Mein liebes, gutes Mädel! O.U., den 8.10.1942
Wieder war einmal Posttag, der mich wieder einmal
zufriedengestellt hat. Deinen Brief vom 28.9. und Deinen Luftpostbrief vom
2.10. kann ich Dir bestätigen. Für beide danke ich Dir recht herzlich.
Erfreuliche Nachrichten erhielt ich auch von Kurt. Die SA hat mir auch
geschrieben, wie immer aber sehr nichtssagend.
Vorausschicken möchte ich, dass ich Dir heute zwei Päckchen
fertig machen konnte. In einem habe ich heute früh Eier wegschicken können.
Diesmal sind es nur 9 Stück. Heute Nachmittag hatte ich dann noch einen guten
Fang gemacht, der mich sehr gefreut hat. Ich habe ein Kilo Butter bekommen. Die
habe ich gleich verpackt und abgesandt. Ich hoffe wieder, dass Dich das alles
gut erreicht. Die Nummern der Päckchen sind 46 und 47. Die besten Wünsche
begleiten diese Päckchen wieder, das kannst Du mir glauben. Die Butter habe ich
diesmal nicht ausgelassen, denn jetzt kann man sie ja wieder so versenden, ohne
dass man denken muss, dass alles aus dem Papier läuft.
Wie ich aus Deinem ersten Brief entnehme, hast Du schon die
ersten Arbeiten des Aberntens des Gartens hinter Dir. Bald wird auch die
restliche Arbeit getan sein. Ich schrieb in meinem gestrigen Brief schon, was
es doch für ein schönes Gefühl ist, wenn man weiß, für was man diese Arbeit
getan hat. Man sieht bei dieser Arbeit doch den Erfolg, jedenfalls viel eher
wie beispielsweise bei einer solchen Papiertätigkeit, die ich immer Tag für Tag
verrichten muss. Die Vorbereitungen für den Winter sind schon notwendig. Es ist
besser, als wenn man sich von ihm überraschen lässt. Wir hatten gestern auch in
unserem Hause wieder die Dampfheizung etwas laufen. Heute war es aber mit der
Herrlichkeit schon wieder zu Ende. Gestern sah es so aus, als wäre es mit dem
schönen Wetter vorbei. Mittags klärte es sich jedoch wieder auf und seither ist
wieder das schöne Wetter, das man jetzt schon nicht mehr anders gewohnt ist.
Ihr könnt also in das gleiche Lied mit einstimmen, das ich jetzt auch singe.
Mit meinem Schnupfen geht es wohl nun doch dem Ende zu. Er hat sich so richtig
ausgetobt. Helga wird nun ihren Stolz mit ihrer Nachttischlampe haben. Eins
beruhigt mich ja jetzt doch dabei. Obwohl du hast viel laufen müssen und ich
das erste Mal die ganze Geschichte versaut hatte, dass ich jetzt weiß, warum
dies alles sein musste. Ich wusste schon, warum ich das tat und den Krach mit
der Frau Elektrogeschäft herbeigeführt hatte. Merkst Du denn das nicht selbst?
Die erste Lampe hatte doch keinen leuchtenden Knopf.
Aus Deinem zweiten Brief sehe ich, dass Du außer der Wäsche
auch noch die Apfelernte hinter Dir hast. Ich kann mir gut vorstellen, dass
Dich das geschlaucht hat. Eins beruhigt mich aber, dass Du diese Angelegenheit
auch wieder hinter Dir hast. Der Erfolg ist doch wirklich sehr erfreulich. Er
dankt es uns doch immer wieder, der Baum, dass wir ihn doch nicht umgelegt
haben, wenn wir auch schon oft die Absicht hatten. Man müsste nur mehr die
Möglichkeit haben, ihn zu pflegen. Man würde noch mehr Erfolg haben. Ich freue
mich wirklich sehr darüber, dass Du eine Obstrücklage hast. Es ist sehr nett
von dem Manngewesen, dass er dir mitgeholfen hat bei der Ernte. Du weißt, dass
ich das selbst sehr gerne getan hätte, aber ich kann Dir doch nur immer wieder
dasselbe vorklagen, dass es nicht möglich ist. Wenn Du in solchen
Ausnahmefällen einmal nicht zum Schreiben kommst, so ist das doch ohne weiteres entschuldbar.
Wenn Dir mein Brief so richtig zugesagt hat, dann soll es
mir recht sein. Ich kann ja schließlich nicht anders, als Dir im Alltag das
schreiben, was passiert. Die Stimmung ist nicht immer die zum Briefeschreiben.
Aber wenn es einem dann mal so richtig festtäglich zumute ist, dann kann man
auch mal über die üblichen Verhältnisse hinaus schreiben. Immer kann man auch
sein Innerstes nicht nach außen kehren, das würde sich dann mit der Zeit so
abgreifen, dass man gar keine Freude mehr daran hätte. Wenn Du aber einmal nach
einem anderen Wort verlangst, wie so letzthin, dann sucht man sich wieder
einmal zu sammeln und zu besinnen. Manchmal ist man auch dann nicht so ganz
zufrieden, weil man das Gefühl hat, es drückt doch nicht das aus, was man
eigentlich sagen will. Zufriedener wird man aber dann, wenn man weiß, auf der
anderen Seite ist das aufgeklungen, was man schließlich erreichen wollte.
Dass ich nun nicht das Gegenteil von dem schreibe, was ich
denke, das ist ja auch Dir ganz klar zum Bewusstsein gekommen. Andererseits ist
es nun doch so, dass Du Dich in letzter Zeit so zu Deinem Vorteil
herausgeschält hast und so viel noch für Deine äußere Erscheinung getan hast,
sodass durchaus nur noch von einer Veränderung zu Deinen Gunsten gesprochen
werden kann. Ich kann mir das alles ja nur anhand der letzten Bilder
vorstellen. Doch ich glaube, ich würde es nicht verschmähen, Dich wieder einmal
fest in den Arm zu nehmen.
Vater besucht Dich immer noch regelmäßig. Das ist ja nett
von ihm. Du hast zwar auch nicht viel von ihm. Denn über Vieles kannst du doch
mit ihm nicht sprechen. Er selbst hat ja meist seine eigenen Sorgen, die sich
mehr oder weniger immer noch um die gleichen Dinge drehen, von einigen kleinen
Abänderungen abgesehen, wie früher auch. Es freut mich aber, dass er in mancher
Beziehung sich so um Euch sorgt. Ich kann nur feststellen, dass Du so ein
Bindeglied bist zwischen uns Jungens und unserem Vater. Unserem Vater, der Dich
anfangs wohl abgelehnt hat und nun im Laufe der Jahre doch eingesehen hat, wie
er Dich schätzen muss. Du nimmst ihm ja auch manchen Weg ab, der ihm teilweise
nicht möglich wäre und der ihm so eine Hilfe ist, die er auch dankbar zu
schätzen weiß.
Bedauerlich ist, dass sich Deine Annahme, Helgas Geschichte
mit der Brust würde sich nun rückwärts entwickeln, als irrig erwiesen hat.
Hoffentlich bekommt sie keine Komplikationen damit. Lass Dich nur von dem Arzt
beraten, damit nichts versäumt wird.
Wie ich Dir schon mitteilte, werden wir taktisch anders
eingegliedert. Wir beziehen hier andere Räume und andere Wohnungen. Dies wird
übermorgen vonstattengehen. Beim Essen komme ich aus dem jetzigen Kreis heraus.
Ich bin nicht böse drum. Bisher hatte man nur Gelegenheit, etwas Trinkbares ab
und zu zu erhalten. Das wird ja wieder weg fallen. Dann spart man eben wieder
das Geld. Man muss sich jeweils mit den Dingen abfinden, wie sie gelagert sind.
Unsere Feldpostnummer ändert sich auch damit. Ich bekomme meine Post aber
trotzdem laufend weiter, weil man sie bei der jetzigen Einheit immer täglich
abholen lassen kann. Wenn es soweit ist, lasse ich Dich es wissen.
Kurt geht es soweit gut. Er scheint wieder sich in die Dinge
hineingefunden zu haben. Mir macht es jedenfalls so den Eindruck. Sobald ich
ihm geantwortet habe, lasse ich Dir seinen Brief mit zugehen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen