Sonntag, 27. November 2016

Brief 196 vom 27.11.1941


Meine liebe Annie !                                                                                                 27.11.41  

Gestern erhielt ich nun gleich 3 Briefe von Dir und einen von Siegfried. Da hatte ich schon ordentlich zu lesen, doch ich war durchaus nicht böse darum.  Ich will aber gleich vorweg nehmen, daß ich gestern noch 3 Päckchen ab gesandt habe. Es sind dies die Nummern 27 bis 29. In einem sind die Hausschuhe für die Kinder drin. Ich habe nur Nr. 36 bekommen. Dazwischen habe ich noch eine kleine Flasche Cognac gepackt. In einem weiteren ist der Cognac und im dritten Päckchen habe ich die Apfelsinen für die Kinder gesandt. Hoffentlich kommt alles gut an.
Ein Brief mit Zeitungen und etwas Schreibpapier ist auch unterwegs. Für Dich habe ich noch ein Paar Hausschuhe da, die besser sind wie die schon gesandten. Ich glaube, wenn Du diese dann daheim hast, bist Du für die nächste Zeit mit Hausschuhen versorgt.
Wegen meiner Beurlaubung habe ich noch nichts gehört. Hoffentlich kommt bald Nachricht, damit man weiß woran man ist. Es ist ein unangenehmer Zustand, wenn man so gewissermaßen auf der Schippe sitzt.
Wegen des Radioapparats werde ich sehen, wie ich es mache. Hier kosten sie zwar etwas mehr wie Kurt es angegeben hat, doch für 100 RM kann ich hier auch Allstromapparate bekommen. Ich habe ihn bei einem Kameraden festgestellt, daß dieser Apparat schon am Tage viele Stationen heranholt. Der Klang ist schön voll. Ich habe mir wohl noch andere Apparate angesehen, auch deutsche, die sind aber schon entsprechend teurer.  Für die mit gesandten Briefmarken danke ich Dir wieder. Ich kann sie schon wieder brauchen, denn ich bin so ziemlich am Ende gewesen. Das Verpackungsmaterial werde ich mir aufheben, denn das kann man immer wieder gebrauchen.
Für die mit gesandten Grüße von Vater und Kurt danke ich herzlich. Kurt ist ja nun wieder bei seiner Truppe angekommen. 
Daß Du trotz des Aufhörens der Gartenarbeit immer Arbeit hast, kann ich mir sehr gut denken. Denn die Flickarbeiten nehmen immer viel Zeit in Anspruch, doch man muß eben auf die Sachen Obacht geben, damit sie nicht vor der Zeit zerschlissen sind. Wegen der Zigarren für Deinen Vater brauchst Du Dir keine Gedanken zu machen. Ich habe hier etwa 20 bis 25 Stück wieder liegen, die ich Dir mit zuschicken werde. Dann kannst Du sie ihm ja zusenden.
Wegen Gebäck für Kurt und Siegfried wird es schon etwas schwierig sein. Ich will hier zusehen, daß ich vielleicht einige Pfunde Mehl bekomme. Dies würde ich Dir dann mitschicken, dann kannst Du Dich vielleicht in dieser Beziehung auch etwas regen.
Was Du zwar Erna schenken sollst oder kannst, weiß ich wirklich nicht. Siegfried hat angefragt, ob ich ihm für Erna vielleicht eine Bluse und ein Paar Strümpfe besorgen kann.
Für die Bilder von den Kindern danke ich vielmals. Sie haben sich ja wieder ziemlich angestrengt. Das Spielzeug für Jörg werde ich in diesen Tagen auf den Weg bringen. Ein Kamerad, der in Urlaub fährt, nimmt es mit und schickt es dann von daheim ab.
Was macht denn unsere liebe Helga. Sie muß sich sehr vorsehen. Sie ist in letzter Zeit sehr anfällig. Aber es wird auch sicher wechselhaftes Wetter mit dazu beigetragen, daß sie schon wieder sich hinlegen muß. Ich habe immer noch nicht die Ruhe, um einen Brief richtig zu schreiben, drum scheint es mir wieder, wie wenn ich ihn zusammengestückelt habe. Nimm ihn deshalb so hin, wie er gemeint ist. Nimm aber für heute recht herzlich Grüße und viele Küsse entgegen. Der Helga wünscht gute Besserung und gute Gesundheit Dein Ernst

Dienstag, 22. November 2016

Brief 195 vom 22./24./25./26.11.1941


Meine liebste Frau !                                                  22.11.41     

Ich komme heute nicht dazu, Dir einen großen Brief zu schreiben.  Post habe ich bekommen. Dagegen hab ich aber gestern Abend eifrig Päckchen gemacht. 6 Stück habe ich heute ab gesandt. Die Scheuerlappen für Vater, Cognac für mich, Zahnpasta für Euch in einem anderen Päckchen und so verschieden Kleinigkeiten. Käse habe ich auch noch mitgeschickt Du wirst schon sehen, was dann alles ankommt. Hoffentlich kannst Du alles richtig verwerten und hoffentlich kommt alles auch richtig an.  Ich will heute noch nach Lille fahren, und muß nun plötzlich aber meinen Plan umwerfen. Ich wollte erst am Nachmittag fahren, muß aber schon jetzt den Zug benutzten. Es eilt deshalb heute und ich bitte Dich, mit dem kurzen Gruß Vorlieb zunehmen.  Ich grüße und küsse Dich recht herzlich. Ebenso die Kinder. Bleibt gesund alle zusammen Dein Ernst.

Mein liebes Mädel !                                                      24.11.41

Ich habe heute früh bei meiner Rückkunft von Lille allerlei Post vorgefunden. 3 Briefe von Dir und ein Brief von Dora. Als wichtigsten, abgesehen von Deinen, bekomme ich aber einen Brief vom Oberbürgermeister. Ich soll sofort zum Kurs nach Karlsruhe fahren. Der Kurs dauert 3 Monate bis 26. Februar 42. Es ist der Kurs für die Inspektorprüfung. Ich reiche jetzt mein Urlaubsgesuch sofort ein, damit ich bald fortkomme.  Es hat also gar nicht viel Zweck, wenn ich Dir lange schreibe, denn ich komme ja innerhalb kurzer Zeit nach hause. Das Gesuch habe ich vorhin geschrieben und der Kommandant ist damit einverstanden. Durchschlag von diesem Schreiben lege ich Dir bei.  Ich grüße Dich und die Kinder recht herzlich und sende Dir noch viele Küsse bis zum Wiedersehen Dein Ernst.

Mein liebes Mädel !                                                       25.11.41

Normalerweise mußt Du ja meinen gestrigen Brief schon bekommen haben. Da bist Du doch sicher auch erstaunt gewesen über die Neuigkeit, die ich Dir gestern mitgeteilt hatte. Es ist mir auch sehr plötzlich gekommen, aber wenn ich die Möglichkeit habe, für meine Weiterbildung und für mein späteres Fortkommen tätig zu sein, so will ich das gern tun. Wenn ich es weiter hinausschiebe, hat das keinen Zweck, denn einmal muß ich es doch machen, wenn ich noch etwas erreichen will und zudem wird man ja schließlich älter und damit fällt einem das schwerer.  Der Kriegsverwaltungsrat hat gestern noch mit der Oberfeldkommandantur telefoniert. Man hat mich, wie er mir sagte, erst nicht weggehen lassen wollen. Er hat für mich nun einen Ersatz angefordert. Ich muß nun warten, bis ich Bescheid bekomme. Ich will dann versuchen, erst direkt zu Euch zu kommen. Ich hoffe nun, daß mir hier alles klappt, damit ich bald einrücken kann. Sobald ich also Bescheid bekomme, gebe ich Dir alsbald Mitteilung. Ich will zusehen, daß ich hier noch alles abwickeln kann. Für Jörg habe ich das Spielzeug bekommen. Ich werde es wahrscheinlich gleich mitbringen. Ich sende Dir heute viele herzliche Grüße und viele Küsse, ebenso den Kindern bis zum Wiedersehen. Dein Ernst

Meine liebe Frau!                                                             26.11.41

Gestern und vorgestern habe ich von Dir keine Post erhalten.  Wahrscheinlich werde ich heute etwas bekommen. Durchschläge lege ich Dir bei von den beiden Briefen, die ich gestern geschrieben habe. Ich will vermeiden, daß mir noch hierher geschrieben wird, wenn ich nicht mehr hier bin.  Von Dora fand ich am Montag einen Brief vor. Sie schreibt, daß sie keinen Wert auf Mantelstoff legt und daß sie nur  Interesse  für eine Jacke gehabt habe, wie Du eine hast.  Ich werde ihr keine Angebote mehr machen und im Übrigen kurz treten.  Gestern Abend war ich im Kino wie auch vorgestern Abend.  Am ersten Abend wurde ein Film über „Fallstaff  in Wien“ gespielt. Ein Film, den wir meiner Erachtens zusammen gesehen haben. Gestern wurde einer über Liebesbriefe aus  irgendeinem Ort gespielt. Alle beiden Filme waren ganz nett und unterhaltsam.  Ich habe keine große Stimmung zum Briefeschreiben, weil man nicht weiß, wann und wie man hier wegkommt.
Das geht erst eine ganze Weile bis es genehmigt wird und dann muß alles im Galopp erledigt sein.  Ich hoffe, daß ich Euch alle gesund antreffe und sende bis dahin viele herzliche Grüße und Küsse Dir und den Kindern Dein Ernst

