Sonntag, 18. September 2016

Brief 177 vom 16./17.9.1941


Meine liebe Frau !                                                         16.9.41                  

Von Dir erhielt ich am Samstag den letzen Brief. Von der Stadt bekam ich am Sonntag die Sendung „Das schöne Konstanz.“ Das Heft ist immer ganz nett, und wenn man es liest, kann man sich diese oder jene Sache wieder schön erinnern. Die Bilder machen alles noch plastischer.  Bei uns im Dienst geht wieder alles den alten Gang. Unser Kriegsverwaltungsrat ist von seiner Reise nach Berlin wieder zurückgekehrt. Er brachte auch die Mitteilung mit, daß wir einen weiteren Beamten nach hier bekommen sollen, was für uns schon eine Entlastung bedeuten würde. Man muß nun abwarten, bis wann dieser Mann hier eintrudelt. Hoffentlich ist dieser Mann auch in Ordnung. Denn man macht manchmal ganz seltsame Erfahrungen. Aber auch hier wieder, lassen wir die Dinge an uns herankommen.  Gestern habe ich wieder einmal ganz fett gelebt. Ganz unerwartet hieß es, daß am Abend für sämtliche Mannschaften entweder ein Rebhuhn für einen Mann oder für drei Mann ein Fasan da sei. Das habe ich mir nun nicht entgehen lassen. Ich habe mir also ein Rebhuhn vorgeschnallt. Als ich nach hause kam, hatte unser Sonderführer von seinen geschossenen Fasanen auch noch zubereiten lassen, so daß ich mich bei uns daheim nochmals mit darüber hergemacht habe. Das war zwar etwas viel, aber sehr gut. Man muß die fetten Tage ausnutzen, damit man für die Tage, an denen es magerer zugeht, etwas Zuschuß hat. Anschließend bin ich dann in „Die kleine Nachtmusik“ gegangen. was hier in unserem Kino gespielt wurde. Bedauerlicherweise haben wieder ganze Teile daraus gefehlt. Aber die Musik war ja ganz ausgezeichnet. Man hat dann auf diese Weise auch etwas entschädigen können, wenn man es so nehmen will. Heute früh war es ziemlich frisch. Man wird sehr dran erinnert, daß es nun Herbst ist, obwohl wir sozusagen keinen Sommer gehabt haben. Man friert im Büro ziemlich an den Händen, so daß man langsam an die Heizung denken kann.  Ich sende Dir und unseren Kindern recht viele herzliche Grüße und Küsse. Dein Ernst 

Meine liebe Annie !                                                                   17.9.41

Gestern bekam ich nun gleich 3 Briefe, über die ich mich sehr gefreut habe. Es waren die vom 11., 12. und 13.9. Herzlichen Dank dafür. Wegen der Bluse brauchst Du keine Angst zu haben, denn ich habe sie hier gleich gegen eine Nummer 44 halten lassen, wo ich dann das gleiche feststellen konnte. Sie ist also in Ordnung. Ich hatte erst Bedenken, daß Dir vielleicht die Farbe nicht zusagen würde. Helga kommt ja mit der Schule nicht schlecht weg. Es sind jeden Tag fast nur 2 Stunden Schule. Günstig ist dabei, daß die Schule spätestens um 1 Uhr aus ist. Wenn du keine Kontaktpunkte mit der Elsa hast, so kann ich das ohne weiteres verstehen. Man schreibt sich eben um zu schreiben. Mit Deiner Herzgeschichte hast du mir schon einen ordentlichen Schrecken eingejagt. Ich habe mir schon selbst Vorwürfe gemacht, daß ich Dir schon vorher wegen des Urlaubs so fest geschrieben hatte. Ich selbst hatte mich aber darüber gefreut, daß es wieder einmal soweit ist, daß man hier diesem Zauber für einige Zeit Lebewohl sagen könnte.  Ich kann Dir sagen, daß ich ja auch sehr enttäuscht war, als man mir hier sagte, es geht nicht, sie müssen vorläufig hierbleiben, da sonst der Dienst darunter leidet. Ich hoffe, daß ich Dir nur mit leeren Worten helfen kann und nicht persönlich. Wenn der Arzt aber festgestellt hat, daß sich die Asthmageschichte so ziemlich gelegt hat, so ist das in dieser Hinsicht wenigstens erfreulich.  Wegen des Mantels für Dich will ich nicht erst so spät nachfragen, sondern jetzt. Es ist nun hier einmal so, daß die Preise immer weiter steigen, so daß es eben mit der Zeit immer teurer werden würde. Ich halte es daher für richtig, wenn ich mich schon jetzt danach umtue. Wenn Du auch das Geld jetzt nicht dazu bereit hast, lasse ich ihn mir zurücklegen. Ich glaube aber, daß eine Nummer 44 schon ausreichen würde. Man könnte ihn ja etwas reichlich arbeiten lassen. Wegen der offenen Form hast Du mich richtig verstanden. Du brauchst ja nur an Deinen Pelzmantel zu denken. Er ist doch auch nach meiner Ansicht nicht sehr anliegend. Schreibe mir, ob Dir so was gefallen würde. Die Farbe macht mir zwar noch etwas Sorgen, vielleicht kannst Du mir da noch einen Hinweis geben. Ich muß allerdings zusehen, was ich hier bekomme.  Wegen der Kartoffeln von Webers sieh nur zu, daß Du sie so bald wie möglich hereinbekommst. Was Du im Keller hast, ist Dir dann sicher. Hier sind jedenfalls die Bestimmungen wegen des Kaufes und des Verkaufes von Kartoffeln sehr streng. Im Garten hast Du aber doch noch allerhand Arbeiten. Ich weiß ja, daß immer was zu tun ist, wenn man aus dem Garten etwas herausholen und wenn man ihn in Ordnung halten will. Aber ich muß immer wieder feststellen, daß Du an alles gedacht hast.  Aber ehrlich gesagt, Deine deutsche Langschrift gefällt mir besser. Dies liegt Dir auch viel besser. Es ist ja schön, wie schnell Du Dich gleich umgewöhnt hast. Aber durch die „Normalschrift“ verliert Deine Schrift die persönliche Note. Behalte also bitte Deine andere Schrift wieder bei, wenn Du mir handschriftlich schreibst. Was das Obst hier anbelangt, so sind die Preise für hiesige Verhältnisse auch ziemlich hoch. Die Bevölkerung kann im Großen und Ganzen auch nicht viel Gebrauch von dem angebotenen Obst machen. Die Weintrauben kosten ja hier etwa 30 Pfennig das Pfund, Birnen, die sind zwar Tafelbirnen, kosten auch etwa das gleiche. Pflaumen waren hier billiger, als es welche gab.  Wegen des zu sendenden Geldes gehen wir konform. Ich lasse Dir durch die Frau des Kameraden 25,-RM überweisen, dann geht alles wieder in Ordnung.  Gestern war ich hier wieder einmal im Kino, wo der Film „Der Weg zu Isabell“ gespielt wurde. Es war ein ganz netter Spielfilm mit der Hilde Krahl, die seinerzeit in dem Postmeister-Film mitgespielt hat. Ich glaube jedenfalls, daß ich ihn mit Dir gesehen hatte. Heute, oder an einem der nächsten Abende, sollen wir vom Kommandanten eingeladen werden. Dazu sollen die Unteroffiziere eingeladen sein. Ich warte ja nicht auf derartige Einladungen, denn ich kann mir selbst das kaufen, was ich haben will. Morgen läuft hier im französischen Kino, zwar in deutscher Sprache „Der unsterbliche Walzer“. Es ist also immer wieder einmal etwas los.  Im Fluge vergehen bei diesem Tempo die Wochen.  Heute habe ich das erste Päckchen mit Zucker an Dich auf den Weg gebracht. Hoffentlich überstehen die weiteren, die in der gleichen Weise verpackt sind, die Reise bis zu Dir. Das Päckchen trägt die Nummer 30. Ein weiteres Päckchen mit Käse, das ich Dir gestern nicht mehr ganz fertig bekommen habe und das die Nummer 31 hat, werde ich heute noch fertig machen. In den nächsten Tagen werden also immer wieder Päckchen an Dich hier abrollen. Daß Dir die Käsepäckchen zusagen, freut mich. Vor allem, wenn sie Dir in Bezug auf die Versorgung eine Entlastung bedeuten.  Heute habe ich Dir wieder einmal etwas mehr geschrieben, doch das war ja durch Deine vielen Briefe bedingt. Von diesen mußte eine ganze Masse beantwortet werden. Herzlich grüße ich Dich und ich sende Euch allen recht viele Küsse Dein Ernst.

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