Meine liebe Annie! O.U., den 6.2.1941
Gestern kam ich leider nicht
dazu, Dir zu schreiben. Kamerad Graser hat plötzlich so eine Art Mundfäule
bekommen, so dass er daheim bleiben musste. Ich habe ihm seine Arbeit
abgenommen, weil die anderen Kollegen, die dafür noch in Frage gekommen wären,
so „überlastet“ sind. Heute hat nun für einen halben Tag ein anderer
einspringen müssen. Ich kann nun wieder einen Teil meiner Arbeit nachholen.
Morgen wird Graser sicher wieder zurück kommen, wenn es ihm einigermaßen besser
geht.
Ich habe Dir die Durchschläge
meiner Schreiben mit beigefügt, die Dir zur Unterrichtung in den
Angelegenheiten dienen sollen. Der Chef hat noch dazu geschrieben, dass ich
hier das Kraftfahrwesen bearbeite, und dass ich ein fleißiger und tüchtiger
Mitarbeiter sei. Er hielte die Teilnahme an dem Kurs für meine weitere
Ausbildung für notwendig. Ich muß ja auch noch abwarten, was ich für Bescheid
von Konstanz erhalte.
Deine beiden Briefe vom 2.
und 3.2. habe ich heute erhalten. Ich danke Dir herzlich dafür. Außerdem
erhielt ich noch Deine kleine Sendung mit Pralinen, über die ich mich auch
wieder gefreut habe. Während Siegfrieds Urlaub hast Du Dir nun verschiedene
Filme ansehen können, was ich sehr begrüße, denn sonst ist es ja schon schwer für
Dich, loszukommen.
Als wir heute früh
aufwachten, war alles verschneit. Es lag eine Schneedecke von etwa 10cm. Es hat
den ganzen Tag teilweise sturmartig runterfallen lassen, was nur ging. Erst
gegen Abend hat es etwas nachgelassen. Der Verkehr wird ja dadurch nicht
unwesentlich behindert. An verkehrsreichen Stellen ist schon der schlimmste
Matsch.
Ich bitte Dich heute, mit
meinem kurzen Schreiben vorlieb zu nehmen. Es wird Morgen sicherlich zu mehr
reichen. Herzlich grüßet und küsst Dich und die Kinder Dein Ernst.
Gutes Mädel! O.U., den 7.2.1941
Aus Deinem Brief vom 3.2.,
den ich heute erhielt, habe ich in Bezug auf Siegfried genau das herausgelesen,
was ich geahnt und vorausgesehen hatte. Als ich den Brief von den Eltern las
und sie schrieben, dass sie Oma zu sich heim nehmen wollen, habe ich mir gleich
gedacht, das gibt bei Siegfried eine Katastrophe. Nach Deiner Schilderung ist
es auch nicht weit davon entfernt gewesen. Ich bin nur gespannt, wie sich da
die Dinge entwickeln. Hoffentlich kommt es zu einer beiderseitig befriedigenden
Lösung. Ich würde es auch im Interesse Deiner Mutter wünschen. Es besteht für
uns aber keine Möglichkeit und auch keine Befugnis, in die Verhältnisse
einzugreifen. Schließlich sollte Siegfried auch wissen, was er tut, obwohl er
sich nach so vielen Irrungen nun einmal so oder so entscheiden sollte. Doch bei
uns ist es ja so, dass wir nicht groß mitreden können.
Ich kann mir gut vorstellen,
wie Du auf Deine Art die Dir überflüssig erscheinenden Gespräche Siegfrieds
abgebogen hast. Es freut mich, dass es auch ihm in unserem Haus gefallen hat.
Bis jetzt kann sich auch noch niemand darüber beschweren, dass er nicht
gastfreundlich aufgenommen worden ist, soweit er sich an unsere Hausordnung
gehalten hat. Da hat er wahrscheinlich einen ziemlich regen Briefwechsel
gehabt. Es hat mich nur sehr gefreut, dass die Tage für Dich soweit friedlich
verlaufen sind. Daß es ihm bei uns gefallen hat, geht ja schon daraus hervor,
dass er nur einen Tag Nachurlaub bei Dir eingegeben hat; oder ist es das
beklemmende Gefühl bei ihm gewesen, Tatsachen zu begegnen, die ihm nicht
angenehm sind. Na, lassen wir die Dinge laufen, wir werden schon wieder hören.
Unser Schnee hat uns heute
auch wieder ganz plötzlich verlassen. Nur einige Haufen mit Schneematsch und
einige Pfützen zeugen noch davon. Ich lasse Dir heute ein Stoffmuster mit
zugehen. Von dieser Sorte habe ich mir einen Mantel bestellt. Er soll etwa 45
/50 RM kosten. Ich denke, dass ich das mit abtragen werde. Sende es mir doch
bitte wieder zurück, zum Vergleichen bei der Fertigstellung. Wegen des Geldes
überlasse ich Dir es, was Du entbehren kannst. Bei uns sind hier die
Verhältnisse ziemlich unklar. Wir wissen nicht, ob in den nächsten Wochen
unsere Dienststelle der Oberfeld- oder der Feldkommandantur zugewiesen wird.
Unser Chef hat die Absicht, in die Heimat zurück zu gehen, so dass diese
Maßnahme notwendig wird. Wegen mir sind die Dinge ja auch noch unklar, ob ich
für den Kurs freigegeben werde und zweitens, ob der Lehrgang überhaupt steigt.
Wie immer werden wir es auch hier machen, wir warten ab. Dir hatte ich, so viel
ich in Erinnerung habe, schon mitgeteilt, dass ich gegen den Bezug der
Frauenwarte nichts einzuwenden habe, doch bitte ichn Dich, darauf zu achten,
dass Du kein großes Abonnement eingehst.
Was machen unsere beiden
Stromer? Sind sie auch brav und musst Du Dich nicht fest mit ihnen ärgern?
Helga soll nur schön weiter lernen und Jörg soll nicht so einen dicken Kopf
haben. Du selbst bleib schön gesund und sei recht vielmals gegrüßt und geküsst
von Deinem Ernst.
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