Montag, 21. November 2016

Brief 194 vom 20.11.1941


Meine liebe Annie !                                                    20.11.41   

Heute, wo ich wieder meinen Nachtdienst habe, will ich Dir gleich auf Deinen Brief vom 17.11. danken, der heute einging. Ich freue mich, daß Du die Pakete 15 bis 18 alle richtig erhalten hast. Es ist einem immer wieder eine Erleichterung, wenn man weiß, daß alles richtig angekommen ist. Freude macht es einem dann aber erst noch, wenn man dann liest, daß auch alles paßt. Nach Deinem Schreiben ist das ja nun der Fall.
Die blauen Schuhe sind auch die größere Nummer, doch die schwarzen sind Nummer 40.  Ich denke aber, daß sie sich noch weiten werden, wenn Du sie einige Male trägst. Wechseln kannst Du sie nun genügend. Auch mit den Hausschuhen bist Du nicht nur auf das eine Paar angewiesen.  Der Schuhonkel ist nur noch nicht wieder hier gewesen, sonst hätte ich schon versucht, für die Kinder noch etwas Passendes zu bekommen, vor allem in Hausschuhen. Er ist aber erst nach Paris gefahren und vorhin habe ich gehört, daß er gestern zurückgekommen sein muß. Nun muß ich wieder sehen, daß ich ihn zu Gesicht bekomme und ihm wieder das abjagen, was ich brauche. Vergessen ist das nicht, darauf kannst Du Dich verlassen. genauso wenig wie ich die Scheuertücher für Vater vergessen habe und auch das „Solitär“ zum Putzen Deiner Lackledertasche, so wenig vergesse ich die Taschenlampenbatterien. Das Lederputzzeug habe ich gestern auch bekommen und sende es Dir wahrscheinlich übermorgen mit zu.  Übermorgen werde ich sicher wieder einige Päckchen fertig haben, die ich dann wegschicke.
Ich schrieb Dir ja schon in einem der letzten Briefe, daß ich Cognac eingepackt hatte, den Du mir dann bitte mit aufhebst. Wenn Du zwar einmal probieren wolltest, so steht dem durchaus nichts im Weg. Es ist einer der wenigen Cognacs, die nicht scharf im Geschmack sind, darum will ich ihn auch so bald als möglich los sein, denn die Kameraden haben mich schon wiederholt darum gefragt, ob ich nicht welchen davon noch abgeben würde. Ich habe aber gesagt, daß ich ihn bereits heimgeschickt habe, das muß ich doch nun auch einmal wahrmachen.
Wegen des Stoffes für Jörg und dessen Verwertung habe ich Dir auch bereits geschrieben, so daß ich da nur die Antwort abwarten brauche. Ich denke aber, daß man noch das Innenmaß, im Schritt, haben muß, damit man sich ein Bild von den weiteren Abmessungen machen kann. Ich habe zwar noch nicht mit dem Schneider gesprochen.  Was nun die Stiefel für Dich anbelangt, so geht das nicht, daß Du sie abmißt, denn die Schuhmacher haben ein besonderes Maß.  Doch warte noch einige Tage, bis ich Dir wieder deshalb schreibe.  Für mich bekomme ich allemal noch ein Paar Schuhe, wenn ich welche brauche, wozu ich dann keinen Bezugschein brauche.
Was die Bestätigung des Empfangs der Päckchen anbelangt, so sind wir uns ja einig.
Was das Eiserne Sparen anbelangt, so machen wir es so, wie Du vorgeschlagen hast. Über das Schreiben Deines Vaters denke ich schon lange nicht mehr so schlimm. Ich bin in dieser Beziehung nicht unversöhnlich. Ich finde, daß er es in seinem Schreiben vom 14., das Du mir zur Einsichtnahme mit übermittelt hast, eingesehen hat, daß ihm manches nicht so einerlei ist, verstehe ich wohl und es stimmt, wenn Du schreibst, daß die vermittelnde Hand Deiner lieben Mutter fehlt. Einesteils muß ich Deinem Vater auch recht geben, wenn er schreibt, daß man wissen müßte, was die Erna mitbringt. Wenn es Siegfried aber nicht haben will und er keinen Wert darauf legt, so muß ihm das schon gleich sein. Wir haben uns ja auch mit vielem selbst durchgekämpft. Denn wenn Du nicht noch bei Deiner Mutter etwas Erspartes gehabt hättest, Dein Vater hätte sich doch seinerzeit nicht groß um alles gekümmert. 
Ich bin ja auch nicht an ihn herangetreten und habe ihn gefragt! “Sag mal, was gibst Du eigentlich Annie mit?“ Wir sind auch so durchgekommen und sind sehr zufrieden dabei gewesen. Im Gegenteil, wir sind stolz darauf, daß wir uns allein durchgebissen haben. Doch die beiden Kampfhähne müssen zusehen, wie sie sich auseinander finden. Wenn es Not am Mann ist, muß man dann bei beiden einmal eingreifen. Doch ich hoffe, daß es nicht notwendig werden wird.  Mit den Tabletten habe ich ganz gute Erfahrungen gemacht und ich verwende sie immer wieder. Wie ich Dir schon einmal mitteilte, nehme ich sie vor allem bei ungünstigem Wetter, oder wenn ich hier viel reden muß. Ich teile sie mir aber ein und habe bis jetzt noch nicht eine Schachtel verbraucht. Zuviel nehmen hat ja auch keinen Wert. 
Gestern hat mich der Kriegsverwaltungsrat eingeladen, mit nach Lille zum Konzert zu fahren. Ich hatte dann auch gleich angenommen, obwohl mir zum Essen und etwas umziehen so gut wie keine Zeit verblieb. Als ich dann zum Auto kam, war es bereits durch einen anderen Offizier besetzt. Er bat mich dann um Entschuldigung und fragte mich, ob ich etwa zurücktreten würde. Das habe ich dann auch selbstverständlich getan, denn so notwendig ist mir das dann auch wieder nicht, vor allem, weil mir von einem nahrhaften Abend etwas verlorengegangen wäre. Wir hatten doch gestern unser Entenessen. Er versprach mir gleich eine Flasche Sekt, die ich mir zwar noch holen muß. Auf diese Weise ist mir aber doch der Entenbraten nicht verlorengegangen.  das war doch wirklich etwas Feines.
Der Kriegsverwaltungsrat ist ja nun endgültig aus unserem Haus ausgezogen. Hoffentlich behalten wir nun unsere Ruhe. Ich muß hier bei uns im Dienst immer wieder die Feststellung machen, daß mir der Kriegsverwaltungsrat immer wieder Arbeiten übergibt, die er dem Inspektor nicht gern übergibt und die so aus dem Rahmen des normalen Verkehrs herausfallen. Wenn er diesem Mann eine besondere Arbeit übergibt, so kommt es meist soweit, daß er ihm den Brief mit handschriftlichen Vermerken versieht, so daß er dann wieder abgeändert werden muß.  Ich bin bei diesen Sachen ja immer nur Zuschauer und sage nichts dazu. 

Heute war der Herr Salzmann, der doch jetzt in Metz ist, besuchsweise hier und er hat gleich die Gelegenheit benutzt, mich nochmals auf einen Sprung zu besuchen. Das ist doch ganz nett. Er hat es nur bedauert, daß er nicht länger hierbleibt, damit man wieder einmal zusammen vorgehen kann. Er hat mich gleichzeitig gebeten, ob ich ihm vielleicht einige kleine Besorgungen machen kann. Ich will zusehen, ob sich das einrichten läßt. 
Ich habe dir ja heute wieder reichlich geschrieben. Jedenfalls über das normale tägliche Quantum hinaus. Ich weiß ja, daß Du das ganz gern entgegennimmst. Darum habe ich auch noch nicht gleich nach der ersten Seite aufgehört. Ich grüße Dich und die Kinder herzlich. Sende Dir außerdem noch viele Küsse Dein Ernst.

Samstag, 19. November 2016

Brief 193 vom 19.11.1941



Meine liebe Annie !                                                          19.11.41   

Bei unseren Soldaten wird jetzt schon wieder die Frage wegen des nächsten Urlaubs akut. Doch da besteht ja insoweit zwischen diesen und uns Beamten ein Unterschied, da das Urlaubsjahr nicht von Oktober zu Oktober, sondern von April zu April läuft. Weiter ist es ja dann so, daß wir hier unabhängig von den Soldaten sind, soweit sie nicht bei unserer Dienststelle tätig sind. Ich will Dir zwar keinen Floh ins Ohr setzen, aber man muß hier doch die Lage peile und zusehen, daß man nicht zu kurz und zur rechten Zeit drankommt. Verschiedene Soldaten werden jetzt schon für die neue Urlaubsperiode abgeschickt, solange ich aber nichts bestimmtes weiß, mache ich auch noch keine bestimmten Angaben, doch Du kannst Dich darauf verlassen, daß ich mein möglichstes tue, um zu meinem Recht zu kommen. 
Heute Abend gibt es wieder einmal zur Abwechslung etwas Besonderes zu essen. Das hat es noch nicht gegeben. Entenbraten soll auch nicht schlecht sein. Mit dem, was einem sonst normalerweise zur Verfügung steht, kann man ja nicht bestehen. Ohne daß man etwas dazukauft, geht es nicht. Aber solange das noch möglich ist, geht es ja. Es ist zwar einseitig, doch wenn man noch Eier und Butter bekommt, läßt es sich schon noch aushalten, vor allem wenn man die Wurst dazu nimmt, ist es noch in Ordnung. Bei der Wurst gibt es ja auch nur zwei Sorten höchstens drei.  Sofern ich Urlaub bekäme, will ich über Samstag/Sonntag nach Lille hinüberfahren. Ich telefonierte gestern mit Graser und er fragte mich wieder, wann ich ihn wieder besuchen würde. Heute hat mich auch der Salzmann aus Metz angerufen, ob ich in seiner Reifenangelegenheit etwas wüßte, doch ich konnte ihm leider keinen Bescheid geben. Ich würde mich dann deshalb für ihn auch in Lille umsehen. Ich soll auch dafür sorgen, daß er noch ein Auto bekommt. Ich will einmal sehen, was ich für ihn tun kann. 
Doch nun vielen Dank für Deinen Brief vom 13., aus dem ich sehr viel zu beantworten habe.
Erst einmal die Stoffangelegenheit. Den Stoff habe ich noch nicht abbestellt, denn ich konnte ihn ja noch nicht abbestellen, bevor ich nicht wußte, daß Du ihn gesehen hast. Wie ich nun sehe, scheint er Dir sehr gut zu gefallen. Ich warte aber nun noch Deine Meinung ab über den anderen Stoff. Ich kann Dir auch noch mitteilen, denn das hatte ich vergessen, daß ich das für Dora nicht umsonst mache. Denn ich weiß, daß sie es machen kann und ich habe hier die Mühe und die Schwierigkeiten damit. Ausgegeben habe ich auch einiges, so daß ich das mit einrechnen muß. Auch dann wird bei dem angegebenen Preis der Mantel noch sehr billig für sie. Denn bei beiden Mustern handelt es sich noch um Wollstoffe, doch wenn sie nicht will, ich werde ihn hier gleich los sein. Mir kostet das zweite Muster genauso viel wie das erste.
Wegen des Stoffes für Jörgs Hosen warte ich ebenfalls noch Deine Stellungnahme darüber ab, ob wir soviel Stoff kaufen, um ihm einen Anzug draus machen lassen.  Einen Stoff für ein Winterkleid für Helga kann ich hier schon noch erhalten. Ich weiß nur nicht, was man da am besten nimmt.  Ich habe hier schöne Schottenkaros gesehen. Dazu wurde dann ein entsprechender einfarbiger Stoff gezeigt. Ob Du nun für sowas Interesse hast, weiß ich nicht. Oder willst Du etwas Einfarbiges haben, und dann welchen Farbton. Ich muß dann zusehen, das zu bekommen oder etwas ähnliches. Du kannst natürlich auch dort etwas besorgen, wenn Du meinst es sei praktischer, aber wie gesagt, ich besorge die Sachen gern. Schreibe mir über alles Deine Meinung, denn mir laufen die Sachen nicht weg.
Im Übrigen habe ich ja hier auch noch Anspruch auf Punkte. Wegen des Spielzeugs für Jörg habe ich nochmals in dem Geschäft nachgefragt, mußte aber leider feststellen, daß sie es nicht mehr da hatten.  Sie sagten mir zwar, daß sie es vielleicht nochmals hereinbekommen. Ich werde nochmals in einem anderen Geschäft nachsehen. Darüber gebe ich Dir dann bald Bescheid. Das macht mir wirklich Freude, daß Jörg sich so schön anläßt in der Schule. Er nimmt es noch sehr ernst mit allem, doch das schadet ja nichts. Denn was er jetzt lernt und das gründlich, das hat er gelernt. Es ist ja nur zu seinem Vorteil. Für ihn bedeutet das ja auch keine Überanstrengung, denn er ist gesund, so daß er das schon aushalten kann.
Im Übrigen haben die Kinder ja nicht so viel Schule, daß ihm nicht genug Entspannung verblieb. Ich denke, daß sich Helga auch weiterhin Mühe gibt. Denn sie ist ja auch nicht auf den Kopf gefallen, wie das immer wieder ihre Zeugnisse bewiesen haben. Über Deine plötzlichen Käufe für die Kinder habe ich mich schon etwas gewundert, vor allem, weil wir erst anderes besprochen hatten.
Es ist mir auch recht, wenn Du Dich etwas schonst und Dich nicht überanstrengst, Ich bin Dir deshalb durchaus nicht böse und habe auch voll und ganz Verständnis für Deine Einsicht. Vor allem, wo sich in Bezug auf das Geld nicht mehr die Schwierigkeiten zeigen, die wir früher gehabt haben. 
Was nun die Geldsendung anbelangt, so gehen wir auch in dieser Beziehung einig. Du schickst mir am Anfang des kommenden Monats wieder mein volles Kontingent. Das Sparen hat ja jetzt keinen Zweck, solange wir noch diese Ausgaben haben. Trotz Deinen verschiedenen Schreiben bin ich nicht durcheinandergekommen. Ich habe auch immer gesehen, was Du eigentlich willst. 
Damit habe ich jetzt alles soweit beantwortet. Ich denke, daß jetzt alles klar ist. Wenn du noch irgendetwas wissen mußt, so schreibe mit.
Für diesmal wieder an Euch alle viele und herzliche Grüße und Küsse von Deinem Ernst.


Mein liebes Mädel !                                                                                                19.11.41

Vorhin habe ich erst einen Brief für Dich mit zur Post gegeben und nun sitze ich schon wieder dabei, um Dir gleich auf Deine beiden Briefe zu antworten, die ich vorhin erhielt.
Ich bin heute über Mittag auf der Dienststelle geblieben, doch das hat seinen besonderen Grund. Ein Kamerad hat mich gebeten, ihm beim Einkauf eines Radioapparats behilflich zu sein. Du siehst also, ich muß hier bei manchen schon einen Dolmetscher markieren. Bei der Gelegenheit werde ich mich auch um einen Apparat für mich umsehen. Nun ist heute zufällig schon mittags die Post gekommen, so daß ich mich gleich zur Beantwortung hinsetze, bevor wir hier weggehen. Die Sache mit dem Geld ist ja nicht so schlimm. Ich wußte es selbst nicht mehr genau, ob ich noch welches dort gelassen hatte. Ich hatte ja auch nicht verlangt, daß ich den Löwenanteil aus der Zusatzrechnung bekomme. Nachdem Du nun 60,-RM von diesem Geld für mich zurückgelegt hast, ist es auch recht. 
Für die Kinder hast Du schon wieder aus den alten Pullovern von Deiner Mutter etwas Brauchbares gemacht. Das ist ja auch etwas wert und hilft zum Ausgleichen. So brauchen sie doch nicht gerade ihr bestes Zeug anzuziehen.
Für die Grüße von Dora danke ich Dir. Ich habe ihr ja inzwischen auch geschrieben. Den Durchschlag sandte ich Dir ja von diesem Schreiben mit.
Du hast Dich also auch zu den Reihenuntersuchungen gemeldet. Schaden kann das ja nichts und man kann in diesen Sachen nicht vorsichtig genug sein.
Kurt macht sich also doch Gedanken wegen des Mädels. Aber das ist ja bestimmt nicht das gegebene für ihn, wenn sie katholisch ist und womöglich noch darauf besteht. Nein, da ist es schon besser, er läßt die Hand davon. Das ist ja für Dich ganz günstig, wenn Du von dem Brot aus Blankenloch auch etwas profitiert hast. 
Was nun meinen Weihnachtswunsch anbelangt, so muß ich Dir trotz Verbot für das erste sagen, daß ich es tatsächlich nicht weiß. Soviel und so fest kann ich meine Gedanken nicht auf einmal anstrengen, um es Dir heute schon zu schreiben.
Wegen des allgemeinen Urlaubs habe ich Dir ja heute Morgen geschrieben. Wie das nun bei uns so werden wird, weiß ich ja nicht.
Wegen des Pullovers für Vater wird es wohl jetzt schwer sein, diesen hier zu bekommen. Ich muß mich jedenfalls deshalb einmal deswegen umsehen. Vorhin kam ein Kamerad und hat mir gesagt, daß er für mich Scheuertücher beschafft hat. Sie kosten alle zusammen 4,-RM.  Gesehen habe ich sie noch nicht, weil sie schon bei mir in der Wohnung sind. Ich werde sie Vater mit einpacken und an Dich absenden. Du kannst dann sehen, wie Du sie ihm gibst. Ich weiß ja nicht, ob Du auch welche davon brauchst.
Gestern Abend habe ich mir übrigens 4 kleine Flaschen Cognac eingepackt und werde sie Dir dann mit zusenden. Heb die doch bitte mit auf. Es werden noch einige folgen. Vielleicht schicke ich Siegfried einmal eine zu, oder was meinst Du? 
Von uns ist hier wieder einmal ein großer Sabotagefall zu melden. Gestern sind hier 14 Feldscheuern angebrannt worden. Die Bauern haben eine Stinkwut im Leib. Auch die Bevölkerung nimmt dagegen ziemlich Stellung ein. Aber solange man nicht hinter die Bande kommt, werden sich wohl immer wieder solche Fälle ereignen. 
Ich grüße und Küsse Dich recht herzlich für heute Dein Ernst.

Montag, 14. November 2016

Brief 192 vom 15./17./18.11.1941


Meine liebe Frau !                                                           15.11.41    

Vielen herzlichen Dank für Deine beiden Briefe vom10. und 11.11.  Ich habe mich auch sehr über Deinen Brief an Deinen Vater gefreut, in dem Du in einer schönen Art und Weise für mich eingetreten bist. Ich habe Dir ja gestern schon meine Meinung über die Angelegenheit geschrieben. Ich habe mir dann den Brief gestern Abend noch einmal durchgelesen, den Dein Vater geschrieben hat.
Ich habe versucht, ihn nicht ganz so schroff aufzufassen, wie als ich ihn zum ersten Mal gelesen hatte. Teilweise ist es mir auch gelungen. Ich lasse die ganze Angelegenheit bei meiner Antwort aus dem Spiel und gehe einfach über die ganze Sache weg. Ich glaube, daß ich dabei am besten fahre. 
Die Stiefel habe ich ja inzwischen bestellt und für Dich hatte ich die Absicht auch welche zu bestellen, wenn Du dafür Interesse hast.
Als ich letzthin das Luftgewehr untersuchte, mußte ich feststellen, daß es ein Kleinkalibergewehr war. Aber für später wäre das schon etwas für unseren Jungen, doch das hat wohl noch etwas Zeit.
Für die mit gesandten Briefmarken danke ich Dir vielmals.
Wegen des Mantels habe ich Dir ja schon geschrieben. Ich glaube, daß ich Dir doch einen kaufen bzw. anfertigen lasse. Gestern habe ich, um der Dora auch einen Gefallen zu tun, mich um einen anderen Mantelstoff bemüht. Ich werde ihr, wenn ich heute doch dazu komme, einen Brief schreiben, spätestens morgen. Wenn sie ihn haben will, muß sie mir dann sofort schreiben. Das Muster schicke ich ihr mit und Dir auch ein kleines Stückchen. 
Für die Briefmarken danke ich Dir vielmals. Ich mußte inzwischen schon welche von Kameraden besorgen, weil ich einige Päckchen hatte. Die habe ich aber teilweise wieder zurückgegeben.
Da bist Du aber fleißig, wenn Du nun schon Deine Jacke fertig hast. Ich möchte sie gern einmal sehen. Ich denke, daß ich auch wieder einmal Urlaub bekomme, und dann wirst Du sie ja vorführen.
Siegfrieds Brief habe in inzwischen auch erhalten, von dem ich Dir ja auch berichtete. Wegen seiner Äußerung, daß Erna vielleicht nächstes Jahr mit Deinem Vater zu Dir in Urlaub kommt, ist ja ganz interessant. Mir gegenüber hat er ja nichts erwähnt, daß er so sehr auf etwas Kleines hofft. Wünschen wir beiden recht viel Glück dazu. 
Wegen der Schreiberei von Helga habe ich mir gedacht, daß es vielleicht gut wäre, wenn sie auf der Tafel jeden Tag etwas üben würde. Denn sie hat ja gleich im Buch anfangen müssen, wo ihr das Verhältnis über die Größen der Buchstaben zueinander nicht so ganz klar ist. Wenn sie alles so in die Linien schreiben muß und sie nimmt sich jeden Tag eine halbe Stunde vor, denke ich, daß es schon besser werden wird. Als ich ihren letzten Brief las, habe ich gefunden, daß es schon besser geht. Mir hat ihre Schrift nach der Umstellung auch nicht gerade gefallen, doch ich glaube bestimmt, daß sie bald richtig reinkommen wird. 
Für unseren Jungen hast Du nun auch noch 2 Hosen gekauft. Ich denke, daß es dann genug sein wird, wenn er von mir noch den Stoff für 2 weitere Hosen bekommt. Ich nehme an, daß es ihm keine großen Schwierigkeiten bereiten wird, wenn er sie alle kaputtmachen muß. Oder denkst Du etwa?  
Die Geldsendung ist ja nun auch bald eingetroffen. Für die Übersendung weiterer 25,-RM danke ich Dir vielmals, wenn es eingetroffen sein wird, werde ich sie Dir noch bestätigen. Recht herzliche Grüße und viele Küsse sendet Dir und den Kindern Dein Ernst

Meine liebe Annie !                                                                                                                 17.11.41

Nun habe ich wieder einen großen Teil meiner Post erledigt; die Maschine wieder beiseite gestellt und bin deshalb wieder zur Handschrift übergegangen. Aber durch die lange Übung kannst Du ja das eine wie das andere lesen. Ich habe gerade ein wenig Zeit und fange schon heute Nachmittag meinen Brief für morgen an.
Heute Abend gehe ich wahrscheinlich ins Kino. Es soll „Friedemann Bach“ gespielt werden. Kurt kennt ihn ja schon, denn in einem seiner Briefe hat er mir das ja mitgeteilt. Hoffentlich fehlen nicht wieder etliche Kilometer.  Durch das wechselhafte Wetter ist unser schöner Baum nun doch entlaubt. Er hat lange durchgehalten.  Er hat uns allen den Sommer über viel Freude gemacht. Man sollte es kaum glauben, selbst Männer, die für Natur keinen Sinn haben, sagten, daß er durch seine Stattlichkeit imponiert. 
Vom Essen könnte ich Dir auch wieder einmal etwas erzählen. Wir hatten hier doch eine Köchin, die aus dem zur Verfügung stehenden Sachen nicht viel machen konnte. Da diese krank wurde, ist eine andere eingestellt worden. Dies hat sich zu unserem Vorteil ausgewirkt.  Die kann das Essen viel besser zubereiten, als die vorhergehende.  Jetzt ist es wenigstens so einigermaßen genießbar. Früher hat es beispielsweise Erbsen, das ist doch ein richtiges Soldatenessen, gegeben. Da war das Wasser, die Erbsen, die Kartoffeln und das Fleisch alles extra. Wenn es jetzt das Essen gibt, so ist es bald so gekocht, wie man es bei uns gewohnt ist. Denk einmal an, jetzt esse ich sogar Kälberzähne. Du weißt ja, daß das auf gut deutsch Graupen sind. 

