Dienstag, 20. September 2016

Brief 179 vom 20./26.9. und 13.10.1941


Meine liebe Annie !                                                                                     20.9.41

Gestern hatte ich schon einen Brief an Dich angefangen, den ich aber zurückgestellt hatte, weil ich durch die Erfahrung etwas mißtrauisch geworden bin. Bei uns traf gestern ein neuer Beamter ein, der uns jetzt hier zugeteilt ist. Er ist ein Inspektor. Mit seinem Eintreffen bei uns hat sich die Lage insofern verändert, daß ich hier entbehrlicher bin bzw. daß jetzt für mich ein Vertreter da ist. Ich soll nun nächste Woche vielleicht Mittwoch oder Donnerstag in Urlaub fahren. Ich habe absichtlich noch etwas gewartet, weil ich jetzt nicht so der Sache glauben schenke.  Scheinbar ist es aber nun endgültig. Wenn ich jetzt nicht fahren kann, dann muß etwas ganz besonderes dazwischen kommen. Ich hoffe also, daß nichts Unvorhergesehenes eintritt. Ich werde nicht viel mehr weiterschreiben, denn das ist sicher nicht nötig. Vielleicht schicke ich Dir ein Telegramm von der Grenze, wenn es möglich ist. Im anderen Fall trudle ich eben ein, wie es gerade geht. Ich weiß ja nicht, wie die Verbindung ist. Deine Briefe vom 14., 15.  und 16.9 bestätige ich Dir noch, die habe ich gestern erhalten.
Sonst heute recht herzliche und viele Grüße  bis zum Wiedersehen Dein Ernst

Meine liebe Annie !                                                 Konstanz, den 26.9.41

Nachdem ich fast 40 Stunden auf der Bahn war, bin ich heute Mittag hier eingetroffen. Ich war ziemlich abgespannt und mußte sofort vom Tode Deiner lieben Mutter Kenntnis nehmen. Ich bin vorhin noch gleich zur Post gegangen und habe ein Telegramm an Deinen Vater aufgegeben, das ihm sicherlich morgen früh zugestellt wird. Es tut mir außerordentlich leid, daß Deine Mutter nun, für mich jedenfalls unerwartet, von uns gehen mußte. Wenn ihr Leiden aber so schwer war, wie es Dein Vater in der einen Karte schilderte, die ich jetzt vorfand, so wird ihr der Tod vielleicht eine Erlösung gewesen sein. Eines hat mich dabei noch beruhigt, daß Du vor Wochen noch Gelegenheit genommen hattest, Deine Mutter, die Du vorher schon lange nicht mehr gesehen hattest, bei Deinem Besuch in Leipzig nochmals zu sehen.  Ich sitze hier nun an der Stelle, an der Du nun Monate allein gesessen bist und Briefe an mich geschrieben hast. Heute schreibe ich von dieser Stelle aus an Dich, weil Du plötzlich abreisen mußtest.
Ich will Dir den Kopf nicht noch schwer machen, wie es Dir im gegenwärtigen Moment schon sein wird, ich war heute Mittag aber wie vor den Kopf geschlagen, als ich Dich nicht in unserer Wohnung antraf. Obwohl ich einsehe, daß das sehr schwerwiegende Gründe waren, die Dich zu dieser Reise veranlassen, so wirst Du wohl auch verstehen, daß man sich nach diesen Monaten und nach einer solchen Reise gern ausruhen würde, aber davon kann ja jetzt nicht die Rede sein. Ich hoffe, Dich bald wieder hier zu sehen, denn ich habe wenigsten heute nicht Lust, mich über das Maß allein in der Wohnung zu sitzen, wenn Du nicht Da bist. Gewiß, die Kinder sind da und die brauchen auch jemand, aber was soll ich hier alleine, wenn Du nicht da bist.  Ich schreibe Dir keinen Brief weiter, weil ich nicht weiß, wie lange Du Dich in Leipzig aufhältst. Halte den Kopf hoch und komme mir gesund wieder. Grüße bitte Deinen Vater von mir und sage ihm bitte nochmals mein herzlichstes Beileid.  Nochmals Dir, mein liebes Mädel, herzliche Grüße und viele Küsse Dein Ernst

Mein liebes Mädel !                                                                                    Im Zug, 13.10.41

Bald bin ich in Stuttgart  und habe damit die erste Etappe meiner Reise hinter mir. Bevor ich umsteige, möchte ich Dir nochmals für alles, was Du mir während meiner Urlaubstage gegeben hast, recht herzlich danken. Ich will hoffen, daß Dir der Abschied nicht allzu schwer wird. In Petershausen habe ich bei der Vorbeifahrt den Bahnhofsvorstand nochmals begrüßt. Der hat ganz dumm geguckt. Bis jetzt war die Reise ganz gut verlaufen. Ich hoffe, daß es so weitergeht. Ich muß die Karte schon vorher schreiben, damit ich sie in Stuttgart gleich einwerfen kann.  Gib unseren Kindern jedem einen recht herzlichen Kuß und grüße sie vielmals von mir. Du selbst sei recht oft gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.  Ich schreibe sobald als möglich wieder. Für heute genug und Dir und den Kindern eine gute Nacht.

Sonntag, 18. September 2016

Brief 178 vom 18./19.9.1941


Mein liebstes Mädel !                                                                             18.9.41         

Jetzt ist es nun wieder soweit, daß man heizen muß. Es ist früh am Morgen ziemlich kühl. Gegen Nachmittag wird es dann so einigermaßen ordentlich, daß man sich noch draußen im Freien bewegen kann, ohne daß man friert. Wenn man aber früh in den Dienst geht, muß man schon stramm laufen, damit man nicht so spürt, wie frisch es ist. Im Büro geht es ja, denn da ist die Dampfheizung in Betrieb. Daheim in der Wohnung müssen wir zwar noch für Kohlen sorgen, wenn es einem zu kalt wird, muß man sich eben ins Bett legen, denn Radio habe ich ja. Ich kann es immer wieder feststellen, daß für uns hier das Radio so gut wie unentbehrlich geworden ist. Man braucht es jetzt fast so notwendig wie die anderen Lebensbedürfnisse.  Wie ich Dir gestern schon mitteilte, war hier gestern ein Bier-Abend für sämtliche Offiziere und Unteroffiziere. Es war ganz schön langweilig, aber man muß solche Sachen mitmachen, weil es mit zum Dienst gehört. Für morgen ist zwar hier im kleinen Kreis ein etwas anderer Abend geplant. Unser Doktor hat wieder an einer größeren Jagd teilgenommen und hat für uns 6 Personen, die an dem Abend teilnehmen, 4 Fasanenhähne beiseite getan. Die werden wir uns richtig zubereiten lassen. Das gibt dann wieder ein Pfundsessen. Mit solchen Sachen kann man hier sich den Speisezettel etwas abwechslungsreicher gestalten.  Man muß immer wieder zusehen, wie man zu etwas kommt. Man weiß ja noch nicht, wie sich hier im Winter die Lebensverhältnisse gestalten werden, dann muß man schon etwas vorsorgen, daß man sich ein bißchen Vorrat anfuttert.  Heute schicke ich wieder 4 Päckchen an Dich ab und zwar die Nummern 32/35. Es ist wieder Zucker. Na, hoffentlich wird es Dir nicht zuviel mit dem Zucker. Hast Du nicht auch Bedenken, wegen der Verwendung. Mir geht es jedenfalls fast so.  Einige Zeitungsausschnitte lege ich Dir heute wieder bei. Du siehst, mit diesen Brüdern wird jetzt kurzer Prozeß gemacht. Man kann da nicht mehr länger zusehen. Ich denke, daß sich das mit der Zeit legen wird, wenn dieses Gesindel sieht, daß wir gegen feige Überfälle entsprechende Maßnahmen ergreifen. Ich sende Dir und den Kindern recht herzliche Grüße und viele Küsse. Ich hoffe, daß Du Dich inzwischen wieder erholt hast von Deinem Herzanfall. Sieh Dich bitte vor und mache mir nicht gleich wieder solche Geschichten.  Ich grüße Dich nochmals recht herzlich Dein Ernst

Meine liebe Frau!                                             19.9.41

Heute habe ich so gut wie nichts zu berichten. Ich habe jedenfalls das Gefühl als hätte ich nichts auf Lager. Post habe ich gestern wieder nicht bekommen. Es kann ja sein, daß die Post sich jetzt darauf verlegt, uns nur in der Woche 2 mal unsere Briefe zuzustellen. Ich hoffe also stark, daß ich heute Abend wieder etwas bekomme. Gestern hatte ich hier dienstlich auf dem Rathaus zu tun. Ich hatte Dabei Gelegenheit, mir den alten gotischen Saal anzusehen, der sich noch darin befindet. Mit seiner Holzdecke und der Wandmalerei erinnerte er mich sofort an das Konzil in Konstanz. Leider war er mit vielem unnötigen Kram voll gestellt. Aber immerhin hat dieser Saal einen sehr guten Eindruck hinterlassen.  Mit den Päckchen habe ich ein bißchen Arbeit im Augenblick. Es ist hier ja so, daß die Beschaffung von Bindfaden Schwierigkeiten bereitet. Ich bitte Dich, schicke mir doch einmal von dem alten Bindfaden zurück, dann kann ich hier weiter packen. Für die nächsten Päckchen kann ich noch den verwenden, den ich hier habe.  Abgesehen davon, daß ich heute nicht viel zu berichten habe, so fehlt es mir gegenwärtig auch an der Zeit dazu, Dir noch mehr zu schreiben, da ich noch verschiedenes zu diktieren habe, was auch gemacht werden muß. Nimm bitte heute mit diesen Grüßen vorlieb und sein vielmals geküßt von Deinem Ernst

Brief 177 vom 16./17.9.1941


Meine liebe Frau !                                                         16.9.41                  

Von Dir erhielt ich am Samstag den letzen Brief. Von der Stadt bekam ich am Sonntag die Sendung „Das schöne Konstanz.“ Das Heft ist immer ganz nett, und wenn man es liest, kann man sich diese oder jene Sache wieder schön erinnern. Die Bilder machen alles noch plastischer.  Bei uns im Dienst geht wieder alles den alten Gang. Unser Kriegsverwaltungsrat ist von seiner Reise nach Berlin wieder zurückgekehrt. Er brachte auch die Mitteilung mit, daß wir einen weiteren Beamten nach hier bekommen sollen, was für uns schon eine Entlastung bedeuten würde. Man muß nun abwarten, bis wann dieser Mann hier eintrudelt. Hoffentlich ist dieser Mann auch in Ordnung. Denn man macht manchmal ganz seltsame Erfahrungen. Aber auch hier wieder, lassen wir die Dinge an uns herankommen.  Gestern habe ich wieder einmal ganz fett gelebt. Ganz unerwartet hieß es, daß am Abend für sämtliche Mannschaften entweder ein Rebhuhn für einen Mann oder für drei Mann ein Fasan da sei. Das habe ich mir nun nicht entgehen lassen. Ich habe mir also ein Rebhuhn vorgeschnallt. Als ich nach hause kam, hatte unser Sonderführer von seinen geschossenen Fasanen auch noch zubereiten lassen, so daß ich mich bei uns daheim nochmals mit darüber hergemacht habe. Das war zwar etwas viel, aber sehr gut. Man muß die fetten Tage ausnutzen, damit man für die Tage, an denen es magerer zugeht, etwas Zuschuß hat. Anschließend bin ich dann in „Die kleine Nachtmusik“ gegangen. was hier in unserem Kino gespielt wurde. Bedauerlicherweise haben wieder ganze Teile daraus gefehlt. Aber die Musik war ja ganz ausgezeichnet. Man hat dann auf diese Weise auch etwas entschädigen können, wenn man es so nehmen will. Heute früh war es ziemlich frisch. Man wird sehr dran erinnert, daß es nun Herbst ist, obwohl wir sozusagen keinen Sommer gehabt haben. Man friert im Büro ziemlich an den Händen, so daß man langsam an die Heizung denken kann.  Ich sende Dir und unseren Kindern recht viele herzliche Grüße und Küsse. Dein Ernst 

Meine liebe Annie !                                                                   17.9.41

Gestern bekam ich nun gleich 3 Briefe, über die ich mich sehr gefreut habe. Es waren die vom 11., 12. und 13.9. Herzlichen Dank dafür. Wegen der Bluse brauchst Du keine Angst zu haben, denn ich habe sie hier gleich gegen eine Nummer 44 halten lassen, wo ich dann das gleiche feststellen konnte. Sie ist also in Ordnung. Ich hatte erst Bedenken, daß Dir vielleicht die Farbe nicht zusagen würde. Helga kommt ja mit der Schule nicht schlecht weg. Es sind jeden Tag fast nur 2 Stunden Schule. Günstig ist dabei, daß die Schule spätestens um 1 Uhr aus ist. Wenn du keine Kontaktpunkte mit der Elsa hast, so kann ich das ohne weiteres verstehen. Man schreibt sich eben um zu schreiben. Mit Deiner Herzgeschichte hast du mir schon einen ordentlichen Schrecken eingejagt. Ich habe mir schon selbst Vorwürfe gemacht, daß ich Dir schon vorher wegen des Urlaubs so fest geschrieben hatte. Ich selbst hatte mich aber darüber gefreut, daß es wieder einmal soweit ist, daß man hier diesem Zauber für einige Zeit Lebewohl sagen könnte.  Ich kann Dir sagen, daß ich ja auch sehr enttäuscht war, als man mir hier sagte, es geht nicht, sie müssen vorläufig hierbleiben, da sonst der Dienst darunter leidet. Ich hoffe, daß ich Dir nur mit leeren Worten helfen kann und nicht persönlich. Wenn der Arzt aber festgestellt hat, daß sich die Asthmageschichte so ziemlich gelegt hat, so ist das in dieser Hinsicht wenigstens erfreulich.  Wegen des Mantels für Dich will ich nicht erst so spät nachfragen, sondern jetzt. Es ist nun hier einmal so, daß die Preise immer weiter steigen, so daß es eben mit der Zeit immer teurer werden würde. Ich halte es daher für richtig, wenn ich mich schon jetzt danach umtue. Wenn Du auch das Geld jetzt nicht dazu bereit hast, lasse ich ihn mir zurücklegen. Ich glaube aber, daß eine Nummer 44 schon ausreichen würde. Man könnte ihn ja etwas reichlich arbeiten lassen. Wegen der offenen Form hast Du mich richtig verstanden. Du brauchst ja nur an Deinen Pelzmantel zu denken. Er ist doch auch nach meiner Ansicht nicht sehr anliegend. Schreibe mir, ob Dir so was gefallen würde. Die Farbe macht mir zwar noch etwas Sorgen, vielleicht kannst Du mir da noch einen Hinweis geben. Ich muß allerdings zusehen, was ich hier bekomme.  Wegen der Kartoffeln von Webers sieh nur zu, daß Du sie so bald wie möglich hereinbekommst. Was Du im Keller hast, ist Dir dann sicher. Hier sind jedenfalls die Bestimmungen wegen des Kaufes und des Verkaufes von Kartoffeln sehr streng. Im Garten hast Du aber doch noch allerhand Arbeiten. Ich weiß ja, daß immer was zu tun ist, wenn man aus dem Garten etwas herausholen und wenn man ihn in Ordnung halten will. Aber ich muß immer wieder feststellen, daß Du an alles gedacht hast.  Aber ehrlich gesagt, Deine deutsche Langschrift gefällt mir besser. Dies liegt Dir auch viel besser. Es ist ja schön, wie schnell Du Dich gleich umgewöhnt hast. Aber durch die „Normalschrift“ verliert Deine Schrift die persönliche Note. Behalte also bitte Deine andere Schrift wieder bei, wenn Du mir handschriftlich schreibst. Was das Obst hier anbelangt, so sind die Preise für hiesige Verhältnisse auch ziemlich hoch. Die Bevölkerung kann im Großen und Ganzen auch nicht viel Gebrauch von dem angebotenen Obst machen. Die Weintrauben kosten ja hier etwa 30 Pfennig das Pfund, Birnen, die sind zwar Tafelbirnen, kosten auch etwa das gleiche. Pflaumen waren hier billiger, als es welche gab.  Wegen des zu sendenden Geldes gehen wir konform. Ich lasse Dir durch die Frau des Kameraden 25,-RM überweisen, dann geht alles wieder in Ordnung.  Gestern war ich hier wieder einmal im Kino, wo der Film „Der Weg zu Isabell“ gespielt wurde. Es war ein ganz netter Spielfilm mit der Hilde Krahl, die seinerzeit in dem Postmeister-Film mitgespielt hat. Ich glaube jedenfalls, daß ich ihn mit Dir gesehen hatte. Heute, oder an einem der nächsten Abende, sollen wir vom Kommandanten eingeladen werden. Dazu sollen die Unteroffiziere eingeladen sein. Ich warte ja nicht auf derartige Einladungen, denn ich kann mir selbst das kaufen, was ich haben will. Morgen läuft hier im französischen Kino, zwar in deutscher Sprache „Der unsterbliche Walzer“. Es ist also immer wieder einmal etwas los.  Im Fluge vergehen bei diesem Tempo die Wochen.  Heute habe ich das erste Päckchen mit Zucker an Dich auf den Weg gebracht. Hoffentlich überstehen die weiteren, die in der gleichen Weise verpackt sind, die Reise bis zu Dir. Das Päckchen trägt die Nummer 30. Ein weiteres Päckchen mit Käse, das ich Dir gestern nicht mehr ganz fertig bekommen habe und das die Nummer 31 hat, werde ich heute noch fertig machen. In den nächsten Tagen werden also immer wieder Päckchen an Dich hier abrollen. Daß Dir die Käsepäckchen zusagen, freut mich. Vor allem, wenn sie Dir in Bezug auf die Versorgung eine Entlastung bedeuten.  Heute habe ich Dir wieder einmal etwas mehr geschrieben, doch das war ja durch Deine vielen Briefe bedingt. Von diesen mußte eine ganze Masse beantwortet werden. Herzlich grüße ich Dich und ich sende Euch allen recht viele Küsse Dein Ernst.

