Sonntag, 18. September 2016

Brief 178 vom 18./19.9.1941


Mein liebstes Mädel !                                                                             18.9.41         

Jetzt ist es nun wieder soweit, daß man heizen muß. Es ist früh am Morgen ziemlich kühl. Gegen Nachmittag wird es dann so einigermaßen ordentlich, daß man sich noch draußen im Freien bewegen kann, ohne daß man friert. Wenn man aber früh in den Dienst geht, muß man schon stramm laufen, damit man nicht so spürt, wie frisch es ist. Im Büro geht es ja, denn da ist die Dampfheizung in Betrieb. Daheim in der Wohnung müssen wir zwar noch für Kohlen sorgen, wenn es einem zu kalt wird, muß man sich eben ins Bett legen, denn Radio habe ich ja. Ich kann es immer wieder feststellen, daß für uns hier das Radio so gut wie unentbehrlich geworden ist. Man braucht es jetzt fast so notwendig wie die anderen Lebensbedürfnisse.  Wie ich Dir gestern schon mitteilte, war hier gestern ein Bier-Abend für sämtliche Offiziere und Unteroffiziere. Es war ganz schön langweilig, aber man muß solche Sachen mitmachen, weil es mit zum Dienst gehört. Für morgen ist zwar hier im kleinen Kreis ein etwas anderer Abend geplant. Unser Doktor hat wieder an einer größeren Jagd teilgenommen und hat für uns 6 Personen, die an dem Abend teilnehmen, 4 Fasanenhähne beiseite getan. Die werden wir uns richtig zubereiten lassen. Das gibt dann wieder ein Pfundsessen. Mit solchen Sachen kann man hier sich den Speisezettel etwas abwechslungsreicher gestalten.  Man muß immer wieder zusehen, wie man zu etwas kommt. Man weiß ja noch nicht, wie sich hier im Winter die Lebensverhältnisse gestalten werden, dann muß man schon etwas vorsorgen, daß man sich ein bißchen Vorrat anfuttert.  Heute schicke ich wieder 4 Päckchen an Dich ab und zwar die Nummern 32/35. Es ist wieder Zucker. Na, hoffentlich wird es Dir nicht zuviel mit dem Zucker. Hast Du nicht auch Bedenken, wegen der Verwendung. Mir geht es jedenfalls fast so.  Einige Zeitungsausschnitte lege ich Dir heute wieder bei. Du siehst, mit diesen Brüdern wird jetzt kurzer Prozeß gemacht. Man kann da nicht mehr länger zusehen. Ich denke, daß sich das mit der Zeit legen wird, wenn dieses Gesindel sieht, daß wir gegen feige Überfälle entsprechende Maßnahmen ergreifen. Ich sende Dir und den Kindern recht herzliche Grüße und viele Küsse. Ich hoffe, daß Du Dich inzwischen wieder erholt hast von Deinem Herzanfall. Sieh Dich bitte vor und mache mir nicht gleich wieder solche Geschichten.  Ich grüße Dich nochmals recht herzlich Dein Ernst

Meine liebe Frau!                                             19.9.41

Heute habe ich so gut wie nichts zu berichten. Ich habe jedenfalls das Gefühl als hätte ich nichts auf Lager. Post habe ich gestern wieder nicht bekommen. Es kann ja sein, daß die Post sich jetzt darauf verlegt, uns nur in der Woche 2 mal unsere Briefe zuzustellen. Ich hoffe also stark, daß ich heute Abend wieder etwas bekomme. Gestern hatte ich hier dienstlich auf dem Rathaus zu tun. Ich hatte Dabei Gelegenheit, mir den alten gotischen Saal anzusehen, der sich noch darin befindet. Mit seiner Holzdecke und der Wandmalerei erinnerte er mich sofort an das Konzil in Konstanz. Leider war er mit vielem unnötigen Kram voll gestellt. Aber immerhin hat dieser Saal einen sehr guten Eindruck hinterlassen.  Mit den Päckchen habe ich ein bißchen Arbeit im Augenblick. Es ist hier ja so, daß die Beschaffung von Bindfaden Schwierigkeiten bereitet. Ich bitte Dich, schicke mir doch einmal von dem alten Bindfaden zurück, dann kann ich hier weiter packen. Für die nächsten Päckchen kann ich noch den verwenden, den ich hier habe.  Abgesehen davon, daß ich heute nicht viel zu berichten habe, so fehlt es mir gegenwärtig auch an der Zeit dazu, Dir noch mehr zu schreiben, da ich noch verschiedenes zu diktieren habe, was auch gemacht werden muß. Nimm bitte heute mit diesen Grüßen vorlieb und sein vielmals geküßt von Deinem Ernst

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