18.11.

Vorerst erhielt ich Deinen Brief vom 14.11., wogegen der Brief vom 13.11. noch aussteht. Ich muß zwar die Briefe so beantworten wie sie eingehen. Was Du mir im Brief vom 13. mitteilst bezüglich der Kauferei. werde ich Dir dann nach dessen Eingang beantworten.  Ein Lönsbuch hatte ich Dir weder vor meinem noch nach meinem Urlaub geschickt. Mir war es ja auch so, ich wollte aber von Dir nur nochmals die Bestätigung haben. Die Feststellung, daß Du für die nächsten Jahre hast, was Du brauchst, ist ja sehr erfreulich; es ist dies auch eine große Beruhigung, wenn man sich sagen kann, Ihr braucht wenigstens nicht Not zu leiden.
Den Wunsch vom jungen Brautpaar soll Dir also Erna mitteilen.
Hast Du Interesse für ein Fernglas, weil Kurt sich eins gekauft hat.
Wegen eines Radioapparats habe ich mich hier ja auch schon umgesehen. Ich könnte hier auch deutsche Apparate wie „Blaupunkt“, „Nora“ und ich glaube sogar „Telefunken“ kaufen. Die sind zwar dann auch entsprechend teurer wie die Philips-Apparate.
Daß die Familie Frick so für Kurt sorgt, ist ja wirklich nett. Dann war er ja auch direkt verpflichtet, diese Leute bei seinem Urlaub zu besuchen.
Das Zusammensein zwischen Vater und Kurt kann ich mir gut vorstellen. Daß er nicht viel erzählt  und daß man dann noch das meiste aus ihm herausquetschen muß, zeigt, daß er sich nicht geändert hat. Na, mit dem vorhandenen Cognak werden wir schon allein fertig, wenn er keinen haben will. Das ist doch nicht gerade eine Leistung, wenn man über eine halbe Flasche austrinkt. Jeder nimmt eben, so viel, wie er vertragen kann. 
Gestern Abend war ich im Film. Er hat mir außerordentlich gut gefallen. Die Musik war ja ganz großartig. Leider fehlten wieder einige Stücke, aber es wirkte nicht so störend, daß man nicht mehr mitkommen konnte. Heute ist ja wieder Kino, aber diesen Film kenne ich schon, so daß ich auf diesen Besuch verzichte.  Viele recht herzliche Grüße und Küsse sende ich Dir und den Kindern. Ich hoffe, daß Ihr alle gesund seid. Grüße bitte Vater und Kurt auch von mir. Du selbst nimm aber besonders herzliche Grüße und Küsse entgegen von Deinem Ernst. 

Freitag, 11. November 2016

Brief 191 vom 11./12./13.11.1941


Mein liebes Mädel !                                                   11.11.41       

Bis jetzt hast Du also wieder alles erhalten, wie Du mir in Deinem Brief vom 7.11. bestätigst. Wenn nur wieder alles richtig angekommen ist, dann ist man schon froh. Die Filzschuhe passen also auch. Wenn sie noch dazu warm sind, dann ist ja alles richtig. Ich werde nun wieder einige Päckchen fertig machen müssen, damit ich die Sachen hier wieder los werde. Wegen Benzinersparnis fährt unser Postwagen nur einen Tag um den anderen. An diesen Tagen werden dann nur noch die Päckchen mitgenommen. An den anderen Tagen fährt unser Kurier mit dem Zug. Nun muß man das immer so einrichten, daß die Päckchen am richtigen Tag mitgenommen werden. 
Da hast Du nicht ganz unrecht, wenn Du schreibst, wir sind von den Leuten direkt gemästet worden. Daß das nun einige Tage vorgehalten haben soll, stimmt dagegen leider nicht.  Im Gegenteil, der Magen hat sich durch die ungewohnte Ausweitung am folgenden Tag ziemlich leer gefühlt, als er sich wieder auf die normale Kost einstellen sollte. 
Deine Mitteilung des Ernst Hagenauers ist ja interessant. Das ist schon ein Geschäft für ihn, denn ich weiß, daß das nicht sein Freund war. Er hält jetzt nun den Zeitpunkt für gekommen und wird selbstverständlich nicht für ihn sprechen. Daß der Hagenauer länger Parteigenosse ist, das ist für mich eine klare Sache. Daß den Meier verschiedene geschoben haben, weil er es verstanden hat, sich zur rechten Zeit vorzudrängen, weiß ich ja auch von den verschiedensten Seiten.  Aber ich stehe hier am Rand der Sache und kann in aller Ruhe zusehen, wie sich das alles abspielt. Wenn es ihm das Genick brechen sollte, werden sich jedenfalls mehr Leute darüber freuen als traurig sein. 
Bei der Flaschensammlung hast Du ja einen ziemlichen Beitrag geleistet Von wem weiß denn Nannie, daß Deine Mutter gestorben sei. Ich warte ja auch immer auf Antwort von ihr, denn sie hat ja meinen Brief, den ich zuletzt geschrieben hatte, noch nicht beantwortet. Ich werde ihr aber in den nächsten Tagen wieder schreiben.  Von Siegfried bekam ich auch einen Brief, den ich Dir mit zugehen lassen, wenn ich ihn beantwortet habe. Das ist ja die erste Mitteilung, die ich über die Hochzeit erhalten habe. Von Deinem Vater habe ich ja noch keine Nachricht erhalten. Er,  Siegfried  schreibt mir, daß er sich über meine Briefe gefreut habe. Weiterhin bedankt er sich für die Glückwünsche und er will meine Ermahnung beherzigen. Er gibt dann der Hoffnung Ausdruck, daß wir uns in Zukunft öfter schreiben werden.  Was sie sich eigentlich zum Hochzeitstag wünschen, hat er ganz offen gelassen.  Zu berichten hätte ich heute weiter nichts.
Doch es fällt mir gerade ein. Habe ich einmal ein Lösbuch nach hause geschickt. Es müßte heißen „Im flammenden Morgenrot“. Ich hatte es einem Kameraden geliehen und er meinte, ich hätte es zurückbekommen. Sieh doch bitte einmal nach. Nun schließe ich  für heute. Ich grüße und küsse Euch alle meine Lieben, besonders Dich, mein liebes Mädel, Dein Ernst

Meine liebe Annie !                                                     12.11.41

Dein Geld ist heute angekommen. Ich werde es nutzbringend anwenden. Du willst mir doch 40,-RM übersenden. Soviel ist ja auch angekommen. Ich habe aber noch eine Frage. Hatte ich nicht noch einige Mark dort gelassen, die Du mir mit zusenden wolltest. Wenn Du sie gebraucht hast, so ist das nicht so schlimm. Dann läßt Du es dabei bewenden. Ich dachte nur, ich frage deshalb bei Dir an, weil es mir so war, als hätte ich Dir noch Geld hinterlassen.  Wenn du jetzt von der Zusatzkasse noch etwas bekommst, dann kannst Du mir in diesem Monat nur noch 25,-RM höchstens zusenden, denn mein Kontingent beträgt ja im Monat zur Zeit 65,-RM. Es ist mir unangenehm, Dir soviel vom Geld schreiben zu müssen, denn Du weißt, ich will Dich nicht allzu sehr belasten. Andererseits möchte ich aber Klarheit haben, wie alles zusammenhängt. Ich kann Dir noch mitteilen, daß ich jetzt Nägel bekommen habe. Du siehst also, daß ich nichts vergessen habe, doch manchmal muß man  etwas länger warten, bis man den günstigen Zeitpunkt erwischt um das zu kaufen, was man braucht. Ich schicke sie Dir in den Päckchen 15 bis 18 mit zu, die heute mit abgehen. Diese Päckchen enthalten 2 Paar Schuhe für Dich und noch ein Paar Hausschuhe, die Mandeln zum Backen, dann noch so verschiedenes Zeug für die Kinder, das Du ihnen aufheben kannst oder geben kannst. Das überlasse ich ganz und gar Dir. Das sind so wieder verschiedene Sachen, die Du sicher gebrauchen kannst. Ich hoffe, daß alles richtig ankommt und daß Euch alles zusagen wird. Außerdem sende ich heute wieder Zeitungen weg, damit Du wieder etwas zum Lesen bekommst. Schreibpapier habe ich auch wieder für Dich organisiert, das ich Dir dann bei Gelegenheit wieder mit zuschicken werde. Auch das angeforderte Klosettpapier habe ich noch nicht vergessen, doch ich muß erst zusehen, wie ich das wieder beschaffen kann. Nach dem Spielzeug von Jörg werde ich heute einmal sehen, Damit das dann auch auf den Weg kommt. Du siehst, man hat immer wieder etwas zu erledigen.  Gestern habe ich mir im Kino die Wochenschau angesehen und bin dann bald heimgegangen, denn es lief wieder einmal der Film „Hochzeitsnacht“. Einmal habe  ich ihn schon hier gesehen, dann hatte ich ihn schon in Karlsruhe gesehen. Für ein drittes Mal war es mir dann doch zuviel.
Jetzt bin ich nun schon wieder über 4 Wochen hier. Wie doch die Zeit vergeht. Vom Dienst kann ich Dir noch eine interessante Geschichte erzählen, die ich zwar noch nicht als abgeschlossen ansehe. Doch für den Beobachter ist sie bis jetzt interessant. Ich habe Dir ja schon wiederholt berichtet, wie die Dinge hier liegen, seit dem Erscheinen des neuen Inspektors. Nun hat sich da mit der Rückkehr unseres Kriegsverwaltungsrats folgendes ereignet.
Am Sonntag kommt er vom Urlaub zurück und will wieder in sein Zimmer in unserem Haus einziehen. In der Zwischenzeit war aber der Inspektor eingezogen und hatte sich häuslich niedergelassen, weil der Kriegsverwaltungsrat sagte, er kommt nicht mehr in unser Haus zurück sondern zieht in eine neuere Wohnung. Wie sich nun zeigte, war die neue Wohnung nicht fertig, so daß er doch um die alte froh war. Nun hat er den Inspektor veranlaßt, wieder in das Hotel zu ziehen. Du kannst Dir denken, daß dieser Mann nun sehr verärgert ist. Außerdem hat er keinen Platz, wo er arbeiten kann, denn ich hatte ja während des Urlaubs des Kriegsverwaltungsrats meinen alten Platz wieder eingenommen, weil der Inspektor auf den Platz des Kriegsverwaltungsrats gezogen war. Mit der Rückkehr vom Urlaub sind nun beide Plätze besetzt, so daß der Mann hier keine Möglichkeit hat zu arbeiten. Abgesehen davon, daß das eine große Schweinerei ist, kann ich mir das Gefühl der Schadenfreude nicht unterdrücken. Denn die beiden Männer haben eine Wut gegenwärtig aufeinander. Der Inspektor kommt jetzt bis zur Bereitstellung eines Platzes nicht mehr zum Dienst, weil er der Ansicht ist, daß er überflüssig sei. Wie sich die Dinge weiter entwickeln, muß man zwar abwarten. Der Kriegsverwaltungsrat versucht nun wieder meine Freundschaft zu gewinnen, indem er mich entgegen seinem Verhalten vor dem Urlaub wieder um verschiedene Sachen fragte. Ich habe ihm wohl, soweit es notwendig war, Auskunft gegeben, sonst aber die kalte Schulter gezeigt. Dieses Theater mache ich doch nicht mit, daß ich auf ihn warte, bis es ihm gefällig ist.  Wenn er denkt, er braucht jemand, um seine Flegeleien wieder an den Mann zu bringen, dann bekommt man wieder einen Tritt. Nein, da mache ich nicht mit. Er muß dann zusehen, wen er dafür findet. Für heute sende ich Dir recht herzliche und viele Grüße. Es küßt Dich eben vielmals Dein Ernst 

