Mittwoch, 24. Juni 2015

Brief 19 vom 24./25.6.1940


Meine liebe Annie!                                                                                  U.H., den 24.6.1940

Ich habe mich heute noch geärgert, daß mir der Mantel weggekommen ist, aber das war so, daß wir in den ersten Tagen verschiedene Male umziehen mußten und jedes Mal konnte das nicht schnell genug gehen. Zudem waren wir sehr durch den Dienst in Anspruch genommen. Es kann aber nicht anders sein, als daß er mir gestohlen worden ist, denn sonst hätte ihn der Finder ja abgeben können. So geht´s eben beim Kommis und das kommt auch daher, weil es verschiedenerlei Leute hat, die da zusammen kommen. Es läßt sich zwar nicht mehr ändern, doch man kann sich schon darüber ärgern.
Das Telegramm wird sich ja auch erledigt haben. Ebenso ist ja unser Einsatz auch vorläufig zurückgestellt. Ob wir bei der jetzigen Lage noch drankommen, wird sich zeigen.
Jede Übung ist bei uns jetzt mit einem längeren Marsch verbunden. So auch heute wieder, als wir beim Scharfschießen mit Gewehren waren. Erfüllt habe ich, wie auch die meisten anderen, nicht.
Morgen kommt wieder MG-Scharfschießen dran, während die anderen Kameraden, die keine MG-Schützen sind, wieder einen Ausmarsch haben.
Langweilig wird es uns zwar nicht, wenn auch der Dienst bei dem Marschbataillon nicht mehr so streng ist wie in der Kaserne, doch dafür fehlen uns manche Annehmlichkeiten, die man dort hat.
Mit unserem Ausgang ist es so, daß wir nach Befehlsausgabe, bei der auch die Post verteilt wird, und das ist meistens etwa um 7 Uhr, bis um 10 Uhr für uns dienstfrei ist. Um 10 Uhr muß aber alles in der Falle liegen und manchmal  wird es auch später, so daß man dann lieber da bleibt.
Wenn Du meinst, Du willst den Wein nicht trinken, so überlasse ich Dir dies ganz und gar, ich möchte aber nicht haben, daß Du durch die Photos in Geldknappheit gerätst.
Reicht Dir eigentlich das Geld, was Du jetzt bekommst?
Jörg danke ich wieder für seine Malerei und Helga für ihr Geschriebenes. Sie soll sich nur weiter anstrengen. Sagst Du ihr eigentlich die Fehler, die sie macht, oder wie ist das?
Am Samstag Abend haben wir anläßlich der Kapitulation von Frankreich nach Zapfenstreich von Zimmer zu Zimmer Unterhosen-Prozession gehabt, das war ein erhebendes Bild, kann ich dir sagen.
Das Wetter ist bei uns immer noch sehr schön, aber sehr heiß, so daß wir heftig schwitzen müssen. Aber die Kommiszeit wird auch vorübergehen, womit ich mich immer wieder tröste.
Meine liebe Frau gute Nacht und sei Du wie auch die Kinder herzlich gegrüßt und geküßt und Du nochmals besonders von Deinem Ernst.


Meine liebe Annie!                                                                                  U.H., den 25.6.1940

Diesmal war es ein postreicher Tag.
Deinen Brief vom 21. kam heute an, Dein Brief vom 9.6. beigefügt. Weiter erhielt ich je einen Brief von Kurt und vom Kollegen Rieck. Außerdem kam noch ein Päckchen von Dora an. Alle diese Sachen sind erst nach Göding gegangen. Jetzt habe ich nun alles erhalten und muß nun viel beantworten.
Diese Sachen lasse ich Dir alle mit zugehen. Dora ist übrigens nicht ganz gesund, wie sie schreibt.
Deine Briefe haben mich alle beide wieder erfreut, besonders auch die Berichte über die Kinder, ersehe ich doch daraus, was die beiden treiben. Daß Jörg so stark ist, ist ja sehr erfreulich, da wird er sicher sehr stolz sein. Daß sich beide beim Schreiben nicht so stark beteiligen, kann ich ihnen wirklich nicht übel nehmen. Sie sollen sich nur im Feien tummeln, denn das glaube ich, daß sie ihren Vater nicht vergessen.
Wegen der Fahrt von Helga nach Leipzig habe ich Dir ja meine Meinung schon geschrieben, es würde sich nun noch darum handeln, wann sie Ferien bekommt, denn es kann ja gut möglich sein, daß bei dem Tempo der Kriegsführung bis dahin schon Frieden ist. Wollen wir also das Beste hoffen.
Wegen meinem Geburtstag habe ich Dir ja schon geschrieben.
Die Erdbeerernte ist in diesem Jahr also nicht sehr reichlich ausgefallen, nachdem Du aber so wenig Zucker hast, trifft es sich ja auch wieder gut.
Wir haben heute, wie ich Dir gestern schon schrieb, MG-Scharfschießen gehabt. Diese Übung habe ich wieder erfüllt und mein Nimbus, daß ich auch zu etwas brauchbar bin, ist wieder etwas gestiegen. Ebenfalls hatte wieder ein Großteil diese Übung nicht erfüllt. Am Nachmittag war bei uns Sport angesetzt. Ein großer Teil der Kameraden hatte es hierbei vorgezogen, die Badegelegenheit in der March zu benutzen. Diese ist etwa 30 m breit, sehr lehmig und hat ziemliche Strömung. Ich bin zwei Mal durchgeschwommen, was ich als wahre Wohltat empfunden habe. Na, Du kennst ja meine Schwäche fürs Wasser. Heute Abend fühle ich mich aber danach etwas müde, weil ich es nicht mehr so gewohnt bin.
Darum brauchst Du Dir also keine Sorge zu machen, wenn mein Geldverbrauch jetzt etwas gesteigert ist, das ist auch so eine Kommisangewohnheit, die daheim wieder verschwindet. Ich werde mich jedenfalls bemühen, Dich nicht um Geld anzupumpen, damit Du und die Kinder nicht darunter leiden müßt. Ich werde wieder einige Abende daheim bleiben und schon ist das Geld wieder gespart. Sei Du liebe Mädel vielmals herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst. Küsse die Kinder von ihrem Vater und grüße unseren Vater.

