Mittwoch, 11. Oktober 2017

Brief 331 vom 8.10.1942


Mein liebes, gutes Mädel!                                        O.U., den 8.10.1942

Wieder war einmal Posttag, der mich wieder einmal zufriedengestellt hat. Deinen Brief vom 28.9. und Deinen Luftpostbrief vom 2.10. kann ich Dir bestätigen. Für beide danke ich Dir recht herzlich. Erfreuliche Nachrichten erhielt ich auch von Kurt. Die SA hat mir auch geschrieben, wie immer aber sehr nichtssagend.
Vorausschicken möchte ich, dass ich Dir heute zwei Päckchen fertig machen konnte. In einem habe ich heute früh Eier wegschicken können. Diesmal sind es nur 9 Stück. Heute Nachmittag hatte ich dann noch einen guten Fang gemacht, der mich sehr gefreut hat. Ich habe ein Kilo Butter bekommen. Die habe ich gleich verpackt und abgesandt. Ich hoffe wieder, dass Dich das alles gut erreicht. Die Nummern der Päckchen sind 46 und 47. Die besten Wünsche begleiten diese Päckchen wieder, das kannst Du mir glauben. Die Butter habe ich diesmal nicht ausgelassen, denn jetzt kann man sie ja wieder so versenden, ohne dass man denken muss, dass alles aus dem Papier läuft.
Wie ich aus Deinem ersten Brief entnehme, hast Du schon die ersten Arbeiten des Aberntens des Gartens hinter Dir. Bald wird auch die restliche Arbeit getan sein. Ich schrieb in meinem gestrigen Brief schon, was es doch für ein schönes Gefühl ist, wenn man weiß, für was man diese Arbeit getan hat. Man sieht bei dieser Arbeit doch den Erfolg, jedenfalls viel eher wie beispielsweise bei einer solchen Papiertätigkeit, die ich immer Tag für Tag verrichten muss. Die Vorbereitungen für den Winter sind schon notwendig. Es ist besser, als wenn man sich von ihm überraschen lässt. Wir hatten gestern auch in unserem Hause wieder die Dampfheizung etwas laufen. Heute war es aber mit der Herrlichkeit schon wieder zu Ende. Gestern sah es so aus, als wäre es mit dem schönen Wetter vorbei. Mittags klärte es sich jedoch wieder auf und seither ist wieder das schöne Wetter, das man jetzt schon nicht mehr anders gewohnt ist. Ihr könnt also in das gleiche Lied mit einstimmen, das ich jetzt auch singe. Mit meinem Schnupfen geht es wohl nun doch dem Ende zu. Er hat sich so richtig ausgetobt. Helga wird nun ihren Stolz mit ihrer Nachttischlampe haben. Eins beruhigt mich ja jetzt doch dabei. Obwohl du hast viel laufen müssen und ich das erste Mal die ganze Geschichte versaut hatte, dass ich jetzt weiß, warum dies alles sein musste. Ich wusste schon, warum ich das tat und den Krach mit der Frau Elektrogeschäft herbeigeführt hatte. Merkst Du denn das nicht selbst? Die erste Lampe hatte doch keinen leuchtenden Knopf.
Aus Deinem zweiten Brief sehe ich, dass Du außer der Wäsche auch noch die Apfelernte hinter Dir hast. Ich kann mir gut vorstellen, dass Dich das geschlaucht hat. Eins beruhigt mich aber, dass Du diese Angelegenheit auch wieder hinter Dir hast. Der Erfolg ist doch wirklich sehr erfreulich. Er dankt es uns doch immer wieder, der Baum, dass wir ihn doch nicht umgelegt haben, wenn wir auch schon oft die Absicht hatten. Man müsste nur mehr die Möglichkeit haben, ihn zu pflegen. Man würde noch mehr Erfolg haben. Ich freue mich wirklich sehr darüber, dass Du eine Obstrücklage hast. Es ist sehr nett von dem Manngewesen, dass er dir mitgeholfen hat bei der Ernte. Du weißt, dass ich das selbst sehr gerne getan hätte, aber ich kann Dir doch nur immer wieder dasselbe vorklagen, dass es nicht möglich ist. Wenn Du in solchen Ausnahmefällen einmal nicht zum Schreiben kommst,  so ist das doch ohne weiteres entschuldbar.
Wenn Dir mein Brief so richtig zugesagt hat, dann soll es mir recht sein. Ich kann ja schließlich nicht anders, als Dir im Alltag das schreiben, was passiert. Die Stimmung ist nicht immer die zum Briefeschreiben. Aber wenn es einem dann mal so richtig festtäglich zumute ist, dann kann man auch mal über die üblichen Verhältnisse hinaus schreiben. Immer kann man auch sein Innerstes nicht nach außen kehren, das würde sich dann mit der Zeit so abgreifen, dass man gar keine Freude mehr daran hätte. Wenn Du aber einmal nach einem anderen Wort verlangst, wie so letzthin, dann sucht man sich wieder einmal zu sammeln und zu besinnen. Manchmal ist man auch dann nicht so ganz zufrieden, weil man das Gefühl hat, es drückt doch nicht das aus, was man eigentlich sagen will. Zufriedener wird man aber dann, wenn man weiß, auf der anderen Seite ist das aufgeklungen, was man schließlich erreichen wollte.
Dass ich nun nicht das Gegenteil von dem schreibe, was ich denke, das ist ja auch Dir ganz klar zum Bewusstsein gekommen. Andererseits ist es nun doch so, dass Du Dich in letzter Zeit so zu Deinem Vorteil herausgeschält hast und so viel noch für Deine äußere Erscheinung getan hast, sodass durchaus nur noch von einer Veränderung zu Deinen Gunsten gesprochen werden kann. Ich kann mir das alles ja nur anhand der letzten Bilder vorstellen. Doch ich glaube, ich würde es nicht verschmähen, Dich wieder einmal fest in den Arm zu nehmen.
Vater besucht Dich immer noch regelmäßig. Das ist ja nett von ihm. Du hast zwar auch nicht viel von ihm. Denn über Vieles kannst du doch mit ihm nicht sprechen. Er selbst hat ja meist seine eigenen Sorgen, die sich mehr oder weniger immer noch um die gleichen Dinge drehen, von einigen kleinen Abänderungen abgesehen, wie früher auch. Es freut mich aber, dass er in mancher Beziehung sich so um Euch sorgt. Ich kann nur feststellen, dass Du so ein Bindeglied bist zwischen uns Jungens und unserem Vater. Unserem Vater, der Dich anfangs wohl abgelehnt hat und nun im Laufe der Jahre doch eingesehen hat, wie er Dich schätzen muss. Du nimmst ihm ja auch manchen Weg ab, der ihm teilweise nicht möglich wäre und der ihm so eine Hilfe ist, die er auch dankbar zu schätzen weiß.
Bedauerlich ist, dass sich Deine Annahme, Helgas Geschichte mit der Brust würde sich nun rückwärts entwickeln, als irrig erwiesen hat. Hoffentlich bekommt sie keine Komplikationen damit. Lass Dich nur von dem Arzt beraten, damit nichts versäumt wird.
Wie ich Dir schon mitteilte, werden wir taktisch anders eingegliedert. Wir beziehen hier andere Räume und andere Wohnungen. Dies wird übermorgen vonstattengehen. Beim Essen komme ich aus dem jetzigen Kreis heraus. Ich bin nicht böse drum. Bisher hatte man nur Gelegenheit, etwas Trinkbares ab und zu zu erhalten. Das wird ja wieder weg fallen. Dann spart man eben wieder das Geld. Man muss sich jeweils mit den Dingen abfinden, wie sie gelagert sind. Unsere Feldpostnummer ändert sich auch damit. Ich bekomme meine Post aber trotzdem laufend weiter, weil man sie bei der jetzigen Einheit immer täglich abholen lassen kann. Wenn es soweit ist, lasse ich Dich es wissen.
Kurt geht es soweit gut. Er scheint wieder sich in die Dinge hineingefunden zu haben. Mir macht es jedenfalls so den Eindruck. Sobald ich ihm geantwortet habe, lasse ich Dir seinen Brief mit zugehen.
Recht viele Grüße sende ich Dir und den Kindern, Dein Ernst.

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