Dienstag, 13. September 2016

Brief 176 vom 13./14.9.1941


Mein liebes Mädel !                                                        13.9.41         

Recht herzlichen Dank für Deine beiden Schreiben vom 7. und 8.9. Ich habe sie gestern erhalten. Deinen Geburtstag habe ich ja ziemlich ruhig verbracht. Das war recht, daß Ihr an diesem Tag noch etwas unternommen habt. Warum seid Ihr, als das Gewitter kam, nicht in ein Café gegangen. Läßt sich das bei Deinem jetzigen Vermögensstand nicht  machen, daß Du in solchen Fällen einmal einkehren kannst. Ich will Dir nur mitteilen, daß ich dagegen nichts einzuwenden habe, wenn Ihr Euch in dieser Beziehung einmal etwas leistet. Wenn also der Film „Stukas“ hierher kommt, dann werde ich ihn mir auch ansehen. Am vergangenen Dienstag war ich hier auch im Kino. Es wurde gespielt „Frauen im Vorzimmer“. Das war ein schlechter Film, doch ist auch der Inhalt nicht gerade überragend. So ein leichter Spielfilm. Man will ja meist auch weiter nichts, als sich unterhalten und der Zweck ist dann wohl auch erreicht. In der Gartenarbeit ist jetzt also eine Ruhepause eingetreten. Die kannst Du sicher gut gebrauchen, denn es ist wohl eine ziemliche Anspannung auf Dauer. Wenn Helga denkt, daß sie viel geschrieben hat, so stimmt das durchaus für ihre Begriffe, denn man kann von ihr ja nicht soviel verlangen. Ich freue mich auch, wenn es nur ein paar Zeilen sind. Originell war ja ihr letzter Brief, als sie schrieb, mit der Maschine machte man nicht soviel Kleckse. Ich habe doch so für mich lachen müssen. Es ist doch richtig kindlich die Art. Wenn beide wieder einmal Lust haben, denn ich bin nicht für das Gezwungene, sollen sie nur wieder etwas von sich hören lassen.  Mit Vaters Besuch beim Arbeitsamt und den nun daraus entstandenen Folgen ist es ja interessant. Ich bin gespannt, was sich nun entwickelt. Wenn sich die Kinder über das Obst hermachen, dann ist das ja ganz in Ordnung. Es ist aber bei Euch scheinbar so, daß nicht viel zu bekommen ist. Gut ist ja dabei, daß man einen Garten hat und dort verschiedenes ernten kann.  Gestern bekam ich wieder einen Brief von der Stadt. Es wurde mir bestätigt, daß meine Bezüge sich monatlich auf 188.94 errechnen. Dazu wird mir eine Ausgleichszulage von    66,74 gewährt. So daß ich als volles Gehalt wieder meine   255,68 bekomme.
Diesen Begriff Ausgleichszulage hat man nur gewählt, um irgendwie zu begründen. Man sieht aber, wie man auch da wieder etwas schaukeln kann. Dazu kommen dann selbstverständlich noch die Kinderzuschläge. Mein Gehaltsdienstalter ist ab 25.4. 1939 festgelegt.  Heute habe ich wieder ein Päckchen an Dich auf den Weg geschickt. Es ist das große Stück Leder. Ich hoffe, daß es gut ankommt. Denn das ist ein Artikel, den man sehr notwendig gebrauchen kann. Das Päckchen hat die Nummer 28. Heute und morgen werde ich wieder weitere fertigmachen.  Ich sende Dir recht herzliche Grüße und ebenso viele Küsse den Kindern ebenfalls Dein Ernst
Meine liebe kleine Annie!                                                   14.9.41

Vielen Dank für Deinen lieben Brief vom 9.9., in dem Du auch den Eingang meines Päckchens für Helga bestätigst. Du findest die Strümpfe fein. Ja wenn Du meinst, Du brauchst noch welche, so kann ich hier schon noch welche ohne Bezugsschein bekommen. Das Paar kostet zwar auch gegen 2,-RM. Das größere Paar ist ja für Helga und das andere für Jörg bestimmt. Ich glaube, daß sie ziemlich haltbar sind. Gestern habe ich hier in einem Geschäft einen Regenmantel gesehen, wie ich ihn Dir letztes Jahr mitgebracht hatte. Weiß Du, was der jetzt hier kostet? Du wirst Dich wundern wie ich auch. 30,-RM. Ich habe doch für Deinen etwa die Hälfte bezahlt. In der Ausführung und wahrscheinlich in der Qualität ist Deiner sicher noch besser. Da kannst Du erst einmal sehen, wie sich die Verhältnisse in Bezug auf die Preise geändert haben.  Jörg hat ja wieder viel zu diktieren gehabt. Ich freue mich aber; vor allem über seine Art, wie er es schildert. Sein Selbstbewußtsein ist dann ja ziemlich gestiegen, wenn er schon die Tafel abstauben darf. Daß die Kreide aber so staubt, das muß man ja unbedingt abstellen. Kann er denn nicht den Staub vorher ein bißchen naß machen? Seine Schilderung ist aber ganz nett.  Helga hat sich ja auch wieder angestrengt, und ich muß ihr wie Jörg auch, für den Brief danken. Die Bonbons haben ihr geschmeckt. Ich dachte erst, ich schicke gar keine mehr, weil sie doch schon keine Schokolade essen. Weil nun Bonbons nicht so gut sind wie Schokolade, wollte ich diese hier behalten. Auf einmal essen sie unsere Schlawiner. Das Maschinenschreiben macht ihr wohl Spaß. Mir ist es aber fast lieber, wenn sie mit der Hand schreibt, auch wenn sie Kleckse macht. Ich nehme es ihr aber auch nicht krumm, wenn sie sich auch einmal an die Maschine macht. Ich denke aber, daß es auch für sie besser ist, wenn sie mit der Hand schreibt. Beiden werde ich bald wieder einmal persönlich antworten.  Gestern Nachmittag habe ich wiederum vergeblich versucht, Dich telefonisch zu erreichen. Ich habe aber die feste Überzeugung, daß ich doch einmal durchkomme. Ich habe, wie ich Dir ja gestern schon geschrieben habe, das Päckchen Nr. 28 mit einem großen Stück Leder an Dich ab gesandt. Ich hatte nun noch ein kleineres, vor allem dünneres Leder hier, das habe ich heute im Päckchen Nr. 29 an Dich ab gesandt. Hoffentlich kommt es in Deine Hände. Man ist immer etwas mißtrauisch und macht sich auch immer Gedanken, solange die Sachen unterwegs sind. Du siehst doch daraus, daß die Nummern laufend eingehen. Ich erhielt gestern auch meinen Zucker. Es sind 50 Pfund. Ich habe mich am Nachmittag gleich darüber hergemacht und das Zeug verpackt. Das war keine kleine Arbeit. Ich habe mir hier kleine Kartons erstanden, in denen sonst normalerweise Erbsen verpackt werden. Ich kam mir vor wie ein Tütenkleber, denn ich mußte etwas über 50 selbe Kartons kleben, füllen und fertigmachen. Nun kommt noch der zweite Arbeitsgang, die weitere Verpackerei. Es macht mir Spaß, Dir damit eine Freude zu bereiten. Ich weiß ja, welchen Wert Zucker bei uns in der Familie immer besessen hat. Ich werde dann in der nächsten Zeit jeden Tag einige Päckchen absenden, damit nicht alles auf einmal kommt. Ich möchte die Post nicht unbedingt mehr belasten als notwendig ist. Du mußt aber in den nächsten Wochen immer etwas Porto bereithalten. Du brauchst doch auch nur 20 Pfennig bezahlen oder hast Du schon mehr zahlen müssen. Ich denke, daß ich vielleicht später noch einmal Zucker kaufen werde. Ich will aber erst diesen an Dich heimbefördert haben, bevor ich an neue Taten herangehe. 
Morgen werden hier oder besser gesagt in Lille fünf Geiseln erschossen, weil zwei Sprengstoffanschläge auf Fronturlauberzüge verübt worden waren. Ja man muß jetzt schon durchgreifen.  Übrigens seit einigen Tagen habe ich hier von einem Kameraden einen Revolver zur Verfügung gestellt bekommen. Jetzt brauche ich doch wenigstens nicht ganz unbewaffnet herumzulaufen. Wichtig ist ja noch dabei, man weiß jetzt wenigstens bei mir, was vorn und was hinten ist. Es ist schon ein anderes Gefühl, wenn man eine Waffe bei sich trägt, als wenn man, wie bisher, immer ohne herum gelaufen ist.  Ich habe nun noch an Deine Eltern und an Kurt geschrieben. Meine Briefschulden bin ich wieder so ziemlich los.  Ich merke gerade, daß ich vergessen hatte, Dir zu schreiben, daß ich hier wieder Schritte unternommen habe, um den Führerschein zu machen. Hoffentlich erweist es sich nicht auch wieder als ein Trugschluß. Die Durchschläge meiner Schreiben habe ich wieder beigelegt zu Deiner Kenntnisnahme. Ich grüße recht herzlich und sende Dir und den Kindern recht viele Küsse Dein Ernst. 

Brief 175 vom 10./11.9.1941


Meine liebe Frau !                                                                    10.9.41                     

Ich schreibe Dir gleich heute Abend noch, denn ich habe schon wieder O.v.D., weil ich für unseren Kriegsverwaltungsrat einspringe, der heute für einige Tage nach Berlin gefahren ist. Nun hängt unser ganzer Laden nur an mir alleine. Ich nutze nun die Zeit, um Dir gleich meinen Brief, der sonst ja erst morgen im Laufe des Tages gestartet würde, zu schreiben. Ich möchte Dir erst noch für Deinen Brief vom 6.9. danken, den ich vorhin erhielt. Es tut mir außerordentlich leid, daß ich Dir zu Deinem Geburtstag eine solche Enttäuschung bereiten mußte. Du kannst mir aber glauben, daß ich zur angekündigten Zeit gekommen wäre, wenn es irgendwie möglich gewesen wäre. Ich habe auch schon ziemlich Opposition getrieben, aber ich bin nicht weit damit gekommen.  Dies läßt sich deshalb so schwer machen, weil ich hier mit meinem Chef allein bin und er verläßt sich ganz auf mich ebenso die Kameraden. Ich habe ihm auch gesagt, daß das nicht so weitergeht und daß die anderen Kameraden jetzt laufend ihren Urlaub bekommen und ich sehe nicht ein, daß ich jetzt allein zurückstehen soll. Aber, wie gesagt, es nutzte bis jetzt noch nichts, sondern er sagte, wenn wir etwas ruhigere Tage hier bekommen, dann könnte ich sofort abrücken. Ich habe eben ein Telefongespräch an Dich angemeldet, ich weiß zwar nicht, ob ich durchkommen werde. Ich denke aber, wenn man es öfter versucht, wird es schon einmal klappen. Ich versuche bis zu Webers durchzukommen, für alle Fälle kannst Du ihnen aber einmal Bescheid geben, daß sie Dich holen möchten, wenn ich anrufen sollte. Ich denke, daß die Nummer 309, die ich im Kopf habe, stimmt.  Das wird unserem Jungen eine Freude gewesen sein, als Du ihm gestattet hattest, daß er sich nach seinem Geschmack für seine Soldaten hat Unterstände bauen dürfen. Solches Spielzeug ist ja immer interessanter, was man sich selbst ausdenken und herrichten kann. Ich denke da an meine eigene Kindheit zurück. Ich habe mit meinen Soldaten ja auch gern gespielt. Wir lebten ja auch in der Kriegszeit und wir ließen unserer Phantasie freien Lauf. Da mußten ziemlich Soldaten fallen, aber ein Sturmangriff gehörte immer mit dazu. Dann hatten wir auf unserem Balkon ja einen Blumenkasten. Soweit da nichts angepflanzt war, habe ich mir darin auch Schützengräben gebaut.
Es wiederholt sich alles in etwas veränderter Form bei den Kindern. Aber es ist ja gut, wenn sich die Kinder auf diese Weise beschäftigen können. gerade für so was sind sie einem manchmal mehr dankbar, als wenn es gekaufte sind. Hier steckt doch schon ein bißchen Eigentätigkeit darin, also ein bißchen vom eigenen Ich, und an dem hängen dann schon die Kinder. Sie sind ja stolz, daß sie sich etwas erdacht haben.  Was die Schulaufgaben unseres Jungen anbelangt, so bin ich froh, daß er sie wenigstens ordentlich macht. Es ist nur zu wünschen, daß er in der Schule dann nicht schläft, Damit es ihm nicht passiert, daß er womöglich vergißt, was er machen muß. Bei ihm ist es aber so, daß man ihn bei seiner Ehre packen muß, denn da kommt man ihm meiner Ansicht nach am besten bei. Denn ich glaube, daß er sich vor der Klasse nicht blamieren will.  Ich sende Dir, nachdem wir unseren ersten Nachtfliegeralarm gegeben haben, er wird von uns hier gegeben, werde ich mich ja in die Falle legen. Recht gute Nacht wünsche ich Dir. Ich sende Dir recht viele herzliche Grüße und Küsse Dein Ernst

