Meine liebste Annie ! 24.10.41
Herrlich scheint heute Morgen die Sonne, doch es ist sehr
frisch draußen. Es geht ja nun schon stark auf den November zu. Wenn es sich
dann am Tage erwärmt, glaubt man manchmal, daß es noch nicht ganz soweit ist,
aber man muß es schon glauben. Bis jetzt ist es bei uns immer noch in der
Wohnung geheizt. Wir müssen zusehen, daß die uns zur Verfügung gestellten
Kohlen weit genug reichen. Wenn uns das
Wetter gnädig ist, kann das wohl schon gehen, aber wenn lange und scharfe Kälte
kommt, kann das schon auf Schwierigkeiten stoßen. Man kann ja hier auch nicht
auf lange Zeit denken, drum hält man sich immer an die Gegenwart und denkt, das
andere wird sich dann schon geben. Gestern
Abend war ich wieder einmal im Kino. Es wurde der Film „Manege“ gespielt.
Dieser Film ist nicht schlecht und hat mir ganz gut gefallen. Er ist eben ein
ausgesprochener Zirkusfilm und deshalb sehr abwechslungsreich. Vorhin habe ich mit dem Tommi telefoniert.
Er teilte mir mit, daß er für 8 Wochen auf den Truppenübungsplatz muß. Er wird
erst gegen Weihnachten wieder zurückkommen. Ich glaube, daß es ihm besonders
schwerfallen wird, wenn er auch sonst ein zäher Kerle ist, dem man nicht gleich
ansieht, daß er doch allerhand aushalten kann.
Ich bin ja gespannt, wie er es durchhält. Post habe ich gestern nicht bekommen. Es kann aber sein, daß ich
nur noch so aller 3 Tage bedacht werde. Aber das läßt sich nun einmal nicht
ändern. Wegen Puddingpulver habe ich
schon nachgefragt und ich glaube, daß ich welches bekommen werde. Ebenfalls
habe ich nochmals an die Mandeln gedacht. Sobald ich das Zeug habe, schicke ich
es Dir zu. Für heute weiß ich nicht
mehr viel zu berichten. Laß mich deshalb bitte schließen. Ich grüße Dich und
die Kinder recht herzlich und sende auch viele Küsse Dein Ernst
Zu Deiner Beruhigung kann ich Dir mitteilen, daß nach nunmehr 2 Wochen meine Rückenproblem ziemlich vorbei ist. Es hat sich nun schon ganz wesentlich gebessert. Am Anfang der Woche war es ja einmal so schlecht, daß ich noch einen Arzt aufsuchen wollte, aber seitdem hat es sich von Tag zu Tag gebessert. Heute ist es, wie ich schon oben mitteilte, ziemlich vorbei. Jetzt fällt mir noch ein, daß Du mir einmal die Maße mitschicken mußt, die Du für Deinen Mantel brauchst, den ich hier dann machen lassen will. Stoff habe ich wahrscheinlich schon in Aussicht.
Meine liebe Annie ! 25.10.41
Herzlich danke ich Dir für Deinen Brief vom 20., in dem Du mir den Eingang meiner ersten Briefe vom 15. und 16. bestätigst. Es beruhigt mich insoweit, denn nun erhältst Du doch wieder laufend Nachricht. Daß ich Dir nicht gerade viel erfreuliche Sachen mitteilen konnte, liegt nun einmal in der Natur der Sache, aber Du brauchst keine Angst zu haben, Ärgern lasse ich mich nicht und wie sie es vielleicht manchmal gerne haben würden. Mit dem Platz hat sich die Sache ja nun soweit geregelt, denn das schrieb ich Dir ja vor einigen Tagen. Was den Hund anbelangt hast Du wohl recht. Übrigens hat er, als ich in Urlaub war, einmal der Putzfrau bei uns das Frühstück weggefressen und das andere Mal dem Kriegsverwaltungsrat die Wurst. Es war nur gut, daß es ihm nicht gesagt worden ist, denn sonst hätte sich dieser Mann umgebracht. Daß er aber auch manchmal noch Flegelmanieren an sich hat, hat er neulich Abend wieder gezeigt. Beim Abendbrot hat er die ganze Zeit geguckt, ob etwas für ihn abfällt. Es war zwar nicht viel, was er bekommen konnte. Als wir dann so ziemlich fertig mit dem Essen sind, geht er im Eßzimmer vor, hebt den Fuß und legt die schönste Pfütze in das Zimmer. Als wir ihn dann anriefen, wußte er sofort, daß das nicht statthaft ist und versteckte sich unter dem Tisch. Dann hat ihn aber unser Doktor hergenommen und hat ihn vermöbelt, daß er nicht schnell genug den Ausgang finden konnte.
