Liebe Annie und liebe Kinder! Göding, den 24.5.1940
Die Tage fliegen nur so dahin und kaum hat
man sich´s versehen, so ist eine Woche wieder vorbei.
Morgen ist Samstag und ich werde
wahrscheinlich mit dem Stuben- oder Flurdienst drankommen, so daß ich
wahrscheinlich kaum zum Schreiben kommen werde. Da habe ich mit anderen Kameraden
die Stube oder den Flur zu reinigen und man muß während dieser Tage fest
springen, um bei allem mitzukommen.
Also, Du wirst an diesem Tage kurz treten
müssen, doch ich glaube, daß diese Gründe zwingend sind.
Wie wir heute erfahren haben, werden wir
wahrscheinlich am Sonntag vereidigt. Aus diesem Grunde werden wir noch über die
Pflichten des deutschen Soldaten unterrichtet. So greift mit der übrigen
Ausbildung alles in einander.
So was wir noch gehört haben, haben wir
bis jetzt den Eindruck hinterlassen, als ob der größte Teil schon etwas taugt.
Gestern habe ich mir die erste Halsbinde
selber gewaschen und die Strümpfe werden am Sonntag oder gar noch heute drankommen.
Es gibt bis jetzt also wirklich noch keine Möglichkeit, daß man Langeweile
bekommt.
Ich bin nun für heute bis zum
Sonntagmittag zum Reinigen eingeteilt, so daß ich sicher nicht so viel
schreiben kann.
Trotz des Sonderdienstes habe ich mir hier
ein Viertel Weißwein genehmigt, damit ich besser schlafen kann. Wie ich Dir
aber schon einmal geschrieben habe, so sind wir am Abend tüchtig müde. Aber der
Dienst geht mir wieder so in Fleisch und Blut über, daß ich nachts schon die
verschiedenen Männer antreten lasse und kommandiere.
Auch hier kommt meine alte Schwäche wieder
zum Vorschein. Jedenfalls haben mir die Kameraden erzählt, daß ich vorletzte
Nacht kommandiert habe.
Ein Kamerad wird mich wahrscheinlich am
Sonntag fotografieren, so daß ich Dir bald den Film zukommen lassen kann, von
dem Du dann eine Vergrößerung anfertigen lassen kannst. Ich will mal sehen, wie
es ausfällt.
Gute Nacht liebes Mädel und sei vielmals
herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Soldaten Ernst. Küsse die Kinder vielmals
von mir und grüße auch Vater.
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