Mein liebes Mädel!                                                             11.9.41

Gestern hatte ich wieder kein Glück mit dem Telefonieren. Ich konnte nur bis Karlsruhe durchkommen und bis Colmar. Ich werde aber beim nächsten Dienst wiederum versuchen, daß ich weiter komme.
12.9.41
Gestern konnte ich nicht mehr weiterschreiben und nun fange ich gleich heute morgen an. Ich bekam gestern noch einen Abzug eines Bildes von unserem Grubenbesuch, den ich Dir heute mit sende, auf diesem Bild sind alle Grubenarbeiter darauf, die an der Fahrt beteiligt waren. Zur besseren Orientierung will ich Dir gleich mitteilen, daß ich ganz vorne rechts als linker Flügelmann stehe. Es ist ein ganz nettes Erinnerungsbild, wenn ich auch ziemlich muffig in die Gegend sehe. Ich sende Dir außerdem noch einen Durchschlag mit von einem Brief, den ich heute an die Stadt abgeschickt habe. Wenn dies nämlich nicht ganz klar ist, dann stellen die hiesigen Dienststellen X-Fragen und wollen alles Mögliche wissen. Erst wenn das mit der Stadt in Ordnung geht, mache ich hier weiter.  Der Ordnung halber will ich nur noch mitteilen, daß ich von Dir keine Post erhalten habe. Ich kann mich zwar nicht beschweren über die regelmäßige Ankunft der Post, wenn auch einmal ein Tag keine Post kommt, dann wird man an anderen Tagen doppelt entschädigt.  Ich bitte Dich heue noch um Übersendung von einigen Rasierklingen, da die, die ich hier hatte, nunmehr stumpf geworden sind.  Wie kommst Du eigentlich mit Deiner Butter aus. Hast du jetzt immer noch genügend ebenso Eier. Vielleicht kann ich Dir da einiges zuschicken, wenn Du noch etwas brauchen solltest. Den halben Zentner Zucker habe ich nun gekauft und ich werde am Sonntag mich dranmachen, um ihn zu verpacken und dann an Dich auf den Weg zu bringen. Hoffentlich bist Du mir nicht böse, wenn ich Dir Zucker zuschicke. Aber ich weiß ja, in dieser Hinsicht bestanden immer gewisse  Mängelerscheinungen.  Ich sende Dir und unseren Kinder recht viele und herzliche Grüße und ebenso viele Küsse Dein Ernst

Sonntag, 11. September 2016

Brief 174 vom 9./10.9.1941


Meine liebe Annie !                                                        9.9.41                        


Gestern bin ich nicht dazu gekommen, Dir zu schreiben, darum will ich Dir gleich heute früh auf Deine beiden Briefe vom 3.  und 4., die ich gestern und vorgestern erhielt, bestens danken.  Da war also bei Euch wieder einmal Fliegeralarm. Ja das gehört bei uns so mit zum Tagesprogramm, mindestens einmal am Tag Alarm zu haben. Manchmal passiert das drei Mal am Tag. Man macht sich fast nichts mehr daraus. Erstens besteht kein Zwang, daß die Leute die Luftschutzkeller aufsuchen müssen. Zweitens ist der Name Luftschutzkeller nur ein Begriff, denn es sind ja keine vorhanden.  Darum bleibt es also mehr oder weniger beim Alarm. Nach Deiner Mitteilung kommt ja Helga nicht schlecht weg zu ihrem Geburtstag.  Sie hat ihn ja bereits hinter sich wie Du nun auch. Ich kann mir ihre Spannung und auch ihre Vorfreude gut vorstellen. Das Bild hat Dir also gefallen, welches ich Dir von mir gesandt habe. Es ist nicht schlecht getroffen, glaube ich. Es sieht zwar sehr nach, ja wie soll man da gleich sagen, nach Urlaub sieht es aus. Der tropische Hintergrund täuscht eigentlich mehr vor, so daß es auf dem Bild schöner aussieht, als es in der Wirklichkeit ist. Ein bißchen Afrika haben wir zwar bei unserem Garten. Es sind immerhin etwa 8 Palmen, und da sind ganz stattliche Dinger von bis zu zweieinhalb Meter dabei. Es freut mich, daß das Bild gut angekommen ist und daß Du Gefallen dran hast.  Wegen eines Mantels für Dich habe ich auch das gleiche gedacht wie Du. Ich würde mich hier dann deswegen umsehen. Ich möchte aber gern noch wissen, was so ein Ding bei uns daheim kostet. Ich glaube, daß Größe 44 dann am besten wäre. Vielleicht hast Du gar etwas bestimmtes, was Du haben möchtest. Ich habe Dir ja auch nur Vorschläge gemacht und ich habe gedacht, daß Du Dich dann schon dazu äußern würdest.  Gestern wurde mir nun die Urkunde zur Ernennung zum Stadtassistenten durch den Kommandanten ausgehändigt. Diese Urkunde ist aber am 1.September ausgestellt und sie enthält keinen Hinweis, daß dies rückwirkend ab 25. April Gültigkeit hat. Ich werde nun nochmals an die Stadt schreiben müssen. Ich bitte Dich aber auf alle Fälle, mir das Originalschreiben vom 30.7. zu übersenden.  Hier werde ich dann die weiteren Schritte wegen meiner Beförderung unternehmen und an die Stadt werde ich nochmals wegen Richtigstellung bzw. um Bestätigung schreiben. Eine Vereidigung ist hier nicht erfolgt, sondern ich habe die Bescheinigung unterschrieben, daß der von mir geleistete Treueeid ebenso für den Beamteneid gilt.  Für heute sende ich Dir recht herzliche Grüße und viele Küsse Dein Ernst.
Meine liebe Frau !                                         10.9.41

Die Nächte werden jetzt nun schon ziemlich kühl und man merkt, daß es recht stramm auf den Herbst zugeht. Sowie die Sonne weg ist, spürt man sofort ein Nachlassen der Wärme, obschon es am Tage nicht mehr übermäßig warm wird. Ja es wird ratsam sein, daß man sich langsam auf den Winter vorbereitet. Daß der Herbst eingetreten ist, merkt man schon daran, daß es jetzt ziemlich reichlich Früchte gibt. Ich halte mich meist an die Weintrauben.  Die sind verhältnismäßig billig, sie kosten 25 Pfennig das Pfund.  Abends halte ich mich an die Tomaten, denn man muß sich doch an die Früchte halten, solange es jetzt welche gibt. Vorgestern habe ich zum ersten Mal auch etwas gegessen, was ich zwar schon länger hätte leisten können, aber ich habe es bis jetzt immer unterlassen. Denke einmal an, ich habe Austern gegessen. Sie sind ja nicht so teuer. Das Dutzend kostet je nach Qualität 30 bis 60 Pfennig. Ich finde, daß man das Zeug schon essen kann. Hinsehen soll man dabei zwar nicht. Man muß dann entsprechend Zitronensaft darauf machen, aber das sind alles Nebenerscheinungen. Da staunst Du, an was man sich hier alles gewöhnt, aber ich denke, daß man auch solche Sachen einmal probieren muß, um mitreden zu können, vor allem, wo es einem günstig geboten wird. Übrigens muß in den nächsten Tagen der Zucker bei mir anrollen, ich hatte doch 25 kg bestellt. Sobald ich ihn habe, werde ich Päckchen fertig machen.  Käse habe ich auch wieder für Euch erstanden. Hoffentlich wird es Euch nicht zuviel, wenn ich soviel Käse schicke. Ich denke aber, daß es Dir und den Kindern eine willkommene Abwechslung sein wird. Ich werde dieser Tage hier einmal eine Melone für Euch erstehen und Euch dieses versuchshalber übersenden. Ich weiß zwar nicht, ob Euch diese schmecken wird. Wenn ich nun schon vom Essen erzähle, dann will ich Dir nur noch sagen, daß ich gestern Abend außer Rebhuhn noch Fasan gegessen habe. Das ist aber wirklich ein zartes Fleisch und schmeckt ganz fabelhaft. Um die Esserei voll zu machen, will ich noch mitteilen, daß ich das Päckchen 27 mit Käse auf den Weg gebracht habe.  Gestern bekam ich Deinen Brief vom 5. Ich habe mich über den Brief, sowie über das mit gesandte Bild von den Kindern aus Leipzig sehr gefreut. Ich danke Dir für beides recht herzlich. Helga ist an ihrem Geburtstag ja nicht schlecht weggekommen. das war für unsere Kinder selbstverständlich ein Vergnügen, ohne Anweisung etwas selbständig kaufen zu können. Denn das bedeutet doch für die beiden Stromer eine Freude, für Dich einmal etwas tun zu können. Aber wie ich so feststellen muß, haben sie sich ziemlich unabhängig gemacht. Ich habe mir gerade beim Betrachten des Bildes so Gedanken gemacht, wie hilflos sie noch vor einigen Jahren waren und mit der Zeit entgleiten sie einem ganz unversehens.  Dir und den Kindern sende ich viele herzliche Grüße und Küsse. Nimm Du selbst recht herzliche Grüße und Küsse entgegen von Deinem Ernst.  An Vater richte doch bitte aus, daß ich seine Schuhe schon längst geschickt hätte. Ich kann sie nur so schlecht verpacken, weil einer fast das zulässige Gewicht erreicht. Ich muß zusehen, wie ich das in der nächsten Zeit regeln kann.


Mittwoch, 7. September 2016

Brief 173 vom 6./7.9.1941


Meine liebe Annie !                                                           6.9.41     

Ich danke Dir wiederum recht herzlich für Deinen Brief vom 1.9.  Ich habe mich recht darüber gefreut. Wenn Du auch nicht in der Weise zum Hochzeitstag geschrieben hast, so habe ich gewußt, daß Du dieses Tages in besonderer Weise gedacht hast. Gefreut hat mich auch, daß mein Brief durch die Post ordnungsgemäß befördert wurde. Man kann manchmal nicht so genau ausrechnen, aber diesmal hat es richtig geklappt. Wenn dir das Schreiben gefallen hat, dann bin ich zufrieden. Du drückst ja in Deinem Schreiben auch das aus, was ich Dir mit meinem Brief habe sagen wollen.  Morgen schließt nun unsere Familienwoche mit Deinem Geburtstag, nachdem heute unser zweiter Hochzeitstag ist. Auch dieser liegt nun schon 10 Jahre hinter uns. Mit Mühe kriegten wir damals das Fahrgeld für die Reise nach Freiburg, weil doch noch viele Anschaffungen zu machen waren und die wollten wir doch auch alle ordnungsgemäß machen. Aber geschafft haben wir es doch.  Von gestern auf heute hatte ich offizielle zum ersten Mal meinen O.v.D. (Offizier vom Dienst) Dies ist ja nur für den Fall, daß etwas Besonderes eintritt und daß dann jemand da ist, der verantwortlich die Dinge hier einleiten kann bis der Kommandant da ist.
Man muß hier in der Kommandantur schlafen, doch das ist ja nicht so wesentlich, weil das so einigermaßen in Ordnung ist. Ich sage mir, daß es Tausende von Soldaten gibt, die nicht so ein Nachtquartier haben. Zufällig war der Gefreite, der bei mir auf dem Büro mitarbeitet, Unteroffizier vom Dienst. Mit diesem habe ich mich so bis gegen ein Uhr nachts unterhalten. Vorwiegend über den Bodensee. Ich hatte das Buch vom Bodensee mitgebracht, das Du mir geschickt hattest. Wir sind dann vor lauter Erzählen nicht durch gekommen. Es war in dieser Hinsicht ganz nett und vor allem unterhaltend.  Den Wintervorrat an Brikett hast Du scheinbar nun beieinander. Hoffentlich reichst Du damit aus, was Du so jetzt im Keller hast. Pflaumen hast du also auch sterilisiert. Ich habe übrigens 25 kg Zucker bestellt. Sobald ich ihn erhalte, werde ich ihn Dir in zulässiger Weise verschicken. Daß ich Vaters Brief erhalten habe, teilte ich Dir in meinem gestrigen Schreiben schon mit.  Nun kommt eine heikle Geschichte, das ist die Geldangelegenheit. Ein Kamerad hat mich hier um Geld angegangen. Ich kann mir doch monatlich 65,-RM schicken lassen. Nun bat er mich, da er nicht soviel sich schicken lassen kann, daß ich mir mein volles Kontingent schicken lasse und er läßt durch seine Frau Dir das wieder überweisen. Ich bitte dich nun, mache das in dieser Weise und schicke mir diesmal den vollen Betrag. Schreibe mir aber gleichzeitig, was Du davon mir zugedacht hast, damit ich hier Anweisung geben kann, was der Kamerad Dir überweisen muß.  Für heute sende ich Dir recht viele herzliche Grüße und Küsse. Dein Ernst

Mein liebes Mädel !                                                               7.9.41

Wiederum danke ich Dir herzlich für Deinen Brief vom 2.9., den ich gestern erhalten habe und heute beantworte. Ich hoffe daß Du heute zu Deinem Geburtstag meinen Brief , den ich besonders dafür geschrieben habe, erhalten hast. Man kann ja jetzt die Geburtstage nicht so feiern, wie wir es sonst immer getan haben. Das liegt ja im Wesentlichen schon daran, daß man nicht zusammen ist. Man lebt ja doch nur in Gedanken miteinander und durch die Briefe, die man sich schreibt. Es ist ja schön, daß man sich schreiben kann, aber besser wäre es, wenn man sein geordnetes Leben hätte, damit man wieder dort ist, wo man hingehört. Machen kann man ja jetzt nichts, doch es gibt manchmal Tage, wo man es satt hat. Ich bin zwar nicht der Kerl, der sich nicht zu helfen wüßte in solcher Situation, aber es wird schon alles in Ordnung gehen und wieder so werden wie es früher war.  Ich kann Vater wohl verstehen, wenn er bei Rieter nicht wieder unter den gegenwärtigen Umständen anfangen will. Ich glaube zwar, daß dieser Verdienst höher ist, als was er jetzt bekommt, aber ein vollwertiger Lohn für einen Facharbeiter ist das ja nicht. Im Übrigen braucht er ja jetzt nur für sich sorgen und soviel verdient er ja allemal.  Die Päckchen bis 22 hast Du erhalten. Wenn unsere Kerle nicht an die Schokolade rangehen, dann weiß ich ja, daß sie auch so nicht schlecht wird. Du wirst hoffentlich auch damit fertig werden. Ich denke, daß sie nahrhaft ist, so daß es an einem Abend, wenn Du so allein bist, Dir eine ganz willkommene Abwechslung ist. Bonbons essen sie aber unsere beiden. Dann muß ich also von diesen noch einmal welche besorgen. Vielleicht bekomme ich auch nochmals Kekse.  Daß Jörg so eifrig in der Schule ist, freut mich sehr.  Ich hoffe, daß das nicht nur am Anfang so bleibt, sondern weiter anhalten wird. Ich denke, daß er am besten bei seinem Ehrgeiz zu packen ist. Vor allem, wo Helga ihm ja ein Vorbild ist, hat er ja genug Gelegenheit, ihr in dieser Beziehung nachzueifern. Wenn er schon wieder einen neuen Buchstaben lernt, dann kann er mir ja bald auch einen Brief schreiben. Übrigens Helgas Schreibmaschinenbrief hat mich amüsiert, als sie schreibt, daß sie mit der Maschine nicht soviel Kleckse macht. Macht sie denn sonst soviel.  Ich glaube es fast gar nicht. Du kannst aber beiden sagen, daß sie nur so weiter machen sollen und daß ich mich immer wieder über ihre Leistungen in der Schule freue. Ob alle Leistungen, das heißt auch was sie sich sonst daheim leisten, immer erfreulich sind, möchte ich noch dahingestellt lassen. Wie wir aber immer schon festgestellt haben, sind unsere beiden schon in Ordnung.  Heute früh habe ich gleich bei uns ein Bad genommen. Das wird so fast jede Woche gemacht. Es kann höchstens einmal passieren, daß ich nicht dazu komme, weil ich irgendwie dienstlich verhindert bin, oder daß das Bad in der freien Zeit besetzt ist. Jetzt habe ich gegessen und nun warte ich noch bis ½ 2 Uhr die Post kommt.  Am Nachmittag lege ich mich hin, so daß der Tag zum großen Teil wieder abgeschlossen ist. Anschließend lese ich noch etwas bis es eben Zeit zum Abendessen ist. Manchmal geht man mit den Kameraden noch etwas aus. Ich habe mir das in letzter Zeit schon öfter vorgenommen, bin aber jetzt schlecht dazu gekommen, entweder nach Lille oder Bethune zu fahren. Ich denke, daß ich es schon wieder einmal schaffen werde.  Also der Gloger ist jetzt in Rußland.  Ich glaube zwar nicht, daß sein Truppenteil im direkten Einsatz ist. Aber ich kann mir denken, daß es auch so noch reicht. Von Legler erhielt ich wieder einen „langen inhaltsreichen“ Brief.  Man schreibt sich und nur damit man sich schreibt. So kommt es mir manchmal so vor. Machen wir also weiter so mit.  Ich hoffe, daß Ihr soweit gesund seid und daß unsere beiden Stromer brav sind. Dir sende ich viele herzliche Grüße und Küsse Dein Ernst.

Montag, 5. September 2016

Brief 172 vom 4./5.9.1941


Mein liebes Mädel !                                                           4.9.41  

Herzlich Danke ich Dir für Deine Briefe vom 29., 30. und 31.8., die ich gestern erhielt. Bevor ich jedoch auf diese Briefe eingehe, will ich noch einige Sachen berichten, die ich in meinen letzten Briefen nicht schreiben konnte, weil es da nicht hinein gepaßt hätte. Ich habe vorgestern für Helga ein Päckchen (24) abgeschickt mit ein Paar Strümpfen für sie und etwas Bonbons und Schokolade. Da Jörg zu seinem Geburtstag von mir nichts weiter bekommen hatte und damit er auch nicht so leer dasteht, habe ich ihm auch gleich noch ein Paar mitgekauft. Für Dich habe ich gestern ein Päckchen fertiggemacht und abgeschickt mit einer Bluse. Ich weiß zwar nicht, ob Dir diese Farbe steht und zusagen wird. Die Größe wird wohl stimmen. Auch da habe ich noch etwas Schokolade beigefügt, weil ich dachte, daß Du mir deshalb nicht böse sein wirst. Dieses Päckchen trägt die Nummer 25. Heute schicke ich mit dem Päckchen 26 wieder 2 Käse an Dich ab. Es ist diesmal anderer, der sich besser hält und darum auch verschicken läßt. Ich hoffe, daß alles gut ankommt. Das sind wieder erst einmal die Päckchen, über die ich zuerst berichten mußte, sonst kommen die Sachen an und Du weißt nicht, was Du damit anfangen sollst.  Jörg ist nun auch in der Schule und hat jetzt eine Lehrerin. Für den Anfang ist ihm selbstverständlich alles neu.  Helga, als die ältere, hat ja nun einen Stolz, daß sie ihm schon so vieles voraus hat, aber ich hoffe, daß sich unser Junge anstrengen wird, dann geht es schon vorwärts. Mit diesen verschiedenen Schulzeiten macht das Dir ja auch einige Schwierigkeiten, vor allem mit dem Mittagessen. Im Garten hast du auch immer ziemlich zu tun. Man muß ja auch bedenken, daß es ein großes Stück ist, was Du zu betreuen hast. Wegen der neuen Erdbeersetzlinge ist es schon in Ordnung. Das habe ich mir fast gedacht, daß Vater keine Lehre aus seiner Krankheit zieht. Man macht ihn eben nicht mehr anders. Für die Grüße von Frau Dietz danke ich. Ich lasse sie wieder grüßen, wenn Du ihr wieder schreiben solltest.
Das erste Käsepäckchen ist also angekommen. Habt Ihr ihn richtig verwerten können, oder war er nicht mehr gut.
Mit den Sabotagefällen hat es nun plötzlich nachgelassen, weil wir gleich scharf zugegriffen haben. Das Buch wird Helga sicher gefallen, denn dafür hat sie ja immer etwas übrig.  Mit dem Brief von Jörg hast Du mir eine Freude gemacht ebenso hat mir der Brief von Helga gefallen. Helgas Brief ist ja etwas kurz geraten, doch sie schreibt ja, sie hätte wohl viel zu erzählen, aber sie müßte dann soviel (geschrieben mit fünf Os) schreiben. Dann muß ich eben warten, bis ich auf Urlaub komme. Das Wetter war bei Euch wechselhaft. Seit einigen Tagen ist es hier etwas beständig geworden, aber dann ist es auch gleich schwül. Heute früh hatten wir hier den ersten Nebel. Die Vorzeichen für den Herbst. Ich sende Dir und den Kindern recht herzliche Grüße und viele Küsse. Ich hoffe, daß es Euch gut geht und daß Ihr gesund seid. Dein Ernst
Meine liebe Frau !                                                                  5.9.41

Heute hat nun unsere kleine Helga, die ja inzwischen groß geworden ist, ihren Geburtstag. Man merkt eigentlich erst am Alter und am Wachsen der Kinder, wie die Zeit immer weitergeht; aber wie man auch altert. Bis jetzt fühlen wir beide uns aber noch nicht alt, im Übrigen haben wir, wenn alles gut geht, noch vieles im Leben vor.  Wenn die Wetterverhältnisse die gleichen sind wie bei uns hier, so hätte ich ja ganz schönes Urlaubswetter gehabt.  Mein Chef sagte mir aber auf meine wiederholten Vorstellungen, daß er mich ja nicht in Urlaub fahren lassen könnte, weil es im dienstlichen Interesse nicht vertretbar sei, mich fahren zu lassen. Wenn es mir aber zu lang dauert, muß ich einfach einmal einen Antrag an die Oberfeldkommandantur schreiben, sonst gucke ich in den Mond. Das ist ganz gut und ganz schön, wenn man so scheinbar unentbehrlich erscheint, aber das darf nicht solche Folgen annehmen, daß alles Persönliche darunter leidet. Hoffentlich läßt sich das bald regeln, sonst muß ich den Kranken markieren, doch das ist dann der letzte Weg.  Gestern erhielt ich ein Schreiben von meinem Vater. Er schreibt ja ziemlich belanglose Dinge, die ich ja alle schon kenne und die mich nicht außerordentlich interessieren. Ich habe mich zwar darüber gefreut, daß er sich die Mühe gegeben hat, mir zu schreiben. Von Dir erhielt ich gestern nichts. Ab heute bin in nun noch zu einem neuen Dienst gezogen worden. Als ich hierher kam, wurde ich einmal schon dazu eingeteilt, doch dann hielt mich der Kommandant nicht als dafür geeignet und hat mich bis jetzt in Ruhe gelassen.  Dieser Tage hieß es wieder, ich sollte mit „Offizier von Dienst“ tun. Ich habe mich bis jetzt ganz wohl dabei gefühlt, solange ich das nicht habe tun müssen. Wenn die Herren Offiziere etwa denken, sie haben mir damit einen Gefallen getan, so irren sie sich gewaltig. Ich habe es auch dem einen Hauptmann bei uns gesagt. Es ist an sich nicht so schlimm. Wesentlich ist, daß ich an dem betreffenden Tag hier  auf der Kommandantur schlafen muß für den Fall, wenn etwas passieren sollte. Ich habe nicht etwa Angst oder Minderwertigkeitskomplexe, denn das, was diese „Herren“ machen, kann ich auch und macht mir gar keine Schwierigkeiten. Lassen wir das, denn über so was braucht man sich ja nicht ärgern, da gibt es noch mehr Gelegenheiten, wo man das tun kann.  Ich sende Dir und den Kindern recht viele herzliche Grüße und Küsse. Richte an Vater bitte einen Gruß aus uns sage ihm, daß ich für seinen Brief bestens Danke. Dir nochmals herzliche Grüße und Küsse Dein Ernst.

Samstag, 3. September 2016

Brief 171 vom 1./2.9.1941


Meine liebe Annie !                                                            1.9.41                                    

Vorgestern bekam ich Deine beiden Briefe vom 26. und 27.8. und heute wurde mir Dein Brief vom 28.6. ausgehändigt. Für alle Danke ich Dir vielmals . Daß ich immer wieder einmal eine neue Sache hier dazu bekomme, das ist nicht so schlimm, bis jetzt habe ich es immer noch bewältigen können. Wenn ich die Ausstellung von Kleiderkarten bzw. von Bezugscheinen jetzt noch mitmache, so mußt Du Dir das nun nicht so vorstellen, daß das nun  so geht wie in der Heimat. Daß  ich jetzt weiter nichts zu tun hätte als Bezugsscheine  auszustellen. Die Leute müssen eben warten, bis ich dazu komme, weil ich meistens anders beschäftigt bin. Aber das wird so zwischendrin immer wieder einmal geschaukelt. Ja, die Kommune macht uns gegenwärtig viel Arbeit, doch jetzt ist hier ein Sonderkommando eingesetzt, das die ganze Bande ausheben wird.  Ich nehme an, daß es dann wahrscheinlich hier ein bißchen mehr Ruhe geben wird. Die Schläge nutzen schon etwas bei dem Hund. Der ist eben noch jung und muß auch lernen, wie man sich im Zusammensein mit Menschen benehmen muß. Den Hausschuh kann ich schon noch benutzen, schöner sah er zwar noch aus, als er noch richtig in Ordnung war.  Die Sache mit der Stadt hast Du ja nun auch schon erledigt. Das ist ja prompt gegangen. Ich kann mir denken, daß der Mettenberger sich gefreut hat, daß Du alles so schön ordentlich beieinander hattest. Nun muß ich sehen, wie das dann hier weitergeht. Mit Vater geht es also wieder einigermaßen. Wenn er noch nicht so mitmachen kann, dann soll er langsam tun.  Der helle Pullover von Jörg will nun scheinbar nicht mehr mitmachen.  Er hat ja auch wirklich lange gehalten. Ich weiß noch, wie er ihn seinerzeit bei unserer Fahrt nach Leipzig angezogen hatte. Inzwischen hat er ihn doch viel getragen, und bevor Du ihn umgeändert hattest, war er doch auch nicht gerade neu. Ich glaube, er hat nun ausgedient. Wenn Du willst, kann ich mich ja hier wegen eines Mantelstoffs für Dich umsehen. Du mußt mir nur schreiben, welche Farbe Du bevorzugst. Das ist mir vielleicht leichter hier etwas Derartiges zu bekommen als vielleicht bei Euch. Unter Umständen könnte ich versuchen, auch einen ganzen Mantel zu kaufen. Teile mir deshalb bitte Deine Ansicht mit.  Die Aussprüche von unserem Jungen sind ja wieder blendend. Helga hat nun auch eine neue Lehrerin. Ja jetzt  macht sie nun schon das 3. Schuljahr mit. Sie wird sich auch an die neue Lehrerin gewöhnen jetzt, wo sie schon vernünftiger ist, wird ihr das auch leichter fallen, wie schließlich am Anfang. Der weite Schulweg macht ihr aber sicher zu schaffen, ich habe mich hier ja auch dran gewöhnen müssen. Heute mache ich noch einen Brief und ein kleines Päckchen für unsere Helga fertig. Ob es zwar noch rechtzeitig ankommt, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Pflaumenkuchen würde ich auch ganz gern wieder einmal essen, Da bekommt man direkt Appetit. Heute ist nun unser 10jähriger Hochzeitstag. Meinen Brief dazu wirst Du inzwischen sicher bekommen haben.  Für heute sende ich Dir recht viele Grüße und Küsse. Den Kindern ebenfalls Dein Ernst

Meine liebe Annie !                                                                  2.9.41

Gestern bekam ich kein Schreiben von Dir, dagegen traf ein Brief Deinen Eltern ein, der mit einer Durchschrift auch an Dich gekommen ist. Ich habe es als sehr nett und aufmerksam empfunden, daß sie in dieser Weise an uns gedachten. Wenn Du zwar auch weißt, daß mir dieser Ton, der in diesem Schreiben angeschlagen wird, nicht gerade zusagt, so muß ich immerhin anerkennen, daß es sehr freundlich gemeint ist. Man muß ja schließlich auch berücksichtigen, daß Deine Eltern aus einer anderen Schule stammen, wie wir sie  durchgemacht haben. Wir kennen aber die Eltern und ihre Art, wir wissen, wie sie sind und sehen über diese Eigenarten hinweg. Letzten Endes hat ja jeder von uns seine Eigenarten, die die anderen Menschen, die mit uns umgehen müssen, auch mehr oder weniger wider Willen hinnehmen müssen.  Für Euch habe ich wieder etwas Käse organisiert. Diesmal ist es Schmelzkäse, der sich länger hält und besser verschicken läßt. Ich glaube, daß Du ihn gut gebrauchen kannst. Ich werde künftig mehr darauf sehen, daß es möglich ist, in dieser Hinsicht gerade im Hinblick auf den kommenden Winter zu tun. Ich selbst sehe natürlich auch zu, dass ich für mich immer noch etwas erhalte. Du brauchst nicht etwa zu denken, daß ich hier dann immer Hunger leide. Die Kost, die uns zur Verfügung gestellt wird, kann ja nicht immer als blendend bezeichnet werden, da muß man versuchen, sich diese in irgendeiner Form zu verbessern. So sorgt beispielsweise unser Sonderführer, der unser Jäger ist, in Zukunft für Geflügel und Wild. Am Sonntag hatten wir jeder ein Rebhuhn. Was in nächster Zeit wahrscheinlich
öfter einmal der Fall sein wird. Das ist ja eine ausgezeichnete Abwechslung. Ich kann Dir mitteilen, daß mir das sehr gut geschmeckt hat. Später gibt es auch wieder Hasen, Fasan oder ähnliche Sachen.  Heute weiß ich zwar nicht mehr viel zu berichten. Ich sende Dir noch recht viele herzliche Grüße und Küsse Dein Ernst