Über die Vorgänge beim Fürsorgeamt Konstanz habe ich mich nun gar nicht geärgert. Im Gegenteil, es hat bei mir ein leises Schmunzeln ausgelöst und ein Gefühl der Schadenfreude konnte ich nicht ganz unterdrücken. Daß der Pflug sich nun gleich deshalb hat das Leben nehmen müssen, war ja nicht unbedingt notwendig. Eines ist aber sicher, daß auch hier wieder der Beweis gegeben ist, daß auch diesen „Meiers“ nicht die Bäume in den Himmel wachsen. Daß das vielen Herren bei der Stadtverwaltung wieder Wasser auf die Mühle ist, kann ich mir ohne weiteres erklären. Ich denke da in erster Linie an den Hellstern. Ich habe Dir aber früher auch schon derartige Andeutungen gemacht, es bestand nur nicht die Möglichkeit, ihm das in irgendeiner Weise nachzuweisen. Gespannt bin ich zwar, wer in diese Sache vielleicht noch mit verwickelt ist und ob er sich wieder aus der Schlinge rausziehen kann. Aber es kann sein wie es will, etwas wird immer wieder an ihm hängen bleiben. Denn daß er früher schon so mit Möbeln gehandelt hat und daß er auch verschiedene Bilder in seine Wohnung gebracht hat, das war mir damals schon reichlich klar. Ich wußte zwar nicht, wie er sie erworben hatte. Hoffentlich wird bei dieser Gelegenheit einmal richtig ausgeräuchert. Ich denke, daß sich Eberhard, unser Direktor, über diese Nachricht freuen wird. Es ist weiterhin bedauerlich, daß er nun noch Ortsgruppenleiter ist, denn das wirft doch auch einen Schatten auf die Partei. Aber es sind eben alles so Leute, die beim Umsturz seinerzeit mit so hoch geschwemmt worden sind. Ich habe heute schon Mittag Deinen Brief erhalten und beantworte ihn deshalb auch gleich heute Nachmittag, denn die Arbeit, die ich da liegen habe, interessiert mich so wenig, daß ich so ohne weiteres liegen lasse. Im Übrigen ist es jetzt wesentlich ruhiger geworden, dann leiste ich mir das schon einmal. Heute erzählte mir auch ein Kamerad von seinem Bruder, der vor Petersburg liegt, daß seit dem 12. dieses Monats eine geschlossene Schneedecke liegt.
Wie groß und wie weit die Entfernungen doch sind, kann man schon aus dem entnehmen, wenn er schreibt, daß sie, obwohl sie nun schon längere Zeit vor der Stadt liegen, immer noch Artilleriefeuer von hinten bekommen. Man hat doch wiederholt vergeblich versucht, diese Stellung auszumachen, es hat sich aber als unmöglich herausgestellt. Jetzt sagt man sich, wenn man sie nicht durch Zufall herausbekommt, so wird ihnen schon einmal die Munition ausgehen und dann werden die sich dann schon aus den Wäldern herausmachen, wenn es ihnen zu langweilig wird. Wie wird es dann dort aussehen, wenn diese Stadt einmal fallen wird.
