir erhält. Gib ihr besonders für diese Arbeit bitte von meinem Geld. Man muß ihnen doch einen kleinen Ansporn geben. Wenn unser Junge wieder einmal gut abschneidet, dann werde ich selbstverständlich auch an ihn wieder denken. Der Schwamm und die anderen Sachen scheinen Eure Zustimmung gefunden zu haben. Daß die Feigen und Apfelsinen Euch Spaß gemacht haben und daß sie Euch schmecken das freut mich immer besonders. Es sind nun solche kleinen bisschen, die man in der gegenwärtigen Zeit nirgends erhält. Darum bekommen sie schließlich auch diesen Wert. Für die anderen Sachen hast Du ja auch Verwendung, wie Du schreibst, wenn Du auch nicht alles auf einmal brauchst, so muß man sich doch immer sagen, daß ein kleiner Vorrat doch sehr von Nutzen ist. Wenn ich weiß, daß alles richtig angekommen ist und daß Du für alles Verwendung hast, dann habe ich bestimmt schon eine große Freude an meinen Besorgungen. Denn ich sage mir immer, darum soll ich zusehen, daß andere Leute sich noch und noch etwas beschaffen und ich soll womöglich dabei zusehen, ohne daß meine Familie etwas erhält und womöglich Hunger leidet. Solche Möglichkeiten müssen ausgeschöpft werden, soweit die Möglichkeiten dazu bestehen. Darum sehe ich das immer als eine selbstverständliche Pflicht an, in dieser Hinsicht für Euch zu sorgen, soweit das in meinen Kräften steht. Wenn Du mir schreibst, daß alles eine freudige Aufnahme gefunden hat, dann ist mir das Dank genug.
Ich nehme Dich nun wieder im Geiste in meine Arme und drücke Dich recht herzlich. Bleibt mir alle gesund und seid vielmals allesamt geküsst von Deinem Ernst.  Manche der beigefügten Marken scheinen doppelt zu sei. Du musst aber Obacht geben, es ind andere Ausgaben dabei. Einzelne sind doppelte, doch das macht ja nichts weiter, denn die kann ich womöglich gut wieder vertauschen. Es heißt also scharf dabei aufzupassen. Die ungestempelten brauchst Du ja nur einzulegen, wie wir es kürzlich schon besprochen haben.


Mein liebster Schatz!                                                                                        14.2.44  

Die Post hat mich heute mit keinem Brief von Dir bedacht. Vom Pfarramt Bautzen bekam ich heute einen Bescheid, daß meine angeforderten Urkunden bereitliegen würden, daß jedoch das Geld noch nicht eingegangen sei. Ich muß nun bei unserer Zahlstelle deshalb nochmals nachforschen lassen, damit diese Sache zum Klappen kommt. Nach diesem Schreiben zu schließen, muß aber mit weiteren 7 Urkunden die Reihe Miersch abgeschlossen sein. Doch das wird sich ja zeigen. Ich hatte nachgefragt, ob der Name Miersch heute in der Gegend Bautzen vorkommt, was mir bestätigt wurde mit dem Anfügen, daß es im Adressbuch in Bautzen allein 11 mal vorzufinden sei. Ich denke ja, daß die Ahnenangelegenheit von Deiner Linie Dich interessieren wird. Ich habe ja Deinem Vater in meinem heutigen Brief an ihn entsprechend auch berichtet. Den Durchschlag meines Briefes an ihn füge ich Dir wieder mit bei, wie das bei uns immer so üblich ist. Von der Tabakpfeife hatte ich Dir ja schon geschrieben, ich denke es jedenfalls. Wenn sie bei Dir ankommt, dann kannst Du sie ihm ja zuschicken.  Heute habe ich übrigens mein Päckchen mit Zwiebeln an Dich abgesandt. Es hat die Nummer 30. Wenn es auch nicht gerade besondere Werte sind, die darin enthalten sind, dann freue ich mich doch, wenn ich Euch damit wieder einen kleinen Weg abgenommen habe, abgesehen davon, daß sie zur Mangelware zählen.
Am Donnerstag den 17.  reise ich von hier für einige Tage nach Saloniki. Ich habe, wie ich Dir schon vor einigen Tagen mitteilte, verschiedene dienstliche Dinge zu regeln, doch ich werde die Gelegenheit wahrnehmen und mir die Stadt ein wenig ansehen. Es ist doch immerhin eine willkommene Abwechslung aus dem alltäglichen  Einerlei. Es kann sein, daß ich während dieser Tage nicht so zum Schreiben komme. Ich teile Dir dies mit, damit Du schon heute weißt, daß in den nächsten Tagen weniger Post eintreffen wird. Aber Du bist ja im Bilde, daß ich nach Möglichkeit versuchen werde, Dir Nachricht von mir zu geben. Ich habe heute eigentlich nichts von Bedeutung zu berichten. Lasse mich bitte darum mein Schreiben abschließen mit vielen lieben Grüßen für Dich und die Kinder.  Lasst Euch alle Drei herzlich abdrücken, denn ich bin ja immer im Geiste bei Euch.  Dein Ernst.


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