Meine liebe gute Frau! U.H., den 19.6.1940
Eine weitere Woche ist nun wieder
vergangen seit ich von Euch fort bin.
Das hätten wir nicht gedacht, als wir fortfuhren,
daß wir schon in 5 Wochen marschbereit sind.
Heute Nachmittag hatten wir
Abschiedsappell durch den Oberst, der Regimentskommandeur ist. Bei unserem
Gepäckmarsch heute früh hatte uns unser Leutnant eröffnet, daß wir tatsächlich
bald wegkommen und daß das jede Stunde sein könnte. Jetzt sieht der ganze
Dienst wieder ganz anders aus.
Heute früh sind wir durch verschiedene
Dörfer der Umgegend marschiert. Diese machten aber einen saubereren Eindruck
wie in der Gödinger Gegend. Auch die Bevölkerung machte einen freundlicheren
Eindruck. Morgen geht´s wieder los mit Gepäck, vorausgesetzt, daß wir vorher
nicht verladen werden.
Die Füße spürt man ja schon, aber bis
jetzt habe ich noch nie schlappgemacht wie schon viele andere. Ich will auch
nicht hoffen, daß dies noch der Fall sein wird, damit ich am Ende nicht noch
dableiben müßte, wenn die anderen fortkommen.
Heute sende ich Dir die schon
angekündigten Bilder mit. Hoffentlich gefallen sie Dir auch. Über die Verwendung
habe ich Dir ja schon geschrieben. Ein weiteres Bild von unserem Abschied in
Göding ist auch dabei. Damit Du mich auch findest, will ich Dir gleich sagen,
daß ich rechts vom Feldwebel stehe, das ist der mit der Schirmmütze.
Gestern und heute war ich sehr solide und
bin daheim geblieben. Nicht einmal etwas getrunken habe ich, obwohl die
Kompanie gestern jedem 2 Flaschen Bier gestiftet hat aus Anlaß der Kapitulation
von Frankreiche bezw. der gewaltigen Erfolge unserer Truppe.
Du kannst Deine Post weiter hierher
senden. Sobald ich erfahre, daß sich etwas ändert, teile ich Dir dies umgehend
mit.
Sei Du liebes Mädel vielmals und herzlich
gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.
U.H. den 20.6.1940
Die Bilder wirst Du wohl nun erhalten
haben. Bist Du nun zufrieden?
Ich sehe doch ganz wohl darauf aus, Du
mußt nur noch dazu denken, daß ich im Gesicht ganz verbrannt bin. Obwohl das
Essen hier nicht so ausreichend ist wie in Göding, so sieht man mir das doch
nicht an. Das soll aber nun nicht heißen, daß Du mir etwas schicken sollst. Ich
kann das bis jetzt noch aushalten und wenn es ja noch anders kommen sollte, werde
ich schon wieder schreiben.
Unsere Ausmärsche werden nun immer
strenger. Wir waren heute wieder unterwegs und zwar ist es gegen Mittag sehr
heiß geworden, so daß dann sehr viel Schweiß geflossen ist. Nun habe ich auch
die erste Blase weg. Hoffentlich vergrößert sie sich nicht, damit ich evtl.
nicht zurückbleiben muß; doch der größte Teil hat heute etwas abbekommen und
noch viel stärker als ich, so daß meine Bedenken wahrscheinlich umsonst sind.
Die Dorfbevölkerung hat uns heute wieder
sehr freundlich aufgenommen. Wir haben bei einem Bauer, der zufällig deutsch
konnte, Milch und Kuchen bekommen. Der hat sich sehr dafür interessiert, wie es
bei uns im Reich draußen geht. Du weißt ja, daß ich gerade diesen Leuten hier
richtige Auskunft gegeben habe, wie gut jetzt die Verhältnisse bei uns daheim
sind. Die Leute konnten dies von sich auch nur sagen, seit sie unter deutscher
Verwaltung sind und daß sie jetzt keinen Anlaß zum klagen hätten, obwohl die
besseren Herrschaften gerne das Gegenteil feststellen möchten.
Heute Abend werde ich einmal wieder in die
Stadt gehen und mir noch etwas zukommen lassen. Ich nehme an, daß Du
Verständnis dafür hast, wenn ich froh bin, wieder einmal eine andere Umgebung
aufsuchen zu können. Weißt Du, wenn der
Mann von unseren Nachbarn nicht das Bedürfnis hat, so liegt das vor allem daran,
daß er Feldwebel ist und nicht so unter der strengen Ausbildung zu leiden hat
wie wir.
Dora hat mir bis jetzt noch nicht auf
meinen Brief geantwortet. Ich habe leider vergessen mir aufzunotieren, wann ich
geschrieben habe. So viel ich mich entsinnen kann, habe ich Dir dies ja Seinerzeit
mitgeteilt.
Was
machen denn unsere beiden Stromer? Ich habe mir hin und her überlegt,
was Du mir evtl. zum Geburtstag schicken könntest, doch ich bin zu der Auffassung
gekommen, daß es keinen Zweck hat, etwas hierher zu schicken, weil es so
unbestimmt ist, bis ich etwas erhalte, vor allem, weil wir ja bald wegkommen.
Ich glaube, wir heben dies am besten auf,
bis ich wieder einmal heimkomme, dann feiern wir dies zusammen. Wegen Helga
möchte ich noch sagen, daß ich dies Dir mehr oder weniger überlasse, weil Du
jetzt am besten wissen mußt, ob Helga Lust dazu hat und auch den nötigen Mut.
Außerdem kannst Du von dort aus alles besser überblicken. Von mir hast Du jedenfalls
die Zustimmung.
Heute Abend erhielt ich ein Päckchen von
den Eltern. Es ist ja sehr nett von ihnen. Den Durchschlag wirst Du ja
erhalten, oder von mir den Brief. Nun haben wir den Bescheid bekommen, daß es
morgen von hier fort geht. Weitere Nachricht wirst Du ja noch von mir erhalten.
Sei Du vielmals gegrüßt und geküßt von
Deinem Ernst.
Küsse die Kinder und grüße Vater und sage
ihm, daß er nur einmal einen Gruß mitschreiben soll.
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