Du meine gute Annie, liebstes Mädel ! 30.4.45
Eine Zusammenfassung der Dinge, die ich in letzter Zeit
durchlebt habe, konnte ich Dir vor
wenigen Tagen abgeben. Ich dachte, daß es das letzte Mal für längere Zeit
gewesen war, daß ich Dir schreiben könnte. Ich bin aber nun noch einige Tage
auf freiem Fuß geblieben und erfuhr durch das Radio, daß Konstanz im Zuge der
Kampfhandlungen in die Hand der Feinde gefallen ist.
Daß Ihr französische Besatzung dort habt, ist zwar weniger erfreulich, aber kann man sich einen Wächter aussuchen, den man wünscht, wenn man gefangen ist? Ich hoffe nur, daß Ihr von schweren Kämpfen verschont worden seid, denn die allgemeine Lage war doch einmal so, daß für uns der Krieg als verloren betrachtet werden muß.
Daß wir nach diesen langen Kriegsjahren zu einem solchen Ergebnis kommen mußten, das ist ein tiefes Unglück. Was hilft es aber, daß wir uns durch vieles Nachdenken darüber das Leben noch schwerer machen als es schon ist. Es wäre mir ein Trost, wenn ich die Möglichkeit hätte, Euch in dieser Zeit eine Stütze sein zu können, aber leider sind wir so weit von einander entfernt. Wo wir nun hinkommen, wenn ich mich in die Gefangenschaft begebe, das sich nun nicht mehr länger hinausziehen läßt, das weiß ich nicht. wir sind eben gezwungen, uns in das auferlegte Schicksal zu fügen. Es sind vorwiegend schwere Gedanken, die mich beschäftigen. aber, wie gesagt, alles Zermartern des Hirns hat keinen Zweck, denn man kann ja trotz allem nichts mehr ändern.
Am vergangenen Freitag hatte ich mich hier auf der Polizei gemeldet. Dort wurde mir gesagt, daß ich heute noch einmal wiederkommen soll, um die Abwicklung aus der Wehrmacht durchführen zu lassen. Ich soll mich auf einige Tage einrichten mit Verpflegung und auch mit Wäsche. Das ist leicht gesagt, denn ich habe ja nirgends einen Anspruch auf Verpflegung usw. Aber es wird schon gehen. Ob es nun tatsächlich nur auf einige Tage ist, das kann man nicht sagen. Man begegnet solchen Anweisungen immer mit großer Vorsicht. Sollte es sich tatsächlich nur auf einige Tage beziehen, dann ist es schließlich auch recht. Von vorneherein will ich mich aber auf das Schlimmste gefaßt machen. Man kann sich hinterher mit etwas leichter eher abfinden, als wenn es umgekehrt der Fall wäre.
Bei meinem Gang zur Polizei hatte ich treuliche Begleiter. Erna mit Ursula und Elsa Legler waren mitgegangen, um zu erfahren, ob ich gleich wegkam. Als das nun anders kam, als wir geglaubt hatten, da sind wir anschließend noch zu Alice gegangen, die sich recht darüber gefreut hatte, daß ich diesen ersten Schritt unternommen hatte. Tante Agnes, die sich wohl noch größere Sorgen gemacht hatte, war ebenso froh. Ich muß mich nur immer wieder fragen, wie es kommt, daß man soviel Anteil nimmt an meinem Schicksal Ja, nun habe ich die ganze Zeit von mir erzählt und glaube mir, meine Gedanken sind immer bei Euch, meine Lieben. Anweisungen möchte ich gerne geben über dies und jenes, und doch hat das keinen Sinn, denn ich weiß erstens nicht, was sich alles bei Euch zugetragen hat, und dann ist es ja ungewiß, ob dieser Brief je in Deinen Besitz kommt.
Daß Ihr französische Besatzung dort habt, ist zwar weniger erfreulich, aber kann man sich einen Wächter aussuchen, den man wünscht, wenn man gefangen ist? Ich hoffe nur, daß Ihr von schweren Kämpfen verschont worden seid, denn die allgemeine Lage war doch einmal so, daß für uns der Krieg als verloren betrachtet werden muß.
Daß wir nach diesen langen Kriegsjahren zu einem solchen Ergebnis kommen mußten, das ist ein tiefes Unglück. Was hilft es aber, daß wir uns durch vieles Nachdenken darüber das Leben noch schwerer machen als es schon ist. Es wäre mir ein Trost, wenn ich die Möglichkeit hätte, Euch in dieser Zeit eine Stütze sein zu können, aber leider sind wir so weit von einander entfernt. Wo wir nun hinkommen, wenn ich mich in die Gefangenschaft begebe, das sich nun nicht mehr länger hinausziehen läßt, das weiß ich nicht. wir sind eben gezwungen, uns in das auferlegte Schicksal zu fügen. Es sind vorwiegend schwere Gedanken, die mich beschäftigen. aber, wie gesagt, alles Zermartern des Hirns hat keinen Zweck, denn man kann ja trotz allem nichts mehr ändern.
Am vergangenen Freitag hatte ich mich hier auf der Polizei gemeldet. Dort wurde mir gesagt, daß ich heute noch einmal wiederkommen soll, um die Abwicklung aus der Wehrmacht durchführen zu lassen. Ich soll mich auf einige Tage einrichten mit Verpflegung und auch mit Wäsche. Das ist leicht gesagt, denn ich habe ja nirgends einen Anspruch auf Verpflegung usw. Aber es wird schon gehen. Ob es nun tatsächlich nur auf einige Tage ist, das kann man nicht sagen. Man begegnet solchen Anweisungen immer mit großer Vorsicht. Sollte es sich tatsächlich nur auf einige Tage beziehen, dann ist es schließlich auch recht. Von vorneherein will ich mich aber auf das Schlimmste gefaßt machen. Man kann sich hinterher mit etwas leichter eher abfinden, als wenn es umgekehrt der Fall wäre.
Bei meinem Gang zur Polizei hatte ich treuliche Begleiter. Erna mit Ursula und Elsa Legler waren mitgegangen, um zu erfahren, ob ich gleich wegkam. Als das nun anders kam, als wir geglaubt hatten, da sind wir anschließend noch zu Alice gegangen, die sich recht darüber gefreut hatte, daß ich diesen ersten Schritt unternommen hatte. Tante Agnes, die sich wohl noch größere Sorgen gemacht hatte, war ebenso froh. Ich muß mich nur immer wieder fragen, wie es kommt, daß man soviel Anteil nimmt an meinem Schicksal Ja, nun habe ich die ganze Zeit von mir erzählt und glaube mir, meine Gedanken sind immer bei Euch, meine Lieben. Anweisungen möchte ich gerne geben über dies und jenes, und doch hat das keinen Sinn, denn ich weiß erstens nicht, was sich alles bei Euch zugetragen hat, und dann ist es ja ungewiß, ob dieser Brief je in Deinen Besitz kommt.
Ich habe aber nun einmal das Bedürfnis, mir Verschiedenes
vom Herzen herunter zuschreiben, weil ich weiß, daß ich Dir damit manches
leichter machen könnt, wenn Du Gewißheit über die Ereignisse bekommst, was sich
in meiner Umgebung ereignet hat. Ich kann mir das ja selbst ganz gut erklären,
denn mir wäre es ebenfalls eine Beruhigung, wenn ich Nachricht von Dir hätte,
ob Ihr nun wohlauf seid oder was sonst geschehen ist.
Wenn man diese schönen Frühlingstage draußen sieht und dann all dieses Geschehen betrachtet, dann könnte man fast verzweifeln. Was hat man sich früher an solchen Dingen aufrichten können. Heute hinterläßt das wenig Eindruck. Ob man sich daran später wieder einmal unbeschwert erfreuen kann? Was wäre das für eine Erholung, wenn man gemeinsam einen unserer Waldspaziergänge unternehmen könnte. Doch das müssen wir alles in den Hintergrund stellen. Noch bin ich gesund. Erna und Ursula sowie die Eisenbahnsträßler auch.
Was in Mockau los ist, das wissen wir nicht. Obwohl Dein Vater wieder in Volkmarsdorf gewesen ist, hat er sich um keinen von uns gekümmert. Aber das ist wohl eine abgeschlossene Sache. Ich wünsche Euch meine Drei, eine recht gute Gesundheit. Hoffentlich übersteht Ihr alles gut, und wenn es das Schicksal uns gestattet, dann sehen wir uns vielleicht doch einmal gesund wieder.
Vorerst ist alles noch recht dunkel. Wenn wir auch innerlich zerbrochen scheinen, so wollen wir nach außen hin den Kopf hochhalten, denn warum sollen wir unser Unglück anderen zur Schau tragen.
In aufrichtiger Liebe zu Euch allen bin und bleibe ich stets Euer Vaterle und Dein Ernst.
Wenn man diese schönen Frühlingstage draußen sieht und dann all dieses Geschehen betrachtet, dann könnte man fast verzweifeln. Was hat man sich früher an solchen Dingen aufrichten können. Heute hinterläßt das wenig Eindruck. Ob man sich daran später wieder einmal unbeschwert erfreuen kann? Was wäre das für eine Erholung, wenn man gemeinsam einen unserer Waldspaziergänge unternehmen könnte. Doch das müssen wir alles in den Hintergrund stellen. Noch bin ich gesund. Erna und Ursula sowie die Eisenbahnsträßler auch.
Was in Mockau los ist, das wissen wir nicht. Obwohl Dein Vater wieder in Volkmarsdorf gewesen ist, hat er sich um keinen von uns gekümmert. Aber das ist wohl eine abgeschlossene Sache. Ich wünsche Euch meine Drei, eine recht gute Gesundheit. Hoffentlich übersteht Ihr alles gut, und wenn es das Schicksal uns gestattet, dann sehen wir uns vielleicht doch einmal gesund wieder.
Vorerst ist alles noch recht dunkel. Wenn wir auch innerlich zerbrochen scheinen, so wollen wir nach außen hin den Kopf hochhalten, denn warum sollen wir unser Unglück anderen zur Schau tragen.
In aufrichtiger Liebe zu Euch allen bin und bleibe ich stets Euer Vaterle und Dein Ernst.