Schön ist es bei mir im Zimmer, wenn jetzt so am Mittag, wenn ich heimkomme, die Sonne scheint. Die hellgrüne Tapete macht sich dann ganz freundlich und es ist dann auch ganz gemütlich. Gestern war es nur so, daß ich während der ganzen Mittagszeit das Fenster auflassen konnte, ohne daß es kalt wurde. Meist lese ich dann bis zu den Mittagsnachrichten um 2 Uhr die Zeitung und dann gehe ich entweder in die Stadt und erledige so das, was ich zu erledigen habe, oder ich schlafe eine Weile. Aber bei so schönem Wetter stimmt einen gleich alles besser. Man weiß ja nicht, wie lange es dauern wird, bis wieder das miese neblige und unfreundliche Wetter einsetzen wird. An Siegfried werde ich erst am Sonntag schreiben, denn ich bin noch nicht in der Stimmung dazu und am Sonntag werde ich hoffentlich auch eher Zeit Dazu haben.
Heute habe ich Euch eine ganze Masse verzapft. Ich will deshalb nun schließen. Genau vor einem Monat habe ich schon mächtige Reisegedanken gehabt. Es verfliegt doch nur so die Zeit. Ich sende Dir, mein liebes Mädel, recht viele Grüße und herzliche Küsse. Grüße und küsse auch die Kinder herzlich von Deinem Ernst
Zu Deiner Beruhigung kann ich Dir mitteilen, daß nach nunmehr 2 Wochen meine Rückenproblem ziemlich vorbei ist. Es hat sich nun schon ganz wesentlich gebessert. Am Anfang der Woche war es ja einmal so schlecht, daß ich noch einen Arzt aufsuchen wollte, aber seitdem hat es sich von Tag zu Tag gebessert. Heute ist es, wie ich schon oben mitteilte, ziemlich vorbei. Jetzt fällt mir noch ein, daß Du mir einmal die Maße mitschicken mußt, die Du für Deinen Mantel brauchst, den ich hier dann machen lassen will. Stoff habe ich wahrscheinlich schon in Aussicht.
Meine liebe Annie ! 25.10.41
Herzlich danke ich Dir für Deinen Brief vom 20., in dem Du mir den Eingang meiner ersten Briefe vom 15. und 16. bestätigst. Es beruhigt mich insoweit, denn nun erhältst Du doch wieder laufend Nachricht. Daß ich Dir nicht gerade viel erfreuliche Sachen mitteilen konnte, liegt nun einmal in der Natur der Sache, aber Du brauchst keine Angst zu haben, Ärgern lasse ich mich nicht und wie sie es vielleicht manchmal gerne haben würden. Mit dem Platz hat sich die Sache ja nun soweit geregelt, denn das schrieb ich Dir ja vor einigen Tagen. Was den Hund anbelangt hast Du wohl recht. Übrigens hat er, als ich in Urlaub war, einmal der Putzfrau bei uns das Frühstück weggefressen und das andere Mal dem Kriegsverwaltungsrat die Wurst. Es war nur gut, daß es ihm nicht gesagt worden ist, denn sonst hätte sich dieser Mann umgebracht. Daß er aber auch manchmal noch Flegelmanieren an sich hat, hat er neulich Abend wieder gezeigt. Beim Abendbrot hat er die ganze Zeit geguckt, ob etwas für ihn abfällt. Es war zwar nicht viel, was er bekommen konnte. Als wir dann so ziemlich fertig mit dem Essen sind, geht er im Eßzimmer vor, hebt den Fuß und legt die schönste Pfütze in das Zimmer. Als wir ihn dann anriefen, wußte er sofort, daß das nicht statthaft ist und versteckte sich unter dem Tisch. Dann hat ihn aber unser Doktor hergenommen und hat ihn vermöbelt, daß er nicht schnell genug den Ausgang finden konnte.
