Dienstag, 23. Juni 2015

Brief 18 vom 21./22. und 23.6.1940


Meine liebe gute Frau!                                                                   U.H., den 21.6.1940       

Wir sollten nun heute wegkommen. Jetzt ist aber der Befehl wieder umgeworfen worden.
Wir liegen und sitzen auf unseren Strohmatratzen und harren der Dinge, die da kommen sollen.
Meine Braut, also mein Gewehr, liegt neben mir.
Heute früh waren wir noch einmal zum Baden, damit wir wenigstens sauber von hier fortkommen. Wir ruhen uns nun ein wenig aus, was wir alle sehr nötig haben.
Diese Gelegenheit benutze ich nun, um meinen Brief an Dich anzufangen. Es kann ja möglich sein, daß uns unser Abmarschbefehl bald erreichen wird. Wahrscheinlich hängt aber alles von den Verhandlungen mit Frankreich ab, was man mit uns macht. Das Warten haben wir in den Wochen unserer Militärzeit gelernt.
Post ist von Dir heute wiederum nicht eingegangen. Ich möchte nur wissen, an was das liegt, daß Deine sowie auch meine Briefe so unregelmäßig eingehen. Am letzten Mal habe ich gleich 3 Briefe von Dir erhalten und nun wieder einige Tage nichts. Ich hoffe, bald wieder etwas zu erhalten, denn ich kann kaum glauben, daß Du so unregelmäßig Deine Post abschickst. 
Morgen haben wir wahrscheinlich wieder einen Ausmarsch, aber ohne Gepäck. Hoffentlich macht uns die Hitze nicht wieder so sehr zu schaffen und die Füße versagen nicht.
Ist unser Stromer auch brav. Er soll nur auf Dich hören und Dir keinen Ärger machen. Es soll nur so schön brav sein, wie er auf den Bildern aussieht. Jetzt werden sie es sich auch leicht machen und, wie es die Bilder wieder zeigen, auf dem Hofe baden. Da habt Ihr ganz recht; nutzt das nur aus. Wenn es aber möglich ist, geht nun auch einmal in den See baden. Du hast mir noch nie geschrieben, ob Du den Wein trinkst, wie wir es ausgemacht hatten.
Augenblicklich bemühe ich mich, meinen Körper durch Eisessen abzukühlen und gleichzeitig höre ich die Wehrmachtsberichte. Als weiteres schreibe ich den Brief noch fertig. Ist das nicht viel auf einmal? Ich nutze die Gelegenheit noch aus, solange es möglich ist.
Sei Du vielmals herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst. Grüße die Kinder und küsse sie von ihrem Vater.


 Meine liebe Annie!                                                                                  U.H., den 22.6.1940

Dein Brief vom 19. ging heute ein. Ich habe mich wieder darüber gefreut.
Ich habe heute ins Kino gewollt, doch heute findet keine Vorstellung statt. Nun muß ich wieder ein bißchen spazieren gehen. Heute früh haben wir wieder unsere 20 km runter gemacht. Der Tag wird immer wieder ausgefüllt. Es war wieder sehr warm und geschwitzt haben wir wieder fest.
Bei unserem Ausgang sind wir zufällig an eine Veranstaltung der Sokoln hingelaufen. Es waren turnerische Vorführungen, die unser einseitiges Leben auf eine angenehme Weise unterbrochen haben.
Daß jetzt alle Päckchen angekommen sind, hat mich gefreut, vor allen auch deshalb, weil nichts verloren gegangen ist. Habt Ihr den Käse noch verbrauchen können. Die Hauptsache ist, daß alles seinen Mann findet und ich glaube, daß ich mir deshalb keine große Sorge machen brauche.

23.6.1940 

Heute habe ich ein Päckchen mit Socken heimgeschickt. Ich habe noch etwas Schokolade beigefügt, die ich nochmals erhalten konnte und für Dich noch eine Kleinigkeit.
Weiter habe ich noch zwei Zigarettenetuis für Siegfried und Deinen Vater bei einem Kameraden gekauft. Schicke dies doch bitte entsprechend zu. Hoffentlich kommt alles wieder richtig an.
Dein Brief vom 18. war bei der Postverteilung dabei. Ich habe daraus entnommen. daß für mich ein Telegramm eingegangen sei. Ja woher kam es, vom Wehrmeldeamt?
Ich bin ja mit dem größten Teil meiner Kameraden von Göding nach hierher versetzt worden. Bis jetzt sind wir noch alle beieinander und wir hoffen, daß es so bleibt. Das Telegramm ist nicht hierher weitergeleitet worden.
Daß der Regenmantel nicht im Koffer war wundert mich schon, weil ich immer angenommen habe, er sei im Koffer drin. Es kann also nicht anders sein, als daß er mir gestohlen worden ist, was ja sehr ärgerlich wäre, doch leider nicht mehr zu ändern ist. Ja, so geht es zu mit der Kameradschaft.
Für die Abschriften danke ich Dir vielmals, denn es hat mich sehr interessiert. Ich will mal sehen, was sich da noch machen läßt. Für Deine Mühe danke ich Dir nochmals. Nimm herzliche Grüße und Küsse entgegen von Deinem Ernst
Küsse auch die Kinder herzlich und grüße Vater. Gute Nacht.

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