Mein liebes Mädel !                                                               12.11.41

Ich setze mich heute Nachmittag hin, um meinen Brief für morgen anzufangen. Heute Nacht ist Großeinsatz für eine Aktion gegen die Kommunisten, an der ich auch teilnehmen muß. Da wird es verschiedenes zu schreiben geben, so daß ich dazu mit herangezogen werde.  Wann ich dann morgen zum Briefe schreiben komme, weiß ich nicht.  Die 4 Päckchen sind heute an Dich abgegangen. Ebenfalls die Zeitungen. Ich hoffe, daß alles gut ankommen und Deinem Geschmack entsprechen wird. Man hat so bei der Packerei immer seine Mühe, um alles richtig zusammenzubringen, weil man mit dem Verpackungsmaterial sparsam umgehen muß. Andererseits soll das Paket doch auch ordentlich ankommen. Denn es soll doch nichts verloren gehen, denn man hat doch alles erst kaufen und bezahlen müssen. 
Das kalte Wetter hat nun schon wieder aufgehört. Die Rizinusstauden bei uns auf dem Hof sind zwar erfroren, doch unser schöner großer Lindenbaum hat immer noch Blätter. Er hat zwar schon ziemlich lassen müssen, doch man sieht ihm immer noch seine Stattlichkeit an. Die volle Pracht ist nun wohl nicht mehr so vorhanden wie im Sommer. Man kann es ja auch nicht mehr verlangen, denn wir sind doch jetzt mitten im November.
Soll ich eigentlich die Hosen für Jörg hier gleich machen lassen oder willst Du den Stoff selbst verarbeiten. Das überlasse ich ganz und gar Dir. Du mußt mir dann aber noch die Maße senden, wenn ich sie hier anfertigen lassen soll.  In der Nacht vom 20. zum 21.  habe ich wieder Dienst als OvD. Das geht jetzt mit ziemlicher Regelmäßigkeit. 
                                                                                                 13.11.41 

Wie ich gestern schon mitteilte, hatten wir vergangene Nacht Großeinsatz. Ich war als Schreiber eingeteilt. Weil jemand gebraucht wurde, der Schreibmaschine schreiben kann. In der vergangenen Nacht wurden hier bei uns etwa 60 Personen verhaftet, die gleich vernommen werden mußten. Wie sich nun zeigte, fehlte bei uns ein Dolmetscher. Es war wohl ein Feldgendarm und ein Schreiber vorhanden, doch fehlte zur Übersetzung der Dolmetscher. Wir bekamen erst einen, der deutsch verstand, den hatten wir dann auch bald erledigt, doch als dann Leute kamen, die nur französisch verstanden, dachten wir, daß die Schwierigkeiten anfangen würden. Der Feldgendarm verstand zwar noch weniger französisch als ich, aber wir haben es versucht und ich muß feststellen, daß meine Kenntnisse soweit ausreichten, um die Vernehmungen machen zu können. Um Mitternacht haben wir angefangen und früh gegen 9 Uhr haben wir von den elf Personen, die uns zugeteilt waren, den letzten vernommen. Es war einmal eine ganz interessante Arbeit, wenn ich sie zwar auch nicht alle Tage machen möchte. Eins kann ich ja sagen, daß ich heute sehr viel dazugelernt habe und auch etwas von der Befangenheit, die man den Leuten gegenüber hat, eingebüßt habe. Wenn man dann das hinter sich hat, geht es schon eher. Man stolpert immer wieder einmal, am Anfang mehr und später etwas weniger, aber man muß es wagen, dann geht es schon. Der Feldgendarm, der mir gewissermaßen in die Maschine diktieren sollte, sagte dann immer wieder, ja ich fühle mich hier ziemlich überflüssig, weil ich meinen Kram selbst schrieb. Anstandshalber sagte ich ihm aber, was ich ihm in seine Vernehmungsniederschrift reinsetzen will. Heute Vormittag habe ich dann freigehabt. Ich bin dann nach hause gegangen und habe mich erst einmal in das Bett gelegt und bis gegen Mittag geschlafen. Daher kommt es auch, daß heute früh mein Brief nicht weggegangen ist.  Gestern Abend bekam ich Deine beiden Briefe vom 8.  und 9.11., die ich Dir gleich beantworten will. Für die Kinder hast Du ja nun schon selbst verschiedenes besorgt. Ich denke, daß dann zunächst für die Bekleidung genug gesorgt ist. Ich brauche dann für nichts weiter sorgen, denn ich wüßte nicht, was sonst noch notwendig sei. Das glaube ich gern, daß die im Geschäft gestaunt haben, daß Du noch nicht einmal die zweite Kleiderkarte angefangen hattest. Ich habe hier ja auch noch Punkte zu beanspruchen, da ich mir meine Sachen zumeist ohne Punkte besorgt habe. Wir sprachen doch einmal für ein Paar Schaftstiefel (braun) für Dich. Kannst Du Dir vielleicht einmal bei jemandem das Maß nehmen lassen. Sieh Dich doch einmal um deswegen. Ich habe nämlich noch Anspruch auf einen Schuhschein, den würde ich dann auf diese Art anwenden.  Wenn sich Jörg so nützlich auf diese Art betätigt und Dir den Garten umgräbt, so muß man ihm schon ein Lob aussprechen. Das kann man sich gar nicht denken, daß er das schon kann. Man denkt immer noch, daß er ein so kleiner Bub ist. Ich denke aber, daß es ihm Freude macht, wenn er Dir etwas praktisch helfen kann. 
Den Artikel wegen des Eisernen Sparens habe ich mir durchgelesen. Bei uns käme das ja erst ab Monat Januar 42 in Frage, weil wir Gehaltsempfänger sind, die ihren Gehalt im Voraus bekommen. Der höchste Betrag, der von uns gespart werden kann, beträgt im Monat 26,-RM. Man müßte sich ausrechnen,  das geht am besten durch Einsichtnahme in die Steuertabelle, wo wir die Grenze errechnen und damit am besten wegkommen. Sozialversicherungsbeiträge kommen für uns ja doch in Wegfall, so daß wir nur die eine Vergünstigung haben. Ich nehme an, daß Du das irgendwo erfahren kannst. Da es jetzt noch nicht so eilig ist, kann man ja erst in aller Ruhe diese Feststellungen treffen. Von der Zusatzversorgung schicke mir vielleicht 40,-RM, über den Rest kannst Du verfügen, wie Du willst. 
Daß ich Dir Deine beiden lieben Päckchen nicht bestätigt habe, ist ja schandbar, aber ich war immer der Meinung, daß ich das schon getan habe. Also sei mir deshalb bitte nicht böse darum. Ich hole es hiermit offiziell nach. Ich habe von den Tabletten schon bald wieder eine Schachtel vertilgt, denn ich muß mich doch immer mit meinem Hals etwas vorsehen, weil ich bei dem nebligen Wetter, wie es hier teilweise auch herrscht, immer gleich etwas belegt bin. Das Gebäck habe ich mir schon teilweise zu Gemüte gezogen. Es ist wieder ganz und gar in Ordnung und schmeckt schwer nach Zuhause. Also ich habe alles richtig erhalten, es ist nichts weggekommen und ich danke Dir noch vielmals dafür. Nimm es also nicht krumm, wenn ich vergessen habe, Dir den Erhalt zu bestätigen.  Es freut mich, daß Dir der Käse auch schmeckt. So habt Ihr doch immer noch etwas Zubrot. Ich bekomme heute vielleicht wieder welche. Die werde ich Euch wieder zu Recht packen und abschicken. Ich habe noch einmal Gelegenheit Seide zu kaufen. Dieselbe, wie Du sie im letzten Jahr auch schon bekommen hattest. Das Zeug wird jetzt sehr selten, darum freue ich mich, daß ich nochmals hier welche gefunden habe. Mit der Kriegsseide kommt man ja doch nicht weit und die ist ja so zum Waschen nicht besonders, vor allem wenn sie jetzt mehr Sand  enthält wie am Anfang. 
Außer Deinen beiden Briefen bekam ich auch noch einen von Deinem Vater. Über die ersten Seiten habe ich mich wirklich gefreut, doch als er mir dann das vorhält, daß ich ihm schreibe, daß ich das Opfer für alle gebracht habe und Dich gern habe fahren lassen, da habe ich mich fest geärgert. Ich will aber nicht derjenige sein, der nun einen Streit vom Zaun bricht.  Wenn er nun einmal so eine Kleinigkeit krummer ist, so will ich dies seinem Alter zurechnen. Eines kann ich aber hier feststellen, daß sich das sein Junge nicht hätte gefallen lassen. Die schroffe Art und Weise, in der er mir das vorhält, ist ja geradezu verletzend. Ich hatte vor, ihm wieder einige Zigarren zuzusenden, so brauche ich erst eine gewisse Zeit, um über diese Wortklauberei Gras wachsen zu lassen. Wenn ich dann dagegen wieder lese, was für ein feiner Mensch dieser Jüngling geworden ist und wie er dann die fremden Leute so herausstellt, dann kann einem das große Kotzen ankommen. Wie Du schon auch richtig bei meinem Urlaub sagtest, wir sind zwei so grundverschiedene Menschen, daß wir auf die Dauer nicht gut miteinander auskommen würden. Ich bin ja auch nicht mit ihm verheiratet. Eines ist mir dabei manchmal unerklärlich, daß das Dein Vater sein soll, wo Du doch charakterlich so wenig Wesensverwandtes mit ihm hast. Meinen Ärger habe ich mir nun runter geschrieben. Du wirst nun zwar die Leidtragende sein, auf die nun alles zuletzt abgeladen wurde. Ich sage mir zwar auch, daß er so verbraucht werden muß wie er nun einmal ist, doch er sollte von anderen nicht mehr verlangen, als er selbst zutun imstande ist. Aber noch zu etwas anderem. Ich habe wieder ein Käsepäckchen auf den Weg gebracht. Es ist das Nr. 20, der riecht jetzt schon. Ich denke, daß der Postmensch froh ist, wenn er es bei Dir abgeliefert hat. Hoffentlich kommt auch das gut in Deine Hände. Jetzt grüße ich Euch alle wieder recht herzlich. Sende Dir und den Kinder noch viele Küsse dazu. Dein Ernst

Dienstag, 8. November 2016

Brief 190 vom 8./9.11.1941


Meine liebe Annie !                                                        8.11.41    

Beim Wochenende sind wir nun wieder angelangt. Das Wetter hat etwas an Beständigkeit gewonnen und ist einigermaßen erträglich.  Winterlich ist es zwar noch nicht, aber schon ganz schön frisch.  Aber seit einigen Tagen ist es trocken und kalt. Doch das ist ja gesundes Wetter. Vielleicht gehe ich wieder einmal bei diesem Wetter ein Stück über Land. Laufen tut einem ganz gut, vor allem wenn man die ganze Zeit im Bau sitzt.  Am kommenden Montag werden wir wahrscheinlich wieder in voller Besetzung beim Dienst sein. Unser Kriegsverwaltungsrat soll wiederkommen. Dann ist unser Soldat auch wieder im Dienst und für unsere letzte Schreibkraft soll auch wieder ein Ersatz eintreffen. Gespannt bin ich nur darüber, wie es mit dem Platz werden wird. Wie ich Dir schon mitteilte, habe ich wieder einmal eine neue Feldbluse und eine neue Hose bekommen. Die Feldbluse muß ich nun noch umarbeiten lassen, weil ich doch einen anderen Kragen darauf machen lassen muß. Die Hose habe ich gestern Abend probiert. Sie paßt ganz gut.  Jetzt habe ich doch wenigstens wieder etwas Ordentliches zum Anziehen. Die ersten Sachen, die ich im letzten Jahr empfangen hatte, sind ja ziemlich abgetragen, so daß eine Auswechslung sehr nötig war. Man kann ja nicht wie ein Landstreicher herumlaufen.  Post habe ich gestern keine bekommen, so daß ich nichts beantworten kann. Ich bitte Dich heute schon schließen zu dürfen, denn ich bin wirklich nicht zum Briefe schreiben aufgelegt. Nimm also mit diesem kurzen Gruß vorlieb, dafür aber mit umso mehr Küssen. Dein Ernst.

Meine liebste Frau !                                                         9.11.41

Heute zum Sonntag sitze ich auf meinem Zimmer und höre mir das Radio an. Ich hatte gestern Nachmittag mit einem Kameraden schon einen großen Spaziergang gemacht, so daß ich heute nicht schon wieder hinaus will. Den Nachmittag verbringe ich nun so zwischen Schlafen, Lesen, Radiohören und jetzt nun mit Schreiben. Ich will doch erst einmal Deine beiden Briefe beantworten, die ich gestern von Dir erhielt. Nachdem Du das eine Päckchen jetzt erhalten hast, ist ja noch eines unterwegs. Käse habe ich diese Woche nicht den bekommen, den ich zum Wegschicken verwenden kann.  Diesmal habe ich ihn essen müssen, sobald ich wieder transportfähigen erhalte, werde ich ihn Euch schicken. Bei Euch hat es dann aber schon tüchtig Schnee gegeben. Das ist bei uns hier noch nicht vorgekommen. Es hat einmal dazu angesetzt, aber er war gleich wieder weg. Frisch ist es natürlich hier auch aber man kann es noch ganz gut aushalten. Ich habe erst vor wenigen Tagen meinen Pullover untergezogen. Da liefen die Leute schon mit Pelzmänteln herum, andere mit dicken Wolltüchern um den Kopf und die Kinder waren alle fest verpackt. Das ist hier eine ganz verfrorene Gesellschaft. Wo ich gerade in Deinem Brief lese, daß Du Deine Äpfel bezahlt hast, denke ich gerade daran, daß ich vorhin den letzten Apfel gegessen habe von denen, die Du mir mitgegeben hast. Die haben doch lange ausgereicht. Na, ich habe mir inzwischen verschiedenes Obst gekauft, doch die Äpfel von Dir habe ich mir immer aufgespart gehabt. Nun sind sie zwar alle, aber ich kaufe mir hier ab  und zu Obst, so daß mir in dieser Beziehung nichts abgeht. Die Filzschuhe werden wohl auch eingetroffen sein. Nun habe ich ja noch ein weiteres Paar hier für Dich liegen und soll wahrscheinlich noch ein Paar bessere bekommen. Für Helga und Jörg will ich ja auch noch welche besorgen lassen. Ich sehe also, daß ich es richtig gemacht habe, denn ich lese, daß Du für die Kinder welche beantragen willst.  Was die Meier/Fleig-Angelegenheit anbetrifft, so ist es nicht ganz ausgeschlossen, daß der Meier sich wieder herauswindet, aber ich habe das Gefühl, daß es ihn doch noch einmal packt, denn ganz so ohne ist und war es nicht.  Da hast Du dich aber fest rangehalten, wenn du nun auch noch den Garten hinter dem Haus schon fertiggemacht hast. Ich glaube, daß Du viel Arbeit damit gehabt hast, denn ich weiß, daß Du Dir viel Mühe damit gegeben hast. In der Schule werden sie wohl nun langsam wissen, welches Alphabet sie lernen wollen. Wenn sie so weiter probieren, ist am Ende die Schulzeit vorbei und die Kinder kommen wieder so heraus. Mit der Einwilligung zur Schutzimpfung gegen Diphtherie ist es schon in Ordnung.  Heute sende ich Dir ein Stoffmuster mit, das ich für Deinen Mantel gedacht hatte. Ich denke, daß es  Dir gefallen wird. Ich war gestern beim Schneider, der mir gleich den Stoff gezeigt hat. Ich habe davon 2,70 m zurücklegen lassen, das ich dann kaufe, wenn ich das Geld beieinander habe. Ebenso habe ich Stoff für 2 Hosen für Jörg wegtun lassen. Es ist ein schöner wolliger Stoff, der sich auch gut tragen läßt. Auch der beigefügte ist ja auch noch Wolle. Dann habe ich gestern noch süße Mandeln bekommen, die ich Dir mit dem nächsten Päckchen, das ich vielleicht heute noch fertigmachen werde, wegschicke. Ich lege noch einige kleine andere Sachen bei, damit das Gewicht wieder voll wird. Die Mandeln kosten zwar 3,-RM das Pfund. Ich weiß nicht, was man früher dafür bei uns bezahlt hat.  Gerade bekomme ich Deine beiden Briefe vom 5. und 6.11 ausgehändigt, für die ich Dir vielmals danke. Wegen des Spielzeugs weder ich mich hier umsehen und werde Dir dann gleich schreiben, was ich noch an Geld dafür brauche. Ich denke, daß es ihm schon gefallen wird. Was ich dann für die Filzschuhe zahlen muß, teile ich Dir dann ebenfalls mit. Der Stoff, von dem ich Dir ein Muster beigelegt habe, kostet das Meter 18,-RM. Wenn ich ihn dann hier machen lasse, hast Du jetzt gerade einen teuren Mantel, der sich noch etwas in Bezug auf den Stoff wert ist.  Erfreulich ist, daß Jörg sich so Mühe gibt mit dem Lesen. Wenn er es richtig macht, so muß ich ihm auch mein Lob aussprechen. Wenn er so fleißig ist, so macht das Zusehen schon Spaß. Daß das eine Angelegenheit für Helga ist, dabei aufzupassen, ob er es richtig macht. Na, er wird schon aufpassen, daß er sich vor ihr nicht blamiert. Was für Helga gekauft werden kann, weiß ich zwar noch nicht, aber ich denke, daß Jörg dann reichlich genug hat, wenn ich ihm das Spielzeug kaufe und wenn dann noch Stoff für die Hosen da ist. Das Muster für seine Hosen lege ich ebenfalls mit bei. Es ist nicht genau in der gleichen Farbe, aber dieselbe Qualität. Für Helga wüßte ich tatsächlich nichts. Vielleicht kannst Du mir einen Vorschlag machen. Wenn es zum Anziehen sein soll, könnte ich vielleicht noch etwas besorgen.  Daß Du Dir den Kinobesuch vorgenommen und ausgeführt hast, freut mich, denn dann kommst Du doch einmal auf andere Gedanken und siehst wieder etwas. Wenn es Dir dann noch gefallen hat, dann ist ja der Zweck doppelt erfüllt. Deine Ansicht über die Wilddieberei ist schon ziemlich zutreffend. Wenn man bedenkt, daß die Bevölkerung pro Monat 175 g Butter, 100 g Öl und 100 g Margarine bekommen, so kannst Du Dir denken, daß bei einer Zuteilung von 100 bis 200g Fleisch die Woche die Ernährungsbasis nicht gerade hoch ist. Heute Abend gibt es wieder einmal Hasenbraten mit Kartoffeln und Salat.  Für heute habe ich Dir ziemlich alles wieder geschrieben. Es bleibt nur noch, daß ich das beigelegte Schreiben erwähne, wonach die Rückzahlung der 85,-RM genehmigt ist. Wahrscheinlich hast Du den Betrag schon erhalten. Das ist ja ziemlich schnell gegangen. Ob Du das Geld brauchen kannst?  Ich sende Dir und den Kindern recht viele Grüße und Küsse und hoffe, daß Ihr alle gesund seid.  Dein Ernst.

Sonntag, 6. November 2016

Brief 189 vom 6.11.1941


Meine liebe Annie !                                                         6.11.41    