Über die Vorgänge beim Fürsorgeamt Konstanz habe ich mich nun gar nicht geärgert. Im Gegenteil, es hat bei mir ein leises Schmunzeln ausgelöst und ein Gefühl der Schadenfreude konnte ich nicht ganz unterdrücken. Daß der Pflug sich nun gleich deshalb hat das Leben nehmen müssen, war ja nicht unbedingt notwendig. Eines ist aber sicher, daß auch hier wieder der Beweis gegeben ist, daß auch diesen „Meiers“ nicht die Bäume in den Himmel wachsen. Daß das vielen Herren bei der Stadtverwaltung wieder Wasser auf die Mühle ist, kann ich mir ohne weiteres erklären. Ich denke da in erster Linie an den Hellstern. Ich habe Dir aber früher auch schon derartige Andeutungen gemacht, es bestand nur nicht die Möglichkeit, ihm das in irgendeiner Weise nachzuweisen. Gespannt bin ich zwar, wer in diese Sache vielleicht noch mit verwickelt ist und ob er sich wieder aus der Schlinge rausziehen kann. Aber es kann sein wie es will, etwas wird immer wieder an ihm hängen bleiben. Denn daß er früher schon so mit Möbeln gehandelt hat und daß er auch verschiedene Bilder in seine Wohnung gebracht hat, das war mir damals schon reichlich klar. Ich wußte zwar nicht, wie er sie erworben hatte. Hoffentlich wird bei dieser Gelegenheit einmal richtig ausgeräuchert. Ich denke, daß sich Eberhard, unser Direktor, über diese Nachricht freuen wird. Es ist weiterhin bedauerlich, daß er nun noch Ortsgruppenleiter ist, denn das wirft doch auch einen Schatten auf die Partei. Aber es sind eben alles so Leute, die beim Umsturz seinerzeit mit so hoch geschwemmt worden sind. Ich habe heute schon Mittag Deinen Brief erhalten und beantworte ihn deshalb auch gleich heute Nachmittag, denn die Arbeit, die ich da liegen habe, interessiert mich so wenig, daß ich so ohne weiteres liegen lasse. Im Übrigen ist es jetzt wesentlich ruhiger geworden, dann leiste ich mir das schon einmal. Heute erzählte mir auch ein Kamerad von seinem Bruder, der vor Petersburg liegt, daß seit dem 12. dieses Monats eine geschlossene Schneedecke liegt.
Wie groß und wie weit die Entfernungen doch sind, kann man schon aus dem entnehmen, wenn er schreibt, daß sie, obwohl sie nun schon längere Zeit vor der Stadt liegen, immer noch Artilleriefeuer von hinten bekommen. Man hat doch wiederholt vergeblich versucht, diese Stellung auszumachen, es hat sich aber als unmöglich herausgestellt. Jetzt sagt man sich, wenn man sie nicht durch Zufall herausbekommt, so wird ihnen schon einmal die Munition ausgehen und dann werden die sich dann schon aus den Wäldern herausmachen, wenn es ihnen zu langweilig wird. Wie wird es dann dort aussehen, wenn diese Stadt einmal fallen wird.
Schön ist es bei mir im Zimmer, wenn jetzt so am Mittag, wenn ich heimkomme, die Sonne scheint. Die hellgrüne Tapete macht sich dann ganz freundlich und es ist dann auch ganz gemütlich. Gestern war es nur so, daß ich während der ganzen Mittagszeit das Fenster auflassen konnte, ohne daß es kalt wurde. Meist lese ich dann bis zu den Mittagsnachrichten um 2 Uhr die Zeitung und dann gehe ich entweder in die Stadt und erledige so das, was ich zu erledigen habe, oder ich schlafe eine Weile. Aber bei so schönem Wetter stimmt einen gleich alles besser. Man weiß ja nicht, wie lange es dauern wird, bis wieder das miese neblige und unfreundliche Wetter einsetzen wird. An Siegfried werde ich erst am Sonntag schreiben, denn ich bin noch nicht in der Stimmung dazu und am Sonntag werde ich hoffentlich auch eher Zeit Dazu haben.
Heute habe ich Euch eine ganze Masse verzapft. Ich will deshalb nun schließen. Genau vor einem Monat habe ich schon mächtige Reisegedanken gehabt. Es verfliegt doch nur so die Zeit. Ich sende Dir, mein liebes Mädel, recht viele Grüße und herzliche Küsse. Grüße und küsse auch die Kinder herzlich von Deinem Ernst
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