Dienstag, 23. Juni 2015

Brief 18 vom 21./22. und 23.6.1940


Meine liebe gute Frau!                                                                   U.H., den 21.6.1940       

Wir sollten nun heute wegkommen. Jetzt ist aber der Befehl wieder umgeworfen worden.
Wir liegen und sitzen auf unseren Strohmatratzen und harren der Dinge, die da kommen sollen.
Meine Braut, also mein Gewehr, liegt neben mir.
Heute früh waren wir noch einmal zum Baden, damit wir wenigstens sauber von hier fortkommen. Wir ruhen uns nun ein wenig aus, was wir alle sehr nötig haben.
Diese Gelegenheit benutze ich nun, um meinen Brief an Dich anzufangen. Es kann ja möglich sein, daß uns unser Abmarschbefehl bald erreichen wird. Wahrscheinlich hängt aber alles von den Verhandlungen mit Frankreich ab, was man mit uns macht. Das Warten haben wir in den Wochen unserer Militärzeit gelernt.
Post ist von Dir heute wiederum nicht eingegangen. Ich möchte nur wissen, an was das liegt, daß Deine sowie auch meine Briefe so unregelmäßig eingehen. Am letzten Mal habe ich gleich 3 Briefe von Dir erhalten und nun wieder einige Tage nichts. Ich hoffe, bald wieder etwas zu erhalten, denn ich kann kaum glauben, daß Du so unregelmäßig Deine Post abschickst. 
Morgen haben wir wahrscheinlich wieder einen Ausmarsch, aber ohne Gepäck. Hoffentlich macht uns die Hitze nicht wieder so sehr zu schaffen und die Füße versagen nicht.
Ist unser Stromer auch brav. Er soll nur auf Dich hören und Dir keinen Ärger machen. Es soll nur so schön brav sein, wie er auf den Bildern aussieht. Jetzt werden sie es sich auch leicht machen und, wie es die Bilder wieder zeigen, auf dem Hofe baden. Da habt Ihr ganz recht; nutzt das nur aus. Wenn es aber möglich ist, geht nun auch einmal in den See baden. Du hast mir noch nie geschrieben, ob Du den Wein trinkst, wie wir es ausgemacht hatten.
Augenblicklich bemühe ich mich, meinen Körper durch Eisessen abzukühlen und gleichzeitig höre ich die Wehrmachtsberichte. Als weiteres schreibe ich den Brief noch fertig. Ist das nicht viel auf einmal? Ich nutze die Gelegenheit noch aus, solange es möglich ist.
Sei Du vielmals herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst. Grüße die Kinder und küsse sie von ihrem Vater.


 Meine liebe Annie!                                                                                  U.H., den 22.6.1940

Dein Brief vom 19. ging heute ein. Ich habe mich wieder darüber gefreut.
Ich habe heute ins Kino gewollt, doch heute findet keine Vorstellung statt. Nun muß ich wieder ein bißchen spazieren gehen. Heute früh haben wir wieder unsere 20 km runter gemacht. Der Tag wird immer wieder ausgefüllt. Es war wieder sehr warm und geschwitzt haben wir wieder fest.
Bei unserem Ausgang sind wir zufällig an eine Veranstaltung der Sokoln hingelaufen. Es waren turnerische Vorführungen, die unser einseitiges Leben auf eine angenehme Weise unterbrochen haben.
Daß jetzt alle Päckchen angekommen sind, hat mich gefreut, vor allen auch deshalb, weil nichts verloren gegangen ist. Habt Ihr den Käse noch verbrauchen können. Die Hauptsache ist, daß alles seinen Mann findet und ich glaube, daß ich mir deshalb keine große Sorge machen brauche.

23.6.1940 

Heute habe ich ein Päckchen mit Socken heimgeschickt. Ich habe noch etwas Schokolade beigefügt, die ich nochmals erhalten konnte und für Dich noch eine Kleinigkeit.
Weiter habe ich noch zwei Zigarettenetuis für Siegfried und Deinen Vater bei einem Kameraden gekauft. Schicke dies doch bitte entsprechend zu. Hoffentlich kommt alles wieder richtig an.
Dein Brief vom 18. war bei der Postverteilung dabei. Ich habe daraus entnommen. daß für mich ein Telegramm eingegangen sei. Ja woher kam es, vom Wehrmeldeamt?
Ich bin ja mit dem größten Teil meiner Kameraden von Göding nach hierher versetzt worden. Bis jetzt sind wir noch alle beieinander und wir hoffen, daß es so bleibt. Das Telegramm ist nicht hierher weitergeleitet worden.
Daß der Regenmantel nicht im Koffer war wundert mich schon, weil ich immer angenommen habe, er sei im Koffer drin. Es kann also nicht anders sein, als daß er mir gestohlen worden ist, was ja sehr ärgerlich wäre, doch leider nicht mehr zu ändern ist. Ja, so geht es zu mit der Kameradschaft.
Für die Abschriften danke ich Dir vielmals, denn es hat mich sehr interessiert. Ich will mal sehen, was sich da noch machen läßt. Für Deine Mühe danke ich Dir nochmals. Nimm herzliche Grüße und Küsse entgegen von Deinem Ernst
Küsse auch die Kinder herzlich und grüße Vater. Gute Nacht.

Freitag, 19. Juni 2015

Brief 17 vom 19./20.6.1940


Meine liebe gute Frau!                                                                      U.H., den 19.6.1940       

Eine weitere Woche ist nun wieder vergangen seit ich von Euch fort bin.
Das hätten wir nicht gedacht, als wir fortfuhren, daß wir schon in 5 Wochen marschbereit sind.
Heute Nachmittag hatten wir Abschiedsappell durch den Oberst, der Regimentskommandeur ist. Bei unserem Gepäckmarsch heute früh hatte uns unser Leutnant eröffnet, daß wir tatsächlich bald wegkommen und daß das jede Stunde sein könnte. Jetzt sieht der ganze Dienst wieder ganz anders aus.
Heute früh sind wir durch verschiedene Dörfer der Umgegend marschiert. Diese machten aber einen saubereren Eindruck wie in der Gödinger Gegend. Auch die Bevölkerung machte einen freundlicheren Eindruck. Morgen geht´s wieder los mit Gepäck, vorausgesetzt, daß wir vorher nicht verladen werden.
Die Füße spürt man ja schon, aber bis jetzt habe ich noch nie schlappgemacht wie schon viele andere. Ich will auch nicht hoffen, daß dies noch der Fall sein wird, damit ich am Ende nicht noch dableiben müßte, wenn die anderen fortkommen.
Heute sende ich Dir die schon angekündigten Bilder mit. Hoffentlich gefallen sie Dir auch. Über die Verwendung habe ich Dir ja schon geschrieben. Ein weiteres Bild von unserem Abschied in Göding ist auch dabei. Damit Du mich auch findest, will ich Dir gleich sagen, daß ich rechts vom Feldwebel stehe, das ist der mit der Schirmmütze.
Gestern und heute war ich sehr solide und bin daheim geblieben. Nicht einmal etwas getrunken habe ich, obwohl die Kompanie gestern jedem 2 Flaschen Bier gestiftet hat aus Anlaß der Kapitulation von Frankreiche bezw. der gewaltigen Erfolge unserer Truppe.
Du kannst Deine Post weiter hierher senden. Sobald ich erfahre, daß sich etwas ändert, teile ich Dir dies umgehend mit.
Sei Du liebes Mädel vielmals und herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.             


                                                                                                             U.H. den 20.6.1940

Die Bilder wirst Du wohl nun erhalten haben. Bist Du nun zufrieden?
Ich sehe doch ganz wohl darauf aus, Du mußt nur noch dazu denken, daß ich im Gesicht ganz verbrannt bin. Obwohl das Essen hier nicht so ausreichend ist wie in Göding, so sieht man mir das doch nicht an. Das soll aber nun nicht heißen, daß Du mir etwas schicken sollst. Ich kann das bis jetzt noch aushalten und wenn es ja noch anders kommen sollte, werde ich schon wieder schreiben.
Unsere Ausmärsche werden nun immer strenger. Wir waren heute wieder unterwegs und zwar ist es gegen Mittag sehr heiß geworden, so daß dann sehr viel Schweiß geflossen ist. Nun habe ich auch die erste Blase weg. Hoffentlich vergrößert sie sich nicht, damit ich evtl. nicht zurückbleiben muß; doch der größte Teil hat heute etwas abbekommen und noch viel stärker als ich, so daß meine Bedenken wahrscheinlich umsonst sind.
Die Dorfbevölkerung hat uns heute wieder sehr freundlich aufgenommen. Wir haben bei einem Bauer, der zufällig deutsch konnte, Milch und Kuchen bekommen. Der hat sich sehr dafür interessiert, wie es bei uns im Reich draußen geht. Du weißt ja, daß ich gerade diesen Leuten hier richtige Auskunft gegeben habe, wie gut jetzt die Verhältnisse bei uns daheim sind. Die Leute konnten dies von sich auch nur sagen, seit sie unter deutscher Verwaltung sind und daß sie jetzt keinen Anlaß zum klagen hätten, obwohl die besseren Herrschaften gerne das Gegenteil feststellen möchten.
Heute Abend werde ich einmal wieder in die Stadt gehen und mir noch etwas zukommen lassen. Ich nehme an, daß Du Verständnis dafür hast, wenn ich froh bin, wieder einmal eine andere Umgebung aufsuchen zu  können. Weißt Du, wenn der Mann von unseren Nachbarn nicht das Bedürfnis hat, so liegt das vor allem daran, daß er Feldwebel ist und nicht so unter der strengen Ausbildung zu leiden hat wie wir.
Dora hat mir bis jetzt noch nicht auf meinen Brief geantwortet. Ich habe leider vergessen mir aufzunotieren, wann ich geschrieben habe. So viel ich mich entsinnen kann, habe ich Dir dies ja Seinerzeit mitgeteilt.
Was  machen denn unsere beiden Stromer? Ich habe mir hin und her überlegt, was Du mir evtl. zum Geburtstag schicken könntest, doch ich bin zu der Auffassung gekommen, daß es keinen Zweck hat, etwas hierher zu schicken, weil es so unbestimmt ist, bis ich etwas erhalte, vor allem, weil wir ja bald wegkommen.
Ich glaube, wir heben dies am besten auf, bis ich wieder einmal heimkomme, dann feiern wir dies zusammen. Wegen Helga möchte ich noch sagen, daß ich dies Dir mehr oder weniger überlasse, weil Du jetzt am besten wissen mußt, ob Helga Lust dazu hat und auch den nötigen Mut. Außerdem kannst Du von dort aus alles besser überblicken. Von mir hast Du jedenfalls die Zustimmung.
Heute Abend erhielt ich ein Päckchen von den Eltern. Es ist ja sehr nett von ihnen. Den Durchschlag wirst Du ja erhalten, oder von mir den Brief. Nun haben wir den Bescheid bekommen, daß es morgen von hier fort geht. Weitere Nachricht wirst Du ja noch von mir erhalten.
Sei Du vielmals gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.
Küsse die Kinder und grüße Vater und sage ihm, daß er nur einmal einen Gruß mitschreiben soll.

Brief 16 vom 17./18.6.1940


Meine liebe Annie!                                                                  U.H., den 17.6.1940

Heute habe ich mein Luderleben einmal unterbrochen, trotz der Kapitulation von Frankreich. Verschiedene Kameraden wollten mich wieder zum Fortgehen verleiten, doch heute will ich einmal wieder sparen.
Wir haben heute früh einen Ausmarsch von 20 km gehabt. Es war wirklich sehr schön heute Vormittag. Unser Leutnant, der die Kompanie führt, war sehr anständig mit uns. Er hat uns in dem einen Ort, es mutete eher wie ein Dorf an, eine Stunde Pause gegeben. Dort war der Sitz eines Bischofs. Eine wunderbare Kirche, die einen gewaltigen Eindruck hinterlassen hatte, konnten wir besichtigen. Anschließend konnten wir uns stärken, was wir auch besorgt haben.
Interessant war dabei, daß man hier den Ursprung der Messe beobachten konnte. Es waren so Jahrmarktbuden aufgebaut, die allen möglichen Kram verkauften.
Am Nachmittag sind wir strenger rangenommen worden. Unsere Ausbildungsvorgesetzten haben keinen günstigen Eindruck bei uns hinterlassen. Wir haben alle nur den einen Wunsch, recht bald irgendwo eingesetzt zu werden. Nach den jetzigen Ereignissen kann es ja sein, daß man uns dann bald braucht. Doch unterkriegen lassen wir uns nicht.
Post habe ich heute keine von Dir erhalten, doch Kameraden, die heute in Göding waren, haben mir einen Brief von Dir angekündigt.
Über eine Woche sind wir nun hier und es wird sich nun zeigen, wie lange wir es hier noch aushalten müssen.
Nach langer Zeit hat es wieder einmal geregnet, was sich beim Putzen der Sachen sehr bemerkbar macht. Da ich heute daheim geblieben bin, habe ich mich wieder einmal einer gründlichen Reinigung unterzogen, was bei den gegebenen Umständen hier nicht so einfach ist, weil man das nur im Schulhof machen kann.
Schlafe gut und bleibe gesund. Sei Du vielmals herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.
Küsse die Kinder herzlich von mir und grüße sie vielmals von ihrem Vater.


 Meine liebe Annie!                                                                          U.H., den 18.6. 1940

Nun habe ich auf einmal 4 Briefe von Dir erhalten.
Ich habe da viel zu lesen gehabt und habe dabei wieder erfahren, wie es Euch geht und was Ihr treibt.
Laßt Euch nun das Obst soweit es heranwächst gut schmecken.
Die Bilder sind wieder durchweg alle gut geraten und Du lachst ja fest auf dem Bild. Da hast Du ganz recht, wenn du das machst, denn das sieht man viel lieber. Jetzt habe ich aber so viele Bilder da, daß ich sie gar nicht alle mehr aufbewahren kann, weil alles aufträgt und Platz habe ich keinen, weil doch alles auf den Abmarsch eingerichtet ist.
Morgen haben wir wieder einen Marsch von 20 km mit Gepäck. Die Füße müssen schon tüchtig herhalten, weil man außerdem den ganzen Tag rumspringen muß. Wenn man sich einmal gründlich ausruhen könnte, wäre das eine Wohltat. Wir müssen aber auf Härte durchgebildet werden und wir wünschen nun, daß wir bald wegkommen von hier, dies vor allem auch deshalb, weil wir bei unserer Sonderausbildung einige Vorgesetzte haben, die nicht gerade sanft mit uns umgehen. Mit Ausdrücken wird dabei nicht gespart.
Mit dem Bild von mir war das bis jetzt so eine Sache. Wie Du weißt, haben wir bis vor kurzem keinen Ausgang gehabt und am Sonntag habe ich die Gelegenheit wahrgenommen und habe mich aufnehmen lassen. Sobald ich die Bilder habe, schicke ich Dir diese zu, Du kannst sie dann verwenden wir Du willst. Ich meine, Du kannst ja dann Deinen  Eltern einige schicken oder sonst wem.
Grüße und küsse die Kinder vielmals von mir und sei Du selbst herzlich und oft gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.

Samstag, 13. Juni 2015

Brief 15 vom 14./16.6.1940


Meine liebe gute Frau!                                                       U.H., den 14.6.1940  

Ich hatte die Absicht, nicht auszugehen, doch meine Kameraden und die Preisgabe von Paris haben mich verleitet. Andererseits ist es so, daß wir, wenn wir hier fortkommen, weniger Gelegenheit dazu haben.
Post habe ich noch nicht wieder von Dir erhalten, doch es soll noch welche beim Bataillon liegen, die morgen verteilt werden soll. Ich glaube, daß welche für mich mit dabei sein wird.
Heute hatten wir, wie die letzten Tage, Appell, nur zum Unterschied, daß es einmal wieder ein großer war. Man gewöhnt sich an alles und läßt sich durch nichts mehr erschüttern.
Morgen haben wir wieder exerzieren und am Sonntag auch Gewehrappell. Der Dienst ist bei der Marscheinheit nicht mehr so streng und etwas gelockerter.
Nächste Woche soll bis zu unserem Abtransport der Dienst etwas strenger sein, doch das macht ja nichts, jedenfalls sind wir nicht mehr, wie es in Göding der Fall gewesen wäre, die Rekruten.
Morgen haben wir bis  11 Uhr Ausgang. Wahrscheinlich werde ich dann noch ins Kino gehen, wenn wir nicht, wie angekündigt, durch die Kompanie dorthin geführt werden.
Der Dienst, wie er jetzt ist, ist ohne weiteres zu ertragen nur mit der Einschränkung, daß man bedeutend mehr Geld verbraucht als bisher, doch bis jetzt langt es mir und ich brauche Dich nicht anpumpen, sollte dies doch noch notwendig werden, so werde ich Dir rechtzeitig Bescheid zukommen lassen.
Wir werden, wie unser Hauptmann uns heute wiederum bekannt gab, demnächst bestimmt im Westen eingesetzt, doch wenn sich die Dinge dort so überstürzen, werden wir bald noch zu spät kommen. Wir müssen selbstverständlich den Dingen ihren Lauf lassen.
Sei Du, liebes Mädel, vielmals gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.
Grüße und küsse die Kinder herzlich von mir und grüße Vater von mir.


Meine liebe Frau!                                                                U.H.,den 16.6.1940

Wieder haben wir Sonntag und mich würde jetzt interessieren, was Ihr heute macht, doch bis in einigen Tagen werde ich es ja von Dir wieder wissen.
Ich bin heute Nachmittag mit meinen 2 Kameraden, mit denen ich jetzt immer beieinander bin, wieder von der Kaserne abgerückt und wir haben uns in einen Wirtschaftsgarten gesetzt. Wir haben seit 2 Uhr frei und man sehnt sich doch wieder darnach, aus dem Zwang des Kommis für einige Stunden herauszukommen, obwohl wir uns über zu strengen Dienst nicht beklagen können. Wir wissen ja nicht, wie lange wir noch hier sind und wie lange wir noch Gelegenheit haben, uns so zu bewegen.
Ich nehme an, daß Du Verständnis für mein Verhalten hast. Ich brauche jetzt natürlich mehr Geld, wie es daheim der Fall war.
Gestern erhielt ich Deine beiden lieben Briefe vom 10. und 11., sowie auch Dein Päckchen. Das hast Du aber fein berechnet, daß der Kuchen zum Sonntag ankommt. Heute früh habe ich fast die Hälfte gegessen und den Rest werde ich auch bald verzehren. Eines bitte ich Dich aber, schicke mir bitte vorerst keinen Kuchen oder Gebäck, weil ich jetzt keine Gelegenheit habe, es fortzuschließen und alles auf meinem Strohsack aufbewahren muß. Zudem ist es unsicher, ob es mich hier noch erreicht und wenn es länger auf der Post liegt, geht alles nur kaputt.
Deine Frage wegen meiner Waffe hatte sich ja, wie Du selbst schreibst, von selbst erledigt. Es ist aber nicht so, daß man sich dazu meldet, sondern man wird dazu einfach eingeteilt.
Im Laufe der kommenden Woche wird man uns auch an unserer Waffe weiter ausbilden.
Die letzten Tage war es neben der Sonnenhitze auch noch schwül, daß es einem den Schweiß aus allen Poren tritt. Hoffentlich kommt bald die notwendige Abkühlung. In den nächsten Tagen werde ich die überflüssige Wäsche, die mir in meinen Tornister im Wege ist, zurückschicken. Sollte ich hier einen der üblichen Wäschebeutel erhalten, so werde ich Dir wieder darum schreiben.
Gestern waren wir hier zum Theater. Es war das Berliner Lessingtheater mit Lotte Werkmeister zu Gast. Es war ganz unterhaltend und für uns eine angenehme Abwechslung. Sonst ist es nicht so einfach, hier einmal ins Kino zu gehen, denn bis jetzt habe ich nur ein Kino entdeckt, in dem z.Zt. ein tschechischer Film gespielt wird, doch in der kommenden Woche wird der ungetreue Eckehard gespielt, wo ich wahrscheinlich am Samstag hingehen werde, sofern wir bis dahin noch hier sind.
Jörg hat sich jetzt auf die Obstmalerei verlegt. Das ist ja alles wieder ganz nett geraten und ich freue mich jedes Mal darüber, wie er es so genau nimmt. Helga ist, wie mir scheint, durch die unregelmäßige Schule wieder etwas mehr in Anspruch genommen. Sie sollen nur beide richtig parieren. Die Baderei macht ihnen sicher wieder Spaß. Ja, das Baden und den See vermisse ich sehr bei diesem Schwitzen.
Ich möchte  mich nun , nachdem der Tag wieder abgeschlossen ist, zur Ruhe begeben und sage Dir gute Nacht, mein liebes Mädel. Sei vielmals gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst. Grüße Vater herzlich von mir.

Freitag, 12. Juni 2015

Brief 14 vom 12.06.1940


Mein liebe Frau!                                                                                   U.H., den 12.6.1940

 Mittag ist wieder vorbei und die meiste Zeit unserer Wache haben wir hinter uns. Jetzt muß ich noch einmal von 4-6 Uhr Streife machen. Müde bin ich ja schon ziemlich, denn die Wärme macht einem schon zu schaffen. Wenn man immer so seine Runden ziehen muß, so wirkt das mit der Zeit erschlaffend, vor allem, wenn man nur so wenig geschlafen hat.
Wie ich Dir gestern schon geschrieben hatte, sind wir jetzt mit anderen Leuten zusammen gekommen, die in ihrem Benehmen fast noch die reinen Kinder sind. Ich habe bis jetzt noch einige Kameraden von Göding hier dabei, mit denen ich mich so einigermaßen verstehe, und ich hoffe, daß ich mit diesen beieinander bleiben kann. Wieder ist eine Woche vergangen und nun sind es 4 Wochen, seit ich von Euch fort bin.
Seit diesem Tage habe ich beim Kommis vieles erlebt und auch gelernt. Ihr habt Euch an die Trennung nun gewöhnt, ich ja schließlich auch, aber, das gegenwärtige Leben wird einem mit der Zeit langweilig, weil es so ein Herumzigeunern ist, weil man immer wieder umziehen muß und keine feste Bleibe hat.
Heute ist unsere Kompanie wieder in eine andere Schule umgezogen, wo wir sicher so lange bleiben werden, bis wir wegkommen.
Über den Zeitpunkt des Abtransports sind die verschiedenen Gerüchte im Umlauf. Es wird aber auch hierbei am besten sein, man läßt die Dinge auf sich zukommen.
Es hat geheißen, unsere Post von Göding sei nachgeschickt worden, wir wollen nun sehen, ob es stimmt. Meine neue Anschrift hast Du ja nun bald und dann wird ja die Post hierher gesandt werden.
An Deine Eltern habe ich soeben geschrieben, damit sie auch wieder wissen, wo ich stecke.
Soeben kommen wir von unserem ersten Ausgang zurück. Ich habe mir heute etwas Wein und Knödel und Ei geleistet. Es hat  ausgezeichnet geschmeckt. Kameraden haben mir gerade 2 Briefe von Dir ausgehändigt, die ich noch nicht lesen konnte, weil gleich Zapfenstreich ist.
Gute Nacht, liebes Mädel, und sei vielmals herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.


 Meine liebe Annie!                                                                                  U.H., den 13.6.1940

Gestern Abend und heute habe ich Deine Briefe gelesen und mich wieder sehr darüber gefreut, in welch liebevoller Weise Du an mich gedacht hast.
Die Bilder hast Du wieder fein gemacht, auch da muß ich Dir mein Lob aussprechen und für Deine sinnvolle Änderung des Schränkchens ebenfall.
Unseren Wachdienst haben wir nun hinter uns und trotz großer Müdigkeit haben wir gestern die Gelegenheit benutzt und sind ausgegangen. Nachdem wir nun 4 Wochen unter Kommandogewalt stehen, ist es doch angenehm, wenn man in der Freizeit einmal hingehen darf, wo man will.
Wir sind in eine Wirtschaft gegangen und haben etwas getrunken und gegessen, einmal ohne Soda. Der Wein war ausgezeichnet, den ich getrunken hatte. Um 10 Uhr mußten wir wieder da sein.
Wenn wir unsere Soldbücher wieder haben, so können wir bis 11 Uhr ausbleiben. Die anderen Kameraden, die keine Wache hatten, waren gestern durch Dienst nicht gerade sehr beansprucht worden und wir bis heute Mittag auch noch nicht. Es kann aber sein, daß sie uns in den nächsten Tagen schon richtig rannehmen.
Daß Du meine Post so unregelmäßig erhältst, wundert mich , denn ich schicke sie immer laufend weg; woran das liegt, kann ich mir auch nicht recht erklären. Wahrscheinlich wirst Du die 5 Päckchen erhalten haben, was mich sehr freuen würde.
Siegfried hat es ja dann ganz gut getroffen und er hat ja dann Aussicht, nicht mehr direkt an die Front zu müssen, wenn es so bleibt. Das Stiefelputzen und das Putzen der anderen Sachen macht mir auch heute noch keine große Freude, es muß aber ohne Murren getan werden. Im Übrigen gewöhnt man sich ja an alles, was aber nicht heißen soll, daß ich diese Kommisgewohnheit auch noch daheim auszuüben beabsichtige. Ich möchte Dir, wenn ich einmal wieder heimkommen sollte, keines Deiner Privilegien streitig machen.
Heute Nachmittag war ich zum Haareschneiden in der Stadt. Die Leute sind uns freundlich entgegengekommen, mit denen wir zusammen gekommen sind. Untereinander sprechen sie tschechisch aber sonst können sie gut deutsch reden.
Eis habe ich auch gegessen, aber bei uns schmeckt das wieder besser. Jedenfalls ist es wieder einmal ein anderes Gefühl, wenn man mal wieder frei ausgehen kann.
Sie Du vielmals grüßt und geküßt von Deinem Ernst.
Küsse die Kinder von mir und sage ihnen, sie sollen nur brav sein und Dich nicht ärgern. Grüße Vater ebenfalls.

Donnerstag, 11. Juni 2015

Brief 13 vom 11.06.1940


Meine liebe Annie!                                                   Ung. Hradisch, den 11.6.1940                                                             

Gestern habe ich Dir mitgeteilt, was man mit uns vor hat.
Morgen kommt das vor uns ausgebildete Marschbataillon fort. Wir werden dann später nach Vollendung unserer Division zugeteilt, die wahrscheinlich irgendwo in Frankreich kämpft. Es ist uns angekündigt worden, daß wir jetzt mit großen Märschen zu rechnen haben und daß wir daraufhin durchgebildet werden.
Wir waren gestern in einer Schule und zwar im hiesigen Realgymnasium. Die Reinlichkeit bei den Tschechen scheint nicht gerade eine hervorragende Rolle gespielt zu haben. Die Aborte sind verschmiert und schmutzig. Wir müssen uns eben mit diesen behelfsmäßigen Zuständen abfinden, denn wir sollen morgen sicher wieder umziehen.
Heute bin ich von 18 Uhr bis morgen 18 Uhr auf Wache, damit ich das auch einmal kennen lerne. Ich habe mich dazu freiwillig gemeldet. Wir müssen dabei während der ganzen Zeit umgeschnallt lassen, ebenso die Gasmaske. Es wird einem eben dabei nicht zu leicht gemacht; das gehört ja auch zur Abhärtung.
Bei unserer neuen Einheit haben wir wieder andere Vorgesetzte, an die wir uns wieder gewöhnen müssen. Unser letzter Feldwebel in Göding hat zu uns immer gesagt, so dumme Kerle wie uns hätte er noch nie gehabt. Obwohl wir mit ihm nun 14 Tage beieinander waren, hat er sich von uns 3 - 4 Mal verabschiedet und man hat ihm angemerkt, daß es ihm nicht einerlei war, daß wir wieder fort sind. Man sieht also daraus, daß er mit den Leistungen von uns alten Knaben zufrieden war.
Hier sind wir mit Leuten zusammen, die teilweise schon 8 Wochen und länger gedient haben und die zum Teil erst 23 - 28 Jahre alt sind. Es wird sich nun zeigen, ob wir diesen Jungen auch gewachsen sind.
Ich will es jedenfalls nicht bezweifeln und ich für meinen Teil werde wie bisher mein äußertest tun; mehr kann man nicht verlangen. Ob die einzelnen Blindgänger, die ja überall dabei sind, auffallen, soll mir gleich sein. Vorerst wird es, wie ich Dir ja gestern schon schrieb, immer wieder Appelle geben, bis alles in Ordnung ist. Hier wird sehr darauf gesehen, daß jeder seine Sachen hat was ihm zukommt. Auch hier haben wir bis jetzt gutes und reichliches Essen, wir hoffen, daß es auch so bleibt.
Hier sind sehr ausgedehnte Kasernenanlagen, die von dem Tschechen noch gebaut worden sind und scheinbar erst kurz vor der Übernahme durch uns fertig geworden sind. Auch sonst  der Ort, wie wir ihn bis jetzt gesehen haben, macht einen geordneteren Eindruck wie Göding.
Wenn wir ja einmal Ausgang erhalten sollten, so werden wir das ja feststellen. In Göding sind wir ja nie fortgekommen, außer einmal, wo wir im Kino waren.
Wenn sich bei Euch irgendetwas ereignet, gerade so wie die Bombardierung bei Euch, so schreibe mir das bitte, denn es ist mir nicht recht, wenn ich es von anderen erfahre. Ich bin dann beruhigter, wenn ich so etwas von Dir gleich erfahre.
Ich muß nun immer  wieder feststellen, daß Du dich des Gartens in ganz intensiver Weise annimmst. Ihr werdet jetzt fest Erdbeeren haben, auch die Johannisbeeren werden langsam reifen. Sag  mal, trinkst du eigentlich den Wein, wie wir es besprochen hatten? Weiter möchte ich Euch bitten, geht zum Baden, wenn es nur irgendwie möglich ist. Schickt mir bitte ja kein Obst, denn das wäre ja doch nur verdorben, bis es hierher kommt, vor allem, wo man nicht weiß, wie lange man hier ist.
Helga hat sich aber sehr angestrengt mit ihrem Schreiben und sie hat nicht einmal viel Fehler, vor allem, wenn man berücksichtigt, daß sie es ganz aus sich heraus geschrieben hat.
An Deine Eltern werde ich heute auch schreiben, damit sie meine neue Anschrift erhalten. Ebenfalls werde ich sicher noch an Nanni schreiben.
Das Wetter ist seit dem Regentag, den ich Dir von Göding gemeldet hatte, hier immer schön gewesen. Der Himmel ist hier fast den ganzen Tag blau, fast wie im Süden. Eigenartigerweise haben wir hier schon zeitiger dunkel wie bei Euch und zwar zwischen 9 und 1/2 10 Uhr abends; doch geht nun diese Zeit der Tag schon um die gleiche Zeit früher an, wie er im Verhältnis zu Euch aufhört.
Auf Posten nichts neues. Soeben bin ich von meinem Streifendienst zurück und es ist jetzt Mitternacht. Der Mond und die Sterne haben auf uns geschienen und wir haben unsere Runden gezogen. Ausgerüstet mit Gewehr und 10 scharfen Patronen. Leuchtpistole und dazugehörige Munition. Geschlafen habe ich noch nicht, doch bis zur nächsten Streife um 4 Uhr werde ich mich noch etwas auf die Pritsche legen. Sie ist zwar hart und umgeschnallt muß man dabei auch lassen, aber man kann sich dabei etwas ausstrecken. Ihr werdet jetzt sicherlich schlafen und werdet kaum ahnen, daß ich noch munter bin.
Ihr braucht aber den Schlaf sicher auch, denn auch an Euch werden am Tage viel Anforderungen gestellt. Schlaft Ihr gut weiter. Sei Du vielmals und recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.
Küsse die Kinder vielmals von mir.

Dienstag, 9. Juni 2015

Brief 12 vom 9./10.6.1940


Meine liebe Annie!                                                                                  Göding, den 9.6.40

Morgen müssen wir nun um 5 Uhr von hier fort. Das ist der letzte Brief von hier.
Vorerst fahren wir nach Ung. Hradisch, das ist etwa noch 30 km NW von hier, dort werden wir wahrscheinlich zusammen gestellt. Wir nehmen an, daß wir irgendwo als Besatzungstruppe verwendet werden, ob dies aber stimmt, wird sich ja zeigen.
Ich schicke heute noch einige Sachen zurück, die nur hinderlich sind. Das Besteck habe ich mir hier gekauft gehabt und die Bürste darf ich nicht verwenden.
Die Wäsche ist ordentlich durchgeschwitzt und bedarf der gründlichen Reinigung.
Es ist eigenartig beim Kommis; heute früh sind wir fast den halben Vormittag rumgesessen und als wir unsere Sachen gefaßt hatten, ging wieder alles nicht schnell genug. Doch unseren Appell haben wir hinter uns und auch alles andere wird sich wieder finden.
Unsere Erkennungsmarke haben wir gefaßt. Meine lautet 4./Inf.Ers.Vatl.460 A 815.
Eiserne Portionen haben wir auch gefaßt, es sieht also schon ernst aus.
Gestern hatten wir noch die Gasprobe machen müssen und ärztliche Massenuntersuchung ist auch schon vorbei. Ich werde Dir wieder umgehend schreiben. Unsere Märsche habe ich soweit überstanden.
Die angeschlossenen Schecks kannst Du einreichen und evtl. bei einem Zigarettenhändler einlösen oder direkt einsenden, das überlasse ich Dir aber ganz allein, ob Du Lust dazu hast.
Heute von 4 Wochen waren wir auf dem Haldenhof, da war es aber doch schöner wie hier. Das war doch ein schöner Tag, den wir uns da geleistet hatten.
Was machen unsere Bäume, tragen die eigentlich etwas oder ist alles runtergefallen?
Helga hat sich aber wieder fest angestrengt mit ihrem Schreiben, auch Jörg. Gib beiden einen festen Kuß von mir.
Herzlich grüßt und küßt Euch alle in Liebe Euer Vater und Ernst.
An die Kommismanieren habe ich mich auch schon gewöhnt; aus der Flasche kann ich jetzt trinken und essen kann ich mit dem Taschenmesser. Ja, da staunst Du, wie man da das Heikelsein aufgibt.
Gute Nacht und schlafe gut.


 Mein liebe Annie!                                                                                  U.H., den 10.6.1940

Wir sind in einer tschechischen Schule untergebracht und zwar behelfsmäßig.
Wir wurden hier zu einem Ers.Marsch-Batall. zusammengestellt, das dann in Frankreich eingesetzt werden soll. Wir werden demnächst sehr viel marschieren müssen, doch werden wir vorher  noch verschiedene Appelle über uns ergehen lassen müssen.
Meine Anschrift lautet jetzt:
Schütze E.R. 3/J.E.B. 470(IV) Ung. Hradisch.
Das andere alles wie sonst. Ich habe heute Mittag die beiliegende Karte geschrieben, doch ich möchte Dir gleich meine neue Anschrift mitteilen, damit Du weißt, wo ich stecke. Ich habe deshalb einem 20 Pfennig gegeben, damit er meine Stiefel mit putzt und ich Dir dafür schreiben kann.
Sei herzlichst gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst .
Küsse die Kinder von mir und grüße Vater von mir, denn Kurt wird ja schon wieder fort sein bis mein Brief ankommt. Dora hat doch demnächst Geburtstag, schreibe ihr nur noch. Die Schokolade, die Du mir mitgegeben hast, habe ich erst heute angefangen mit essen, bin ich da nicht sparsam?

Montag, 8. Juni 2015

Brief 11 vom 7./8.6.1940


Meine liebe Annie!                                                                               Göding, den 7.6.1940  

Aus der Nachtübung ist nun ein Nachtalarm geworden.
Heute sind wir 3/4 3 Uhr aus der Falle geholt worden. Mit Dauerlauf sind wir auf unseren Platz gesprungen. Anschließend war Antreten und ohne Kaffee und Frühstück haben wir dann unsere große Übung angetreten, die dann bis 1/2 12 Uhr gegangen ist. Pause war fast kaum dabei, nur einmal 3/4 Stunde. Wir haben dabei mit Gasmaske marschieren und Dauerlauf machen müssen, was diesen Marsch noch erschwert hat.
Vorher mußten wir unsren MG-Karren durch den Sand ziehen. Der Marsch war etwa 35 km lang. Alles war so ziemlich erledigt. Unser Oberleutnant hat aber selbst sagen müssen, daß er mit unseren Leistungen zufrieden sei. Unser Dienst geht wohl heute Nachmittag noch weiter, aber es wird wahrscheinlich nicht so streng werden. Diese Maientour haben wir nun wieder hinter uns.
Die Wälder sind hier sehr ausgedehnt und meist Birken, Akazien, Eichen oder Kiefern. Die jungen Kiefern haben einen sehr würzigen Geruch und die Akazienblüte strömt auch ihren Duft aus.
Morgen soll Besichtigung durch einen General sein: Ob es wahr ist, müssen wir erst sehen.
Heute Nachmittag haben wir unsere Koffer abgegeben und sie sind auch gleich abgeliefert worden.
Die Sachen wirst Du dann noch nachsehen und versorgen. Ein paar Käse habe ich noch dazu gepackt. Ich hätte gern noch etwas Schokolade beigefügt, doch ich hatte leider keine zur Hand. Hast du eigentlich mein Päckchen noch nicht erhalten?
Ich muß Dir nur immer wieder mein Lob aussprechen, wie Du Dich um den Garten kümmerst. Ich glaube aber selbst, daß Du viel Freude daran hast.
Auch die Bilder freuen mich immer wieder, wenn ich sie mir ansehe. Die zwei Bilder sind wieder ausgezeichnet. Auch das letzte Bild von Dir hat mich wieder erfreut, entspricht es doch der Wirklichkeit. Was hast du denn für ein Kleid dabei an?
Schlafe gut und  sei Du, sowie die Kinder vielmals gegrüßt und geküsst von Deinem Ernst.


Meine liebe Annie!                                                                                Göding, den 8.6.40


 Ich kann Dir heute nur kurz schreiben.
Wir kommen am Montag von hier weg. Stelle also bitte Deine Schreiberei ein, bis Du wieder Nachricht von mir erhältst.
Heute sind wir am Vormittag wieder fest drangenommen worden. Wir hatten exerzieren mit MG-Übung, 1 1/2 Stunden dabei die Gasmasken auf, das hat wieder geschlaucht.
Anschließend hatten wir vom Exerzierplatz bis zur Kaserne Eilmarsch, dabei sind wir noch fertig gemacht worden. Ich habe kaum noch richtig stehen können.
10 Minuten später mußten wir in den Gasraum mit Gasmaske.
Am Nachmittag wurde uns bekannt gegeben, daß wir fort kommen.
Ein Päckchen von Dir ist heute angekommen, ich danke Dir vielmals dafür. Ich werde mir nun alles gut schmecken lassen.
Ich habe auch noch einiges an Euch abgeschickt und zwar 3 Päckchen, hoffentlich kommt alles gut an. Es hat mich gefreut, daß Ihr das andere erhalten habt und daß Ihr Euch darüber gefreut habt.
Gute Nacht liebes Mädel und sei Du vielmals herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.
Grüße Vater und Kurt von mir.
Mit der Anschrift ist es ja köstlich, aber in der Eile ist das nun vorgekommen.

Dienstag, 2. Juni 2015

Brief 10 vom 02.06.1940


Meine liebe gute Annie!               Göding, den 2.6. 1940                           



Unser Dienst ist fast wieder beendet, nur um 8 Uhr findet noch eine Filmvorführung statt.

Der Tag war von heute früh um 5 Uhr wieder lang. Ich kann nur immer wieder  feststellen, daß meine Müdigkeit am Abend nichts zu wünschen übrig läßt. Das Wetter war wieder ziemlich windig, aber auch sonnig. Wir haben auch wieder manches Mal im Dreck liegen müssen, doch wir müssen es gemeinsam ausfressen, so werden wir es auch gemeinsam ertragen.

Morgen habe ich wieder Stubendienst, dann wird der Tag auch wieder knapper. Wahrscheinlich haben wir am nächsten Sonntag zum ersten Mal Ausgang, diesmal hatte es nicht gelangt, weil wir noch keine Koppel hatten.

Heute Abend beim Film erhielt ich Deinen Brief vom 21.5. Ich glaube, daß der Postwechsel jetzt langsam zum Klappen kommt. Du kannst also beruhigt sein, wir sind in richtigen Kasernen untergebracht.

Mit dem Geschwätz des Uhink ist es wieder ein großer Unsinn. Ungeziefer ist bis jetzt noch nicht bekannt geworden. Ich glaube, das existiert bloß wieder in dessen Gehirn.

Mit dem photografieren ist es bis jetzt noch nichts geworden, weil wir auseinander gerissen worden sind.

Ich muß nun Schluß machen, weil wieder Zapfenstreich ist. Gute Nacht und mache endlich die Funzel aus.
Es grüßt und küßt Dich vielmals Dein Ernst.