Meine liebe Annie! O.U., den 30.1.41
Ich kann fast nicht
verstehen, warum Du so unregelmäßig Deine Post erhältst. Ich schreibe doch
immer regelmäßig, die Briefe müssen irgendwo unterwegs hängen bleiben. Ich will
Siegfried auch deshalb seinen freundlichen Hinweis nicht persönlich nehmen,
denn er gilt in diesem Fall an die Post weitergegeben.
Schade ist nun, dass sich der
Pfaff nicht sehen lässt, wenn ich daheim bin, dann würde ich ihm Bescheid
stoßen. Wenn er Dir ungemütlich wird, wirf ihn nur zum Tempel raus. Laß Dir nur
von diesen Brüdern während meiner Abwesenheit nicht auch noch den Kopf schwer
machen. Du kennst ja meinen Standpunkt in dieser Beziehung, und wenn es diesem
Herrn nicht passt, nehmen wir sie ihm auch noch aus dem Unterricht heraus.
Vor acht Jahren erlebten wir
bei uns daheim den großen Umbruch. Wer hätte es damals gedacht, dass wir nach 8
Jahren schon seit Monaten in Frankreich sitzen. Inzwischen wurde Unmögliches
möglich gemacht. Wir hörten heute gemeinsam auf unserer Dienststelle die Rede
des Führers, die an Sarkasmus ja nichts zu wünschen übrig ließ. Nach seinen
Ankündigungen zu urteilen, wird es für unsere Feinde ein schreckliches Ende
nehmen. Wir sind jedenfalls bereit zu allem. Außer dieser Rede hatte ich heute
noch eine andere Freude, die eigentlich auch zu einem 30. Januar gehört. Hier
marschierten verschiedene Truppenteile, dass einem das Herz im Leibe lachte,
als sie aufmarschierten. Mich freut dann immer besonders, wenn meine Kompanie,
die 4. drankommt.
Ich glaube, dass es für Jörg
unangenehm ist, wenn er bei dem schlechten Wetter nicht so aus dem Zimmer
heraus kann, wie er es gerne möchte. Wie Du aber schreibst, weiß er sich auch
in der Stube zu beschäftigen.
Ich begrüße es, wenn Du
anlässlich Siegfrieds Besuch wieder abends etwas ausgehst, damit Du wieder
etwas siehst und für eine Weile auf andere Gedanken kommst.
Heute möchte ich noch etwas
lesen. Ich bin zu diesem Zweck wieder zeitig nach Hause gegangen. Demnächst
werde ich auch wieder einmal ins Theater gehen, sonst wird man ganz einseitig.
Ich grüße und küsse Euch, meine Lieben daheim, recht oft und herzlich. Dein
Ernst
Herzliebes
Mädel! O.U., den 31.1.1941
Ich danke Dir vielmals für
Deinen Brief vom 28.1 und freue mich mit Dir, dass Du endlich wieder einen
Brief von mir erhalten hast. Nachdem Du so lange hast warten müssen, war es ja
auch höchste Zeit. Mit meinem Arm habe ich fast kaum Schwierigkeiten mehr. Ich
habe auch keine Sorgen mehr damit, es wird sich auch wieder einmal ganz
verlieren.
Wegen des Fisches habe ich
Dir ja inzwischen Bescheid gegeben, es ist Lachs. Wenn er Euch geschmeckt hat,
bin ich ja zufrieden. Dieser Tage werde ich auch noch diese Rechnung bezahlen,
dann bin ich wieder ganz schuldenfrei. Ich habe mir meine Sachen diese Woche
wieder etwas herrichten lassen, dann ist auch immer wieder einmal das Bügeln
der Hose fällig, oder wie heute, das Herrichten der Feldbluse. Es sind zwar
Kleinigkeiten, doch sie wollen auch erledigt werden, denn man will ja
schließlich anständig herumlaufen.
Die Rätselsendung habe ich
übrigens auch gehört, und ich muß Dich direkt bewundern, mit welchem Eifer Du
dabei warst. Herzlichen Glückwunsch zur richtigen Lösung, denn sie stimmt.
Gegenwärtig mache ich an
einem Rachen- und Nasenkatarrh herum, bei dem man noch nicht genau weiß, ist er
im Entstehen oder im Abflauen begriffen. Es ist ja schließlich ganz gleich, ich
bin aber froh, wenn wieder bei solcher Gelegenheit aller Unrat, der sich im
Laufe der Zeit im Körper angesammelt hat, wieder herausgeschafft wird.
In unserer Zeitung ist heute
wieder ein Bild von Konstanz drin, außerdem findest Du noch einen Artikel mit
einem kleinen Bild von Flandern, die sehr treffend die Landschaft kennzeichnen.
Ich laß Dir die Zeitung mit zugehen.
Ich möchte für heute
schließen und Dir eine gute Nacht zurufen. Grüße und küsse unsere beiden
Borzels von mir und sei Du selbst vielmals grgrüßt und geküsst von Deinem
Ernst.
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