Samstag, 7. Oktober 2017

Brief 325 vom 24./25.9.1942


Liebstes Mädel !                                                     24.9.42     
Dir sende ich wieder meinen täglichen Gruß. Ich hoffe, daß Ihr daheim alle gesund seid. Bei dem Wechsel der Jahreszeit muß man meinst damit rechnen, daß man eine Erkältung mitbekommt. Ich glaube aber, daß bei Euch das Wetter immer noch ganz schön warm ist. Dein Vater muß nun auch wieder an seine Abreise danken. Ich hoffe, daß Ihr gut miteinander ausgekommen seid. Daß es zu keiner großen Meinungsverschiedenheit gekommen ist, ist auch mein Wunsch. Durch die beiden Besuche hast Du in diesem Sommer wieder etwas Abwechslung bekommen, die Dich aus dem Alltag etwas herausgehoben hat. Der erste Besuch wird Dir mehr Freude und Unterhaltung gebracht haben, wie der letzte. Darum habe ich einige Befürchtungen gehabt, als ich nach der ersten Absage Deines Vaters dann doch las, daß er Dich besuchen will. Wie nun auch alles gegangen sein mag, ich werde Deinen Bescheid abwarten müssen. Ich sitze zu weit weg, um überhaupt aktiv in dieser Angelegenheit eingreifen zu können. Siegfried hat mir in seinem Brief auch in Aussicht gestellt, daß er mir über die Besprechungen daheim Bescheid geben würde. Man macht sich Gedanken und Sorgen, weil man glaubt, daß es zuviel für eine Frau ist, aber in Bezug auf Selbständigkeit hast Du während der Dauer des Alleinseins allerhand hinzugelernt. Es ist wohl kein Schade. Ich werde aber später mich sehr verstecken müssen, weil die Selbständigkeit derartige Formen angenommen hat, daß Du auf meine Hilfe und Unterstützung nicht mehr angewiesen sein wirst.  Das Wetter ist direkt erstaunlich schön. Man kann sagen, daß wir seit Mai, von ganz kurzen Unterbrechungen abgesehen, immer schönes Wetter gehabt haben. Auch jetzt kann man noch von spätsommerlichem Wetter sprechen. Am Tag ist es so schön warm. Ich bin heute mit einem Kameraden über Mittag etwas durch die Straßen gelaufen, weil man am Tag nicht aus dem Bau kommt. Es ist schon gut, wenn man sich etwas verläuft, denn man wird ganz steif, wenn man nur paar hundert Meter am Tag läuft und sich dann wieder ins Büro begibt.  Solange man dann im Büro ist, muß man sich wieder an die Kälte gewöhnen. Es kommt ja soweit, daß wir im Laufe der nächsten Zeit aus unserem jetzigen Bau herausziehen. Wie dann die Heizungsverhältnisse werden, haben wir noch nicht ausgekundschaftet. Rosig sieht es bis jetzt nicht für alle aus. Wir warten auf ein Wunder und hoffen alle, daß es auch mit der Heizung klappen wird.  Wegen des Dienstpakets habe ich mich hier nochmal erkundigt. Das muß an die Dienststelle Feldpostnummer 00220 Abt. VII gerichtet werden. Als zweite Adresse muß innen meine weitere Anschrift sein. Das Paket kann man beim Wehrbezirkskommando bezw. beim Wehrbezirksamt aufgegeben werden. Wenn die irgendwelche Anstände machen, dann ist denen zu erklären, daß es bei der Versetzung nicht möglich war, aus der Heimat die Sachen mitzunehmen, die man hier im Osten braucht. Versuche das bitte und schicke mir meinen Trainingsanzug, die Turnschuhe, die Handtücher und was ich sonst noch aufgeschrieben hatte. Nur keine weitere Decke, denn ich habe hier zwei Decken und ich denke, daß ich noch welche bekommen werde.  Für heute grüßt Dich wieder recht herzlich und sendet Dir viele, viele Küsse Dein Ernst.


Mein liebster Schatz !                                                    25.9.42          
Wenn man genügend Geduld aufbringt und wartet, erreicht einem doch die Post wieder. Ich dachte erst wieder einmal daß ich von der Postversorgung ausgefallen sei, das ist aber nicht der Fall.  Außer Deinen beiden Briefen vom 14. und 15. 9. traf, zwar nicht direkt an mich, sondern an meine Dienststelle, die Antwort auf mein Beförderungsgesuch von der Stadtverwaltung ein. Wie ich schon mit großer Gewißheit erwartet hatte, ist es abgelehnt worden. Es geht gegenwärtig wieder einmal alles daneben. Erst die Sache mit dem Lehrgang und nun diese Geschichte. Ich lasse mich dadurch aber noch nicht entmutigen. Im Moment des Briefeschreibens hat mein Chef die Antwort noch nicht gesehen, ich weiß nicht, ob er von sich aus noch etwas unternimmt. Ich werde aber auf diese Antwort nochmals schreiben und zum Ausdruck bringen, daß ich die erste Prüfung abgelegt habe. Die Beförderung zum Sekretär setzt aber nicht voraus, daß ich erst die zweite Prüfung abzulegen habe, denn die erste Prüfung ist ja die eigentliche Sekretärsprüfung. Ich verlange damit nicht Unbilliges mit meinem Antrag. Diesmal gebe ich mich nicht so leicht zufrieden. Dies auch im Hinblick darauf, daß andere Herren während des Krieges befördert worden sind, die in der Heimat geblieben sind, während wir, die wir hier draußen sitzen, vergessen werden. Ich denke dabei nur an Maier aus der Siedlung. Er ist ohne irgendwelche theoretische Nachweisungen zum Oberinspektor befördert worden. Es wird noch einen Kampf kosten. Ich bin aber nicht gewillt, nachzugeben; jedenfalls nicht eher, bis man mir stichhaltige Gründe entgegensetzt.  Nach Deiner Aufstellung zu schließen, sind wir mit der Beerenernte ganz gut weggekommen. Die Stachelbeeren haben aber doch noch den Ausschlag gegeben. Im nächsten Jahr werden aber die vielen Johannisbeerstöcke das meiste abgeben. Es sei denn, daß allgemein  die Beeren nichts tragen. Ich freue mich immer wieder über den schönen Erfolg. Im allgemeinen hat man, außer mit den Brombeeren, keine große Arbeit.  Dem Besuch Deines Vaters hast Du schon mit der nötigen Fassung entgegengesehen. Ich hoffe, daß der Predigten, die Du erwartet hast, nicht zuviel geworden sind. Für seinen zweiten Aufenthalt habt Ihr auch gleich Bregenz vorgenommen. Hoffentlich war auch das Wetter hold.  Wie ist er denn mit den Kindern ausgekommen? Mit Büchern hat er Euch aber reichlich bedacht, das muß man sagen. Es scheinen alles gute Sachen zu sein. Man kann ja nur nach dem Schriftsteller oder nach dem Titel beurteilen. Auch am ersten Tag ist er nobel gewesen. Das ist ja seine Art. Wenn er ein paar Pfennig in dr Hand hat, dann gibt er sie in den ersten Tagen gleich aus und dann, wenn es dem Ende zugeht, dann wir ihm das Geld knapp. Diese Eigenschaften sind einem von früher noch so bekannt, daß man immer meint, es hätte sich in dieser Richtung nicht geändert. Ich glaube aber, daß es bald so ist.  Dieser Zwiebackkuchen wird sicher nicht schlecht schmecken. Daß Du aber immer noch welchen davon da gehabt hast, zeugt von einer sparsamen Verwendung. Bei diesen Sache wäre ich auch dabei. Daß Ihr Euch mit diesem Zwieback so schön helfen konntet, freut mich immer wieder, wenn ich davon lese, wie Du ihn verwendet hast. Man hätte das schon früher machen sollen.  Die Blechbüchsen dürfen nicht allzu groß sein, denn mehr wie ein Kilo kann man ja nicht schicken. Ich bin genauso gespannt wie Du, wie die Eiersendungen ankommen. Man muß aber versuchen, das, was irgendwie brauchbar erscheint, zu verpacken und nach hause zu schicken. Man kommt dabei auf die eigenartigsten Gedanken. Die Briefumschläge haben Dich auch wieder erreicht. Ich habe gesehen, daß Du sie schon verwendet hast.  Inzwischen habe ich nochmals welche gekauft und Dir zugehen lassen. Ich freue mich darum, daß Du sie gut gebrauchen kannst.  Die Umschläge von Douai waren also die letzten, die Du gehabt hast. Unser Bedarf ist eben zu groß. Ich habe schon allerhand besorgt davon, aber es reicht immer noch nicht aus.  Das Umstechen des Komposthaufens war sicherlich auch etwas schwer für Dich. Ich würde Dir zu gern diese Arbeit abnehmen. Genau wie das Mistheranholen. Aber man kann das nur immer auf dem Papier niederlegen und steht ganz hilflos in der Ferne. Anscheinend hast Du aber im allgemeinen eine gute Ernte gehabt. Ich glaube, daß die meisten Gläser wieder gefüllt sind. Ich las neulich in der Zeitung, daß man die Ringe für die Einmachgläser gegen neue umtauschen kann. Es ist also ratsam, daß man die alten aufhebt.  Herzliche Grüße und viele, viele Küsse sendet Dir Dein Ernst.


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