Gestern bin ich leider nicht dazu gekommen, Dir zu schreiben, weil ich in Lille war. Wie ich Dir in meinem letzten Brief schon mitteilte, hatte ich mich am Dienstag mit dem Herrn Salzmann, dem Konstanzer, getroffen. Er hatte mich eingeladen und ich hatte ganz nett gegessen. Es gab frischen Thunfisch, den ich noch nicht gegessen hatte. Ich muß sagen, daß das wirklich etwas Feines ist.  Er war mit einer schönen Soße angemacht und dazu Kartoffeln, so daß ich schon etwas ganz Gutes in den Magen bekommen habe. Dazu hatten wir noch 2 gute Flaschen Weißwein getrunken, so daß alles schön abgerundet war. Ich selbst konnte mir das ja nicht leisten, denn das war kein billiger Spaß. Das ganze hat 15 RM gekostet.  Wenn ich nicht wüßte, daß er das machen kann, und daß es auch nicht aus seiner Tasche geht, würde ich nicht mitgehen. Ich sagte ihm dann so im Laufe der Unterhaltung, daß ich am folgenden Tage mit unserem Wagen wahrscheinlich noch nach Lille fahren würde.  Daraufhin hat er mich gleich eingeladen und gesagt, daß er am Vormittag schon hinüberfahren würde. Ich habe dann gestern früh gleich freigefragt und bin dann gleich am Vormittag mitgefahren.  Ich habe ihm dann noch so verschiedene Fingerzeige gegeben, wo er dies und jenes kaufen kann, außerdem habe ich ihm zu neuen Reifen für sein Auto verholfen, so daß ich mich wenigstens auf diese Art und Weise erkenntlich zeigen konnte. In Lille haben wir dann in einem der besten Gasthäuser zu Mittag gegessen, was zwar wieder nicht billig war. Dort traf ich auch wieder Bekannte, die sich gleich zu uns an den Tisch setzten. Es ist dies ein Vertreter einer großen deutschen Speditionsfirma, mit dem ich früher viel zusammengearbeitet hatte. Er lud mich dann auch gleich ein, daß ich bei meinem nächsten Besuch in Lille einmal bei ihm mit vorbei kommen soll. Ich habe nur so gedacht, wenn man irgendwo einmal eine Zeit gewesen ist, dann kennen einen doch ziemlich die Leute. Salzmann lud mich dann noch ein, mit nach Belgien zu fahren, denn er hatte dort noch etwas zu besorgen. Dann sind wir noch nach Menin, denn so heißt der Ort, gefahren. Das Wetter war schön und trocken, so daß eine kleine Fahrt mit dem Wagen wieder einmal Spaß machte. Dort habe ich einmal in einem Schuhgeschäft gefragt für einen Schaftstiefel, weil gerade welche da standen. Für Männer kosteten sie schon 75,-RM und für Damen ohne Schein 100,-RM. Ich dachte, ich muß mich hinsetzen, als ich das hörte. Als wir wieder in Lille waren, habe ich mich noch zu der Schuhfabrik fahren lassen und habe mir endgültig für die Stiefel Maß nehmen lassen. Die kosten etwa 30,-RM, das ist im Vergleich ja eben schon wesentlich billiger. Das findest Du doch auch. Salzmann hatte ich dann heimgeschickt mit seinem Wagen, weil ich noch weiteres zu erledigen hatte und ich nicht wußte, wie lange Zeit das in Anspruch nehmen würde. Ich habe mich noch nach dem Magazin für meine Pistole erkundigt, dann habe ich mir Besatzstücke für die neue Feldbluse besorgt und dann war ich noch auf der Kommandantur und habe eine Sache aufklären müssen aus der Zeit des Stadtkommissariats. Dem Lorenz legte man zur Last, er hätte einen Wagen vertauscht, um ihn dem Zugriff der deutschen Behörden zu entziehen. Nun kam ich gerade dazu und man hat mich schon rufen lassen wollen, um die Angelegenheit aufzuklären.
Aufgrund der Unterlagen, die erst nicht zu finden waren, hat sich dann alles zum guten entwickelt und ich glaube kaum, daß man ihm etwas anhaben kann. Ich weiß ja, und das habe ich Dir ja auch schon immer gesagt, daß der Mann ein Gauner ist. Aber wenn jemand Unrecht geschehen soll, so bin ich nicht dafür, daß so was unterstützt wird. Ich habe ihn zwar nicht mehr sprechen können, aber ich denke, daß er froh sein wird, daß sich das in dieser Weise aufgeklärt hat. Das sind so die Erlebnisse von meiner gestrigen Reise nach Lille, von der ich heute früh wieder zurückgekommen bin, denn ich bin auf Wunsch von Graser noch dort geblieben und mit ihm zusammengesessen. Er hat mir noch angeboten, daß ich ein Jagdgewehr von ihm bekommen soll, das werde ich ihm nicht abschlagen, wenn ihm das nichts ausmacht. Übrigens habe ich hier bei uns ein Luftgewehr gefunden, das einmal für Jörg das richtige wäre. Das ist entschieden besser wie das was er daheim hat, auch fast so groß wie ein richtiges Gewehr. Ich werde es herrichten lassen, dann ist das schon ein schönes Stück.  Doch nun will ich Dir für das Päckchen mit den Heften und den Pastillen danken, die ich gestern erhalten habe. Außerdem bekam ich den Brief von Helga, über den ich mich sehr gefreut habe und nicht zuletzt will ich Dir danken für Deine lieben Briefe vom 31.10., 1.11. und 2.11., die ich alle erhalten habe. Du hast aber fleißig im Garten gearbeitet, wenn Dir da dadurch leichter gewesen ist, so bedeutet das mir auch eine Freude. Wenn Du auch mit Gewalt rangehst, kann ich mir schon denken, daß Dir der Rücken weh tut.  Mit dem Rick hast Du über die Angelegenheit beim Fürsorgeamt gesprochen. Nun, sei es wie es will, ein Teil der Belegschaft ist belastet mit den Schiebungen beim Amt. Mir sagte hier der Salzmann, daß man auch vom Schiller  und vom Bernhard gesprochen hatte. Ich stehe ja bei der ganzen Angelegenheit abseits und kümmere mich nicht weiter drum.  Wegen des  Klosettpapiers werde ich sehen, was sich da machen läßt. Sobald ich welches habe, schicke ich es ab. Das macht mir gar nichts aus, wenn Du mir schreibst, wenn Du was brauchst. Bei dem Brief vom 1. habe ich lachen müssen, als Du mir schriebst, daß Du in den Garten „rübergerückt“ bist. Das klingt ja bald so wie Vater. Ja das macht der Umgang. Du hast ja nun alles soweit aufgeräumt. Wo Du von Apfelkuchen schreibst, muß ich gerade dran denken, daß ich letzten Sonntag auch ein Stück bekommen hatte. Der war nicht schlecht, aber Deiner schmeckt besser.
Wegen der Besorgung von Verpflegung, so sehe ich schon immer zu, was sich machen läßt. Das eine wirst Du ja wohl haben, und das andere wird wohl auch bald kommen. Vielleicht kann ich bald wieder etwas abschicken. Hier ist jetzt bekanntgegeben worden, daß Päckchen nur noch mit Freimarken angenommen werden. Ich bitte Dich deshalb, schicke mir einmal vorerst 10 Marken her, damit ich das Zeug wieder aufgeben kann und ich nicht immer die Kameraden anbetteln muß. Wegen des Mantels muß ich zusehen, wo ich am günstigsten den Stoff beschaffen kann. Salzmann hat gestern einen Stoff für einen Anzug gekauft, einschließlich Zutaten hat er 110,-RM bezahlt. Ja, die wissen jetzt auch, was sie verlangen sollen.  Dein Vater hat Dir inzwischen wieder geschrieben. Ich kann verstehen, daß ihn die neue Tätigkeit schon anstrengt. Ja, wenn man älter wird, ist es nicht so einfach, noch etwas Neues anzufangen. Es freut mich aber, daß er immer noch Energie in sich hat, das mitzumachen. Denn wenn er jetzt nachgeben würde, so wäre es ihm nach dem Tod von Mutter doch schwerer. Denn so ist ja der Tag voll ausgefüllt und Abend muß er sich eben ausruhen. Viel Ablenkung wird er wohl nicht wollen, wenn er abends müde ist.
Wenn Du Dir Äpfel gekauft hast, so hast Du aber recht getan. Das ist doch immer wieder ein kleiner Ausgleich, den man über den Winter schon haben muß. Laßt sie Euch gut schmecken. Ich besorge mir hier ja auch ab und zu Obst.  Die Zeitungen schicke ich Dir immer wieder, solange es sich irgendwie machen läßt. Heute geht wieder ein Brief damit ab. Dafür brauchst Du doch kein Porto zu bezahlen. Denn das habe ich immer schon so eingerichtet. Ich denke jedenfalls, daß es stimmt.  Jörgs Ehrgeiz ist ja erfreulich. Das ist recht, wenn er wieder während der flauen Zeit etwas übt, denn verlernt er doch nicht so bald. Gerade wenn er noch so am Anfang steht, vergißt sich das doch noch eher, wie wenn das alles schon eine Weile sitzt.  Ich muß immer wieder feststellen, daß die Wetterverhältnisse bei Euch fast die gleichen sind wie hier. Es handelt sich vielleicht um einige Tage Unterschied, aber sonst stimmt es meist.  Als Entschädigung für den gestern ausgefallenen Brief habe ich Dir heute ja wieder etwas mehr geschrieben. Ich weiß ja, daß Du mir deshalb nicht böse bist. Jetzt möchte ich aber doch für heute Schluß machen und Euch alle zusammen herzlich grüßen. Außerdem sendet Dir und den Kinder viele Küsse Dein Ernst


Freitag, 4. November 2016

Brief 188 vom 3./4.11.1941


Meine liebe Annie !                                                   3.11.41 

Unsere Fahrt auf das Land haben wir nun hinter uns. Es war eine ausgesprochene Freßfahrt. Es ist ja nicht sehr weit von hier entfernt. Wir haben den Zug genommen, denn mit dem Wagen ist es nicht mehr möglich, weil dafür kein Benzin zur Verfügung steht.  Wir wurden gleich an der Bahn abgeholt. Das Haus des Mannes macht von außen einen primitiven Eindruck. Innen sah es dann ganz wohnlich aus. Die Leute hatten sich große Mühe gegeben. Erst gab es eine Suppe, dann hatten sie Sardinen da. Als nächstes gab es dann Huhn und anderen Braten mit Fritten (Bratkartoffeln). Weiter hatten sie Pudding mit Himbeersaft da. Doch damit noch nicht genug, denn bald darauf wurde schon wieder Kaffee getrunken,  kein Malzkaffee, und dazu gab es Kuchen und den nicht zu knapp.  Alles wurde dann mit dem nötigen Alkohol untermischt. Auch das waren nicht wenige Sorten. Als wir dann mit dem Zug um 7 Uhr wieder heim mußten, war es höchste Zeit, denn ich habe wirklich nicht mehr gekonnt. Als ich dann heimkam, habe ich wie ein geprellter Frosch auf meinem Bett gelegen. Ich kann nur sagen, daß ich schon lange nicht soviel auf einmal und an einem Nachmittag gegessen habe. Bei diesem Mann ist das auch eher möglich, denn er hat eine Metzgerei und dazu noch einen kleinen Laden, dazu ist das noch auf dem Land. Man sieht, daß das Leben auf dem Land in Bezug auf das Essen eben doch nicht so schwierig ist, denn dort bekommt man immer noch einmal etwas, was in der Stadt nicht in diesem Maße möglich ist. Als „Beute“  habe ich noch eine Flasche Benedictine mit nach hause gebracht. Das ist ein Likör, den ich letztes Jahr zu Weihnachten mit heimgebracht hatte. Den werde ich auch aufheben und bei meinem nächsten Kommen mitbringen. Jetzt wirst Du von meiner Fressereischilderung direkt Hunger bekommen haben. Das war nicht meine Absicht, ich wollte Dir nur mitteilen, daß wir hier noch nicht umkommen, solange es uns noch so gut geht.  Post habe ich keine von Dir erhalten. Darum kann ich Dir heute auch nichts weiter beantworten. Wieder hat eine Woche angefangen. Auch diese wird wieder genau so schnell wie die anderen vergehen. So geht es Woche um Woche. Manchmal wundert man sich und fragt sich, ob man eigentlich alle Tage mitbekommen hat. Herzlich grüße und küsse ich Dich und die Kinder. Ich hoffe, daß Ihr alle gesund seid. Dein Ernst.

Liebste Annie !                                                             4.11.41

Du wirst sicher gedacht haben, mir könnte öfter der OvD verordnet werden, wenn ich so lange  Briefe schreibe, wie es das letzte Mal der Fall war. Wichtig ist, daß Du Deinen Spaß und Deine Freude gehabt hast und das war ja nach Deiner Schilderung der Fall.  Helga wird wohl ihre Wurmkur hinter sich haben. Ich glaube, daß sie dafür empfänglich ist, denn ich kann mich doch noch gut erinnern, wie sie früher schon welche gehabt hatte. Hoffentlich hat die Kur zu einem Erfolg geführt. Wenn ja, wird sie nun auch wieder ruhiger geworden sein. Das ist schon eine unangenehme Sache, wesentlich ist nur, daß sie nun wieder soweit hergestellt ist.  Was den Kriegsverwaltungsrat anbelangt, so meint dieser Herr, daß er Großmannsmanieren an den Tag legen kann. Du kennst mich ja, wie ich auf solche Flegel antworte. Daß man da bockbeinig wird, kann einem niemand verübeln. Ich bin jedenfalls nicht dazu geboren, daß man mich treten kann oder daß man etwa denkt, man könnte mit mir spielen. Da hat sich dieser Herr gewaltig getäuscht. Gewiß, es gibt manche Sachen, die ich ausführen muß, weil er mein Vorgesetzter ist, aber es wird eben nicht mehr gemacht, als unbedingt notwendig ist.
Nun fragst Du an, wie ich über das „Eiserne Sparen“ denke. Wesentlich ist, was Du jeden Monat freibekommen würdest. Wenn überhaupt daran zu denken ist, da das Geld wieder einmal kaputtgeht, so geht uns das mit langfristiger Kündigung und das mit kürzerer Frist verloren. Zu beachten ist dabei, daß das nun auf ein anderes Sparbuch kommt. Außerdem muß das Sparbuch in Deine Hand kommen.
Es ist dies nur eine andere Art wie Kriegsanleihe, die es im Weltkrieg gegeben hat. Wie hoch ist denn dabei die Verzinsung, Denn die muß doch höher sein, da nur jährlich gekündigt werden darf. Wenn Du irgendwelche Unterlagen über das Eiserne Sparen bekommst, so kannst Du mir sie einmal mitschicken, denn ich höre das durch Dich zum ersten Mal.  Was übrigens die Zurückzahlung aus der Zusatzversorgung anbelangt, so dachte ich in ähnlicher Weise wie Du, ich hatte nicht die Absicht, den größeren Betrag für mich zu beanspruchen. Wir waren uns also auch in dieser Beziehung wieder einig.  Das Urteil über den Lorenz in Lille ist bei mir auch gleich. Das hast Du ja auch schon aus meinem Schreiben gemerkt, als ich Dir schilderte, was der angestellt hatte.  Die Pistole ist noch nicht ganz fertig, aber ich werde sie mir im Laufe dieser Woche fertigmachen lassen und mir auch eine entsprechende Tasche dazu kaufen. Von Leipzig habe ich bis jetzt auch noch keine Nachricht. Wenn ich nicht durch Dich erfahren hätte, daß die Zwei geheiratet haben, wüßte ich es bis jetzt nicht.  Gestern Abend war ich im Kino und heute Abend werde ich wieder mit dem  Salzmann  zusammentreffen, der für einige Tage hier ist. Er hat mich freundlicherweise gleich aufgesucht, wußte auch von den Vorkommnissen beim Fürsorgeamt zu berichten. Ich denke, daß es doch manches zu erzählen gibt, denn er wußte immer etwas Bescheid, was so bei der Stadt vor sich ging.  Nimm wieder viele und herzliche Grüße und Küsse entgegen für Dich und die Kinder von Deinem Ernst.

Mittwoch, 2. November 2016

Brief 187 vom 1.11.1941


Meine liebe Annie !                                                 1.11.41        

Heute haben wir schon wieder Samstag und Monatswechsel. Wie lange wird es noch dauern, dann ist dieser Monat auch herum und dann geht es stramm auf Weihnachten zu. Doch zuerst einmal herzlichen Dank für Deinen lieben Brief vom 28. Bis auf 3 Zuckerpäckchen hast Du nun soweit alle da. Das ist ja ganz erfreulich. Daß ich da ein Päckchen  noch mit Kaffee dabei hatte, ist mir gar nicht aufgefallen. Das macht ja nichts weiter. Den hast Du ja nun auch mit versorgt.  Die Angelegenheit mit dem Fürsorgeamt ist ja schon eine heikle Sache. Daß in der Stadt nun noch mehr Gerüchte im Umlauf sind und daß die Leute mehr wissen als überhaupt wahr ist, das ist ja eine altbekannte Tatsache. Daß der Meier in irgendeiner Weise mit belastet ist, ist mir ohne weiteres klar, doch es kommt eben immer wieder auf die Zeugen an und darauf, wie es ihm gelingt, sich aus dieser Affäre herauszuziehen. Es wird sich ja dann zeigen, so er dann hinkommt. Wir haben schon so lange warten müssen und haben den Dingen ihren Lauf gehen lassen müssen, so werden wir auch das noch abwarten können.  Mit meinem Rücken ist das wieder soweit in Ordnung. Nur wenn das Wetter sich stark verändert, dann spürt man es noch, doch ich denke, daß sich das auch noch geben wird. Die Lauferei bei Dir wird sich wohl auch wieder gegeben haben. Ich wünsche es Dir jedenfalls, denn ich glaube, daß das schon sehr hinderlich ist. Das Wetter ist ja bei uns auch miserabel. Es hat hier so geregnet, daß die Dächer, die nicht ganz dicht waren, das Wasser durchgelassen haben. So auch bei uns in der Wohnung, da war der ganze Gang durchnäßt. Der Regen hat nun wohl aufgehört, doch nun ist es auch ganz schön kühl geworden. Über allzu viel Hitze haben wir dieses Jahr nicht klagen brauchen. Schnee hatte es ja bei uns auch neulich Abend gegeben. Für diese Jahreszeit ist das auch schon sehr zeitig. Daß der Schweizer Buckel den Schnee schon hält, kann ich mir wohl denken.  Kurt meint nun nach Deinem Schreiben, daß er Mitte November auf Urlaub kommen kann. Wahrscheinlich wird er ja über Paris fahren, denn ich glaube nicht, daß er durch unsere Gegend kommt. Ob ich ihm vorher nochmals schreibe, weiß ich noch nicht genau.  Gestern habe ich Dir noch Deine Hausschuhe eingepackt.  dann habe ich noch 3 große Käse beigelegt. Du wirst sie schon riechen. Ich denke aber, daß sie die Reise bis nach Konstanz aushalten werden. Dann habe ich noch einen Film beigelegt. Du kannst jetzt also wieder knipsen. Die Taschenlampenbatterie habe ich noch nicht vergessen. Ich werde die Sachen so nach und nach besorgen, so wie ich sie hier erhalten kann. Vielleicht langt es mir auch noch für je ein Paar Hausschuhe für Helga und Jörg.
Weiter sende ich Dir heute wieder einige Zeitungen ab. Für Jörg habe ich hier ein schönes Spielzeug gesehen. Es sind so Fliegerkanonen, die man selbst zusammensetzen kann. Es handelt sich um verschiedene Kaliber. Ich denke, daß ihm das sicher Spaß machen würde. Vielleicht lasse ich mir so ein Ding zurücklegen.
Heute wieder recht viele herzliche Grüße und Küsse sendet Dir und den Kinder Dein Ernst

Mein liebstes, bestes Mädel !                                         1.11.41                                  

Ich setze mich gleich heute Abend noch hin, um Dir Deinen lieben Brief vom 28./29.10. zu beantworten, den ich vorhin bekommen habe, und für den ich Dir wiederum recht herzlich danke. Es ist gerade nach dem Abendbrot und im Radio hat soeben das Abendprogramm angefangen. Das Zimmer ist zwar nicht überheizt, denn wir müssen sparen mit unseren Kohlen, denn man weiß noch nicht, wie sich der Winter zeigen wird. Der Auftakt ist ja schon ziemlich vielversprechend. Die Leute, die hier eigentlich richtige Kälte nicht gewohnt sind, hüllen sich schon bis über die Ohren ein. Die Pelze sind schon hervorgeholt worden. Ich habe mir jetzt in diesen Regentagen meinen Mantel angezogen. Den Pullover habe ich immer noch daheim gelassen, denn das wird ja im Büro zu heiß, wenn man den noch an hat. Der Weg bis zur Kommandantur ist ja nicht weit,  etwa 5 - 7 Minuten. Wenn es dann dauernd kalt bleibt, dann kann man ihn schon anziehen. Ich will mich nur nicht verpimpeln, denn man setzt sich dann viel eher einer Erkältung aus. Über Mittag erwärmt es sich meist immer noch ein wenig, so daß es dann schon wieder zuviel werden würde. Morgen wollen wir zwar wenige Kilometer von hier einen Reichsdeutschen besuchen, der uns schon öfter eingeladen hat, da werde ich mir schon meinen Mantel mitnehmen, denn das Wetter ist doch zu unsicher. Du mußt Dich aber mächtig gefreut haben, als Du den Belgrader Sender bekommen hattest. Vor allem, nachdem Du mir am Tag vorher, oder vielmehr am gleichen Tag den Ausschnitt aus der Zeitung mit gesandt hattest über das allabendliche Lied dieses Senders. Ich kann Deine Freude darüber nachfühlen und verstehen.  Es ist manchmal so ein eigenartiges Gefühl der Verbundenheit, wenn man einmal etwas erlebt, wodurch man selbst sicher weiß, der andere hat es auch gern. Manchmal wird man ganz plötzlich durch irgendeine Tatsache erinnert oder man weiß, der andere hat das so und so gemacht oder er liebt das und das Stück.  Die restlichen Päckchen sind nun auch bei Dir angekommen. Inzwischen sind ja wieder zwei Päckchen unterwegs, wie ich Dir ja schon berichtete. Sie werden Dir hoffentlich auch eine Freude machen und Eurer Ernährungsbasis etwas erweitern helfen.  Wie ich schon in meinem vorhergehenden Brief andeutete, habe ich hier für Jörg ein Spielzeug gesehen, das ihm sicher Freude machen wird. Es sind verschiedene Räder und  Rohre und auch Granaten, die er sich selbst zusammenbauen kann. Das Ganze sieht ganz nett aus und ist aus Metall. Wir hatten zwar die Absicht, ihnen kein Spielzeug mehr zu kaufen. Teile mir bitte mit, ob Du meinst, ob ich ihm das kaufen soll.  Am kommenden Donnerstag auf Freitag habe ich wieder OvD. Es ist immer wieder für Abwechslung gesorgt. Vielleicht schreibe ich an diesem Abend wieder einmal an unsere Kinder einen Brief.  Ich denke, daß sie mir deshalb nicht böse sein werden.  Vorgestern hat es wieder einmal Hasenbraten gegeben und wahrscheinlich wird es am Montag wieder welchen geben, denn unser Jäger hat wieder einen strammen Burschen heimgebracht.  Es ist immer eine willkommene Abwechslung, das ändert auch wieder einen eintönigen Speisezettel. Beim letzten Mal haben wir uns noch Salat dazu machen lassen. Das Öl dazu hatte ich organisiert.  das war dann ein ganz gutes Abendessen. In diesem Jahr ist es scheinbar mit den Hasen nicht so wild. Durch Wilddieberei und durch die Schlingensteller kommt der größte Teil der Hasen weg.  Die Jäger müssen dann zusehen, was ihnen gerade noch so vor die Flinte kommt.  Recht viele Grüße und Küsse sende ich Dir für heute wieder. Ebenfalls auch an die Kinder. Ich hoffe, daß sie brav sind und Dir auch richtig folgen.  Dein Ernst.