Donnerstag, 16. Februar 2017

Brief 226 vom 11./13.2.1942


Mein liebes Mädel !                                                        11.2.42                                                                                 
Gerade habe ich Deinen lieben Brief vom 7.2. erhalten, das ist der Tag, an dem Du erwartet hast, daß ich unterwegs bin. Leider war das nicht möglich, daß ich auf dem Wege zu Dir und zu Euch war. Warum dieser Zwischenfall eingetreten war, habe ich Dir bereits schon geschrieben. Wie es mir in den vergangenen Tagen ergangen ist, habe ich Dir ebenfalls geschildert, aber ich hoffe, genau wie Du, daß diese Sperre nicht ewig anhält und daß es mir ermöglicht wird, doch bald meine Tätigkeit zu unterbrechen  was übrigens sehr notwendig ist aus verschiedenen Gründen  und zu Dir zu kommen. Diesen ganzen Saftladen habe ich wieder einmal gründlich satt. Aber schließlich geht dies auch vorüber und diese Sperre hat auch einmal ein Ende. Sobald sich die Möglichkeit bietet, komme ich dann angerauscht und hier rücke ich ab, sobald als möglich. Es tut mir auch heute wieder leid, daß ich Dir diesen Kummer bereiten mußte, aber Du wirst verstehen, daß ich das nicht gern getan habe. Aber ich habe immer noch Zuversicht, daß der Urlaub noch vor mir liegt und daß ich darum diesen noch mit Dir und den Kinder verbringen kann. Hoffentlich sind dies noch freundliche und ordentliche Tage, die uns beschieden werden.
Unseren Kurt hat es  nun auch getroffen. Er fährt nun auch gen Osten. Ich habe nur den festen Wunsch, daß er gesund wiederkommt, denn mit dem Begriff „Osten“ ist doch eine Härte verbunden, die von einem kommenden Kampf zeugt, wie sie die vergangene Zeit bereits gezeigt hat. Ich bin jedenfalls mit allen meinen Gedanken bei ihm und ich hoffe, daß er alles gut übersteht. Wenn er auch keinen Anhang hat, so ist doch all mein Glaube und mein Wollen und Wünschen, daß er gesund uns alle wiedersieht. Ich kann voll und ganz nachfühlen, was es bedeutet, nach Osten zu fahren. 
Daß die Kinder schon wieder schulfrei haben, ist weniger schön, aber andere Dinge gehen jetzt im Kriege vor. Das die allgemeine Wirtschaft darunter leiden muß, läßt sich wohl einrichten, dagegen ist es weniger tragbar für die Kinder, denn was sie gelernt haben, haben sie gelernt. Hoffentlich wirkt sich diese Beeinträchtigung nicht zu lange aus. 
Eure Zähne sind, wie ich lesen konnte, auch wieder soweit in Ordnung. Das freut mich, denn das heißt viel, wenn man das alles in Ordnung hat.  Sei mir bitte nicht böse, wenn ich Dir die Absage mitteilen mußte. Ich wäre gern gekommen, aber auf die höhere Gewalt hatte ich keinen Einfluß. Der Adjutant hat mir aber gesagt, daß ich der nächste bin, der als Erster nach Aufhebung der Urlaubssperre auf Urlaub fährt, darum sei für heute recht herzlich und vielmals gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.

Mein liebstes Mädel !                                                    13.2.42              

Ich sitze heute Abend wieder einmal auf OvD. Das kommt auch zwischendrin immer wieder einmal vor. Deinen lieben Brief vom 8.2. habe ich erhalten. Ja, das war der Tag, an dem ich bei Euch sein sollte. Doch da wurde ja nun nicht draus. Ich bin froh, daß ich nicht ernstlich krank war und daß ich das gut hinter mich gebracht habe. Ich hoffe mit Euch, daß diese Sperre nicht mehr so lange dauert, denn ich habe das Empfinden, daß ich einmal eine Weile hier heraus muß.
Das sich Vater wegen Kurt Sorge macht, ist wohl verständlich, doch man kann nur sagen, daß Millionen mit ihm das gleiche Schicksal teilen müssen. Daß er nicht so fest ist, stimmt schon, aber ich nehme an, daß dieses wechselhafte Wetter hier genau so unpassend ist für ihn. Denn wenn man hier nicht Obacht gibt, hat es einen bald gepackt. Ich hätte es für ihn auch lieber gesehen, wenn er hier hätte bleiben können. Aber hoffen wir, daß es bald geschafft ist und daß einmal alles vorbei ist. 
Daß sich unser Junge über die Fruchtstangen jetzt hermacht und daß sie ihm schmecken, ist doch schön.  Ich habe, wie ich Dir wohl schon schrieb, im Revier auch davon versucht und ich habe festgestellt, daß sie schon genießbar sind.  Beim Empfang dieser Stangen habe ich den Satz geprägt „Das ist Italiens Kriegshilfe“, denn bis jetzt hat man doch noch nicht viel gesehen und die Hauptlast lag doch bei uns. Einige von diesen Stangen habe ich auch wieder da liegen. Ich weiß ja nun, daß ich dafür einen freundlichen Abnehmer finde.  Daß ich vom Baum beim Reparieren des Starenhäuschens abrutschte, dürfte aber kaum passieren. Vor allem wenn es noch eine Weile hingeht, bis ich mit meinem Urlaub drankomme. Also deshalb brauchst Du Dir keine Sorgen zu machen. Wegen des Geldes habe ich Dir ja schon in einem meiner vergangenen Briefe Bescheid gegeben. Nachdem Du schon den Bescheid von mir hast, werde ich es sicher noch selbst ausgehändigt bekommen.
Wegen der Butter kannst Du Vater sicher bald noch etwas abgeben, wenn Du mein letztes Päckchen erhältst.  Ich hoffe natürlich, daß es ordentlich ankommt. Daß Du auf diese Sachen, die Du von Vater bekommen hast, großen Wert legst, kann ich mir sehr gut vorstellen. Ich habe mich nochmals wegen etwas Zucker umgesehen. Ich glaube, daß ich noch etwas Zucker bekommen werde. Es ist eben alles bedeutend schwieriger und das wird nicht besser, sondern immer schwieriger mit der Länge des Krieges. 
Daß Du Dir den Sonntag angenehm gestaltest hast und einmal etwas weniger arbeitest, ist doch nur verständlich. Das ist zwar nicht wie in normalen Zeiten, aber etwas soll sich der Sonntag doch von den anderen Tagen unterscheiden. Ich bin heute nicht in der richtigen Schreibstimmung, Du wirst es sicher auch schon am ganzen Brief gemerkt haben. Aber es ist nicht ein Tag wie der andere. Lasse mich bitte heute schließen. Sei recht herzlich gegrüßt und vielmals geküßt. Unseren beiden Stromern gib bitte auch einen herzhaften Kuß. Du selbst sei nochmals recht herzlich geküßt von Deinem Ernst.

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