Meine geliebte Frau! O.U., den 21.10.1940
Den Sonntag habe ich nun wieder hinter mir
und der Arbeitsbetrieb nimmt wieder seinen Anfang. In der Maschinerie bin ich
nun bald wieder drin und der Urlaub klingt als schöne Erinnerung an unser gemeinsames
Erleben zurück. Letzte Woche um die Zeit mußten wir uns langsam darauf
vorbereiten, daß ich wieder von Euch fort muß und wir hätten uns gerne darüber
hinweg getäuscht, aber die Zeit läuft in diesem Falle unerbittlich weiter.
Gestern am Nachtmittag war ich, wie wir
letzten Sonntag schon besprochen hatten, Mithörer des
Wehrmachts-Wunschkonzertes. Wie ich Dir schon bei anderer Gelegenheit einmal
erklärte, nimmt man an derartigen Dingen ganz anders teil, wie in der Heimat
selbst. Wenn dann Stücke kommen, wie das Matrosenlied aus dem Fliegenden
Holländer, so ist das sehr schön, vor allem, weil man sich dann denken kann,
daheim hört jemand dasselbe und denkt auch das gleiche. Man fühlt sich schon
mