Liebstes
Mädel ! 24.9.42
Dir
sende ich wieder meinen täglichen Gruß. Ich hoffe, daß Ihr daheim alle gesund
seid. Bei dem Wechsel der Jahreszeit muß man meinst damit rechnen, daß man eine
Erkältung mitbekommt. Ich glaube aber, daß bei Euch das Wetter immer noch ganz
schön warm ist. Dein Vater muß nun auch wieder an seine Abreise danken. Ich
hoffe, daß Ihr gut miteinander ausgekommen seid. Daß es zu keiner großen
Meinungsverschiedenheit gekommen ist, ist auch mein Wunsch. Durch die beiden
Besuche hast Du in diesem Sommer wieder etwas Abwechslung bekommen, die Dich
aus dem Alltag etwas herausgehoben hat. Der erste Besuch wird Dir mehr Freude
und Unterhaltung gebracht haben, wie der letzte. Darum habe ich einige
Befürchtungen gehabt, als ich nach der ersten Absage Deines Vaters dann doch
las, daß er Dich besuchen will. Wie nun auch alles gegangen sein mag, ich werde
Deinen Bescheid abwarten müssen. Ich sitze zu weit weg, um überhaupt aktiv in
dieser Angelegenheit eingreifen zu können. Siegfried hat mir in seinem Brief
auch in Aussicht gestellt, daß er mir über die Besprechungen daheim Bescheid
geben würde. Man macht sich Gedanken und Sorgen, weil man glaubt, daß es zuviel
für eine Frau ist, aber in Bezug auf Selbständigkeit hast Du während der Dauer
des Alleinseins allerhand hinzugelernt. Es ist wohl kein Schade. Ich werde aber
später mich sehr verstecken müssen, weil die Selbständigkeit derartige Formen
angenommen hat, daß Du auf meine Hilfe und Unterstützung nicht mehr angewiesen
sein wirst. Das Wetter ist direkt
erstaunlich schön. Man kann sagen, daß wir seit Mai, von ganz kurzen
Unterbrechungen abgesehen, immer schönes Wetter gehabt haben. Auch jetzt kann
man noch von spätsommerlichem Wetter sprechen. Am Tag ist es so schön warm. Ich
bin heute mit einem Kameraden über Mittag etwas durch die Straßen gelaufen,
weil man am Tag nicht aus dem Bau kommt. Es ist schon gut, wenn man sich etwas
verläuft, denn man wird ganz steif, wenn man nur paar hundert Meter am Tag
läuft und sich dann wieder ins Büro begibt.
Solange man dann im Büro ist, muß man sich wieder an die Kälte gewöhnen.
Es kommt ja soweit, daß wir im Laufe der nächsten Zeit aus unserem jetzigen Bau
herausziehen. Wie dann die Heizungsverhältnisse werden, haben wir noch nicht
ausgekundschaftet. Rosig sieht es bis jetzt nicht für alle aus. Wir warten auf
ein Wunder und hoffen alle, daß es auch mit der Heizung klappen wird. Wegen des Dienstpakets habe ich mich hier
nochmal erkundigt. Das muß an die Dienststelle Feldpostnummer 00220 Abt. VII
gerichtet werden. Als zweite Adresse muß innen meine weitere Anschrift sein.
Das Paket kann man beim Wehrbezirkskommando bezw. beim Wehrbezirksamt
aufgegeben werden. Wenn die irgendwelche Anstände machen, dann ist denen zu
erklären, daß es bei der Versetzung nicht möglich war, aus der Heimat die
Sachen mitzunehmen, die man hier im Osten braucht. Versuche das bitte und
schicke mir meinen Trainingsanzug, die Turnschuhe, die Handtücher und was ich
sonst noch aufgeschrieben hatte. Nur keine weitere Decke, denn ich habe hier
zwei Decken und ich denke, daß ich noch welche bekommen werde. Für heute grüßt Dich wieder recht herzlich
und sendet Dir viele, viele Küsse Dein Ernst.
Mein
liebster Schatz !
25.9.42
Wenn
man genügend Geduld aufbringt und wartet, erreicht einem doch die Post wieder.
Ich dachte erst wieder einmal daß ich von der Postversorgung ausgefallen sei,
das ist aber nicht der Fall. Außer
Deinen beiden Briefen vom 14. und 15. 9. traf, zwar nicht direkt an mich,
sondern an meine Dienststelle, die Antwort auf mein Beförderungsgesuch von der
Stadtverwaltung ein. Wie ich schon mit großer Gewißheit erwartet hatte, ist es
abgelehnt worden. Es geht gegenwärtig wieder einmal alles daneben. Erst die
Sache mit dem Lehrgang und nun diese Geschichte. Ich lasse mich dadurch aber
noch nicht entmutigen. Im Moment des Briefeschreibens hat mein Chef die Antwort
noch nicht gesehen, ich weiß nicht, ob er von sich aus noch etwas unternimmt.
Ich werde aber auf diese Antwort nochmals schreiben und zum Ausdruck bringen,
daß ich die erste Prüfung abgelegt habe. Die Beförderung zum Sekretär setzt
aber nicht voraus, daß ich erst die zweite Prüfung abzulegen habe, denn die
erste Prüfung ist ja die eigentliche Sekretärsprüfung. Ich verlange damit nicht
Unbilliges mit meinem Antrag. Diesmal gebe ich mich nicht so leicht zufrieden.
Dies auch im Hinblick darauf, daß andere Herren während des Krieges befördert
worden sind, die in der Heimat geblieben sind, während wir, die wir hier
draußen sitzen, vergessen werden. Ich denke dabei nur an Maier aus der
Siedlung. Er ist ohne irgendwelche theoretische Nachweisungen zum Oberinspektor
befördert worden. Es wird noch einen Kampf kosten. Ich bin aber nicht gewillt,
nachzugeben; jedenfalls nicht eher, bis man mir stichhaltige Gründe
entgegensetzt. Nach Deiner Aufstellung
zu schließen, sind wir mit der Beerenernte ganz gut weggekommen. Die
Stachelbeeren haben aber doch noch den Ausschlag gegeben. Im nächsten Jahr
werden aber die vielen Johannisbeerstöcke das meiste abgeben. Es sei denn, daß
allgemein die Beeren nichts tragen. Ich
freue mich immer wieder über den schönen Erfolg. Im allgemeinen hat man, außer
mit den Brombeeren, keine große Arbeit.
Dem Besuch Deines Vaters hast Du schon mit der nötigen Fassung entgegengesehen.
Ich hoffe, daß der Predigten, die Du erwartet hast, nicht zuviel geworden sind.
Für seinen zweiten Aufenthalt habt Ihr auch gleich Bregenz vorgenommen.
Hoffentlich war auch das Wetter hold.
Wie ist er denn mit den Kindern ausgekommen? Mit Büchern hat er Euch
aber reichlich bedacht, das muß man sagen. Es scheinen alles gute Sachen zu
sein. Man kann ja nur nach dem Schriftsteller oder nach dem Titel beurteilen.
Auch am ersten Tag ist er nobel gewesen. Das ist ja seine Art. Wenn er ein paar
Pfennig in dr Hand hat, dann gibt er sie in den ersten Tagen gleich aus und
dann, wenn es dem Ende zugeht, dann wir ihm das Geld knapp. Diese Eigenschaften
sind einem von früher noch so bekannt, daß man immer meint, es hätte sich in
dieser Richtung nicht geändert. Ich glaube aber, daß es bald so ist. Dieser Zwiebackkuchen wird sicher nicht
schlecht schmecken. Daß Du aber immer noch welchen davon da gehabt hast, zeugt
von einer sparsamen Verwendung. Bei diesen Sache wäre ich auch dabei. Daß Ihr
Euch mit diesem Zwieback so schön helfen konntet, freut mich immer wieder, wenn
ich davon lese, wie Du ihn verwendet hast. Man hätte das schon früher machen
sollen. Die Blechbüchsen dürfen nicht
allzu groß sein, denn mehr wie ein Kilo kann man ja nicht schicken. Ich bin genauso
gespannt wie Du, wie die Eiersendungen ankommen. Man muß aber versuchen, das,
was irgendwie brauchbar erscheint, zu verpacken und nach hause zu schicken. Man
kommt dabei auf die eigenartigsten Gedanken. Die Briefumschläge haben Dich auch
wieder erreicht. Ich habe gesehen, daß Du sie schon verwendet hast. Inzwischen habe ich nochmals welche gekauft
und Dir zugehen lassen. Ich freue mich darum, daß Du sie gut gebrauchen
kannst. Die Umschläge von Douai waren
also die letzten, die Du gehabt hast. Unser Bedarf ist eben zu groß. Ich habe
schon allerhand besorgt davon, aber es reicht immer noch nicht aus. Das Umstechen des Komposthaufens war
sicherlich auch etwas schwer für Dich. Ich würde Dir zu gern diese Arbeit abnehmen.
Genau wie das Mistheranholen. Aber man kann das nur immer auf dem Papier
niederlegen und steht ganz hilflos in der Ferne. Anscheinend hast Du aber im
allgemeinen eine gute Ernte gehabt. Ich glaube, daß die meisten Gläser wieder
gefüllt sind. Ich las neulich in der Zeitung, daß man die Ringe für die
Einmachgläser gegen neue umtauschen kann. Es ist also ratsam, daß man die alten
aufhebt. Herzliche Grüße und viele,
viele Küsse sendet Dir Dein Ernst.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen