Mein liebster Schatz! 18.1.44
Das Sprichwort muß wieder fallen. Keine Post von Dir bekommen. Dagegen erhielt ich den schon verlorengeglaubten Brief Deines Vaters vom 20.12. Er hat sich recht viel Zeit genommen, aber immerhin ist er doch noch gekommen, das ist ja erfreulich. Die Verhältnisse, die Dein Vater in seinem Brief von Leipzig beschreibt, sind doch recht bezeichnend. Wenn man heute in seinem Haus nicht einmal sicher vor Einbrechern ist, das ist schon schlimm. Diese Sorte Menschen sind doch den Verbrechern aus der Luft gleichzustellen. Wenn man solche Lumpen erwischt, die gehören ohne lange Verhandlung an die Wand gestellt. _ Gestern habe ich Dir zwei Päckchen fertiggemacht. Diese haben die Nummern 5 + 6. Sie enthalten Brot und Feigen. Die Feigen sind wahrscheinlich nicht so besonders. Wenn Ihr sie richtig sauber macht, dann sehen sie sicherlich schon besser aus. Wunschgemäß hatte ich einen größeren Schwamm gekauft. Den habe ich mit beigepackt. Hoffentlich kommt alles gut an. Ich denke, daß dieser Schwamm besser sein wird wie die anderen. Ich glaube aber, daß Ihr die anderen auch mit verwenden könnt. Mit der nächsten Post schicke ich dann wieder Rosinen und Zigaretten ab. Hast du keine Interessenten dort, der Dir etwas eintauscht gegen etwas zu Beißen? Die Versprechungen, die ich von dem einen Kameraden erhalten hatte, waren wie es meist der Fall ist, leer. Aber mit solchen Enttäuschungen muß man immer wieder rechnen. Ich habe das sehr bedauert, aber leider kann ich es nun nicht mehr ändern. Ich weiß, daß Ihr bis jetzt immer noch ausgekommen seid, aber eine kleine Bereicherung des Küchenzettels wäre nicht abzulehnen. Ich für mein Teil werde immer wieder zusehen, daß ich etwas für Euch erhalte.
Nun kam doch noch ein Brief von Dir an. Es ist der vom 4.1. Ja, man soll nicht vorher meckern. Aber ich nehme alles wieder zurück. Du schreibst, daß Du wieder ein Päckchen mit Früchten erhalten hast. Es geht aber nicht eindeutig daraus hervor, ob alles gesund angekommen ist. Ich glaube aber, annehmen zu können, daß nicht schlecht geworden war. Ich bekomme hier wieder Apfelsinen, davon werde ich Dir einige Kartons voll zugehen lassen, damit Ihr auch etwas davon habt. Über Deine Bestätigung, daß ich Dir mit meinen Sendungen immer geholfen habe, hat mich sehr gefreut. Und wenn unser Mädel in ihrem großen Wachstum hoch hinaus will, dann muß man zusehen, daß man ihr auf diese Art und Weise etwas zusetzen kann. Man muß eben tüchtig aufpassen, daß alles mitkommt bei diesem Tempo, das sie anschlägt. Aber nicht nur unsere Helga, sonder Dir und dem Jungen ist es ja auch etwas zugute gekommen. Daß sich Helga während der Ferien wieder erholt hat von den anstrengenden Tagen vor Weihnacht, das ist ja recht günstig. So ein bisschen bummeln und faulenzen tut eben doch gut.
Daß Du mir die doppelten Marken gleich wieder mit zugesandt hast, ist mir recht. Ich werde sie gleich wieder mit an den Mann bringen. Ich muß diesen Laden hier ein bisschen durchforschen, damit ich ein wenig vorwärts komme. Mit dem Ergebnis, das sich in diesen vier Wochen gesteigert hat, kann ich ganz zufrieden sein. Ich bin auch viel gelaufen, aber so fülle ich doch meine Freizeit etwas nützlich aus. Ich habe Dir mein Lob darüber schon letzthin ausgesprochen und ich kann es Dir heute nur wieder erneut bestätigen. Daß Du Dich nun auch noch an das Einsortieren der Marken gemacht hast, das ist ja fein. Dann herrscht wenigstens nicht solch eine Unordnung, wenn ich mich einmal darüber hermache. Der Katalog ist einem ja eine tüchtige Hilfe dabei, aber man muß mächtig aufpassen. Hier die Griechen sind ja große Gauner und man muß tüchtig aufpassen, daß sie einem nicht über das Ohr hauen. Die gehen her und machen eine neue Zähnung daran, wenn sie nicht in Ordnung sind und ähnliche Sachen. Kleine Stückchen Papier kleben sie dahinter, damit man nicht merkt, was sie einem aufbinden wollen. Zum großen Teil habe ich solchen Machenschaften aus dem Weg gehen können. Ich habe doch von diesen Sonderausgaben auch noch einige doppelte Sachen daheim. Willst Du Dir das einmal bei Gelegenheit vornehmen? Schreibe mir doch einmal , was ich doppelt habe. Vielleicht auch von dem Kameradschaftsblock der Post kannst Du mir die Sachen schicken, die ich doppelt habe. Mir kommt das jetzt vor wie ein Inventurausverkauf. Alles, was die langen Jahre herumgelegen ist, wird jetzt einmal geräumt. Aber bitte, überstürze Dich nicht damit. Alles schön nach und nach machen.
Ich schließe wieder einmal mein Schreiben ab. Halt, mir fällt noch etwas ein. Kann man in Konstanz Briefmarkenkataloge von 1944 kaufen? Die Kataloge Ivert und Seuff sind schon herausgekommen. Es kann fraglich sein, ob Du sie bekommst. Aber versuche es doch einmal. Dann schicke mir bitte sofort einen her. Kosten spielen keine Rolle, denn ich erhalte sie hier vollauf ersetzt. Doch nun recht herzliche Grüße und viele Küsse für Dich und die Kinder sendet Dir Dein Ernst.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen