Dienstag, 13. September 2016

Brief 175 vom 10./11.9.1941


Meine liebe Frau !                                                                    10.9.41                     

Ich schreibe Dir gleich heute Abend noch, denn ich habe schon wieder O.v.D., weil ich für unseren Kriegsverwaltungsrat einspringe, der heute für einige Tage nach Berlin gefahren ist. Nun hängt unser ganzer Laden nur an mir alleine. Ich nutze nun die Zeit, um Dir gleich meinen Brief, der sonst ja erst morgen im Laufe des Tages gestartet würde, zu schreiben. Ich möchte Dir erst noch für Deinen Brief vom 6.9. danken, den ich vorhin erhielt. Es tut mir außerordentlich leid, daß ich Dir zu Deinem Geburtstag eine solche Enttäuschung bereiten mußte. Du kannst mir aber glauben, daß ich zur angekündigten Zeit gekommen wäre, wenn es irgendwie möglich gewesen wäre. Ich habe auch schon ziemlich Opposition getrieben, aber ich bin nicht weit damit gekommen.  Dies läßt sich deshalb so schwer machen, weil ich hier mit meinem Chef allein bin und er verläßt sich ganz auf mich ebenso die Kameraden. Ich habe ihm auch gesagt, daß das nicht so weitergeht und daß die anderen Kameraden jetzt laufend ihren Urlaub bekommen und ich sehe nicht ein, daß ich jetzt allein zurückstehen soll. Aber, wie gesagt, es nutzte bis jetzt noch nichts, sondern er sagte, wenn wir etwas ruhigere Tage hier bekommen, dann könnte ich sofort abrücken. Ich habe eben ein Telefongespräch an Dich angemeldet, ich weiß zwar nicht, ob ich durchkommen werde. Ich denke aber, wenn man es öfter versucht, wird es schon einmal klappen. Ich versuche bis zu Webers durchzukommen, für alle Fälle kannst Du ihnen aber einmal Bescheid geben, daß sie Dich holen möchten, wenn ich anrufen sollte. Ich denke, daß die Nummer 309, die ich im Kopf habe, stimmt.  Das wird unserem Jungen eine Freude gewesen sein, als Du ihm gestattet hattest, daß er sich nach seinem Geschmack für seine Soldaten hat Unterstände bauen dürfen. Solches Spielzeug ist ja immer interessanter, was man sich selbst ausdenken und herrichten kann. Ich denke da an meine eigene Kindheit zurück. Ich habe mit meinen Soldaten ja auch gern gespielt. Wir lebten ja auch in der Kriegszeit und wir ließen unserer Phantasie freien Lauf. Da mußten ziemlich Soldaten fallen, aber ein Sturmangriff gehörte immer mit dazu. Dann hatten wir auf unserem Balkon ja einen Blumenkasten. Soweit da nichts angepflanzt war, habe ich mir darin auch Schützengräben gebaut.
Es wiederholt sich alles in etwas veränderter Form bei den Kindern. Aber es ist ja gut, wenn sich die Kinder auf diese Weise beschäftigen können. gerade für so was sind sie einem manchmal mehr dankbar, als wenn es gekaufte sind. Hier steckt doch schon ein bißchen Eigentätigkeit darin, also ein bißchen vom eigenen Ich, und an dem hängen dann schon die Kinder. Sie sind ja stolz, daß sie sich etwas erdacht haben.  Was die Schulaufgaben unseres Jungen anbelangt, so bin ich froh, daß er sie wenigstens ordentlich macht. Es ist nur zu wünschen, daß er in der Schule dann nicht schläft, Damit es ihm nicht passiert, daß er womöglich vergißt, was er machen muß. Bei ihm ist es aber so, daß man ihn bei seiner Ehre packen muß, denn da kommt man ihm meiner Ansicht nach am besten bei. Denn ich glaube, daß er sich vor der Klasse nicht blamieren will.  Ich sende Dir, nachdem wir unseren ersten Nachtfliegeralarm gegeben haben, er wird von uns hier gegeben, werde ich mich ja in die Falle legen. Recht gute Nacht wünsche ich Dir. Ich sende Dir recht viele herzliche Grüße und Küsse Dein Ernst

Mein liebes Mädel!                                                             11.9.41

Gestern hatte ich wieder kein Glück mit dem Telefonieren. Ich konnte nur bis Karlsruhe durchkommen und bis Colmar. Ich werde aber beim nächsten Dienst wiederum versuchen, daß ich weiter komme.
12.9.41
Gestern konnte ich nicht mehr weiterschreiben und nun fange ich gleich heute morgen an. Ich bekam gestern noch einen Abzug eines Bildes von unserem Grubenbesuch, den ich Dir heute mit sende, auf diesem Bild sind alle Grubenarbeiter darauf, die an der Fahrt beteiligt waren. Zur besseren Orientierung will ich Dir gleich mitteilen, daß ich ganz vorne rechts als linker Flügelmann stehe. Es ist ein ganz nettes Erinnerungsbild, wenn ich auch ziemlich muffig in die Gegend sehe. Ich sende Dir außerdem noch einen Durchschlag mit von einem Brief, den ich heute an die Stadt abgeschickt habe. Wenn dies nämlich nicht ganz klar ist, dann stellen die hiesigen Dienststellen X-Fragen und wollen alles Mögliche wissen. Erst wenn das mit der Stadt in Ordnung geht, mache ich hier weiter.  Der Ordnung halber will ich nur noch mitteilen, daß ich von Dir keine Post erhalten habe. Ich kann mich zwar nicht beschweren über die regelmäßige Ankunft der Post, wenn auch einmal ein Tag keine Post kommt, dann wird man an anderen Tagen doppelt entschädigt.  Ich bitte Dich heue noch um Übersendung von einigen Rasierklingen, da die, die ich hier hatte, nunmehr stumpf geworden sind.  Wie kommst Du eigentlich mit Deiner Butter aus. Hast du jetzt immer noch genügend ebenso Eier. Vielleicht kann ich Dir da einiges zuschicken, wenn Du noch etwas brauchen solltest. Den halben Zentner Zucker habe ich nun gekauft und ich werde am Sonntag mich dranmachen, um ihn zu verpacken und dann an Dich auf den Weg zu bringen. Hoffentlich bist Du mir nicht böse, wenn ich Dir Zucker zuschicke. Aber ich weiß ja, in dieser Hinsicht bestanden immer gewisse  Mängelerscheinungen.  Ich sende Dir und unseren Kinder recht viele und herzliche Grüße und ebenso viele Küsse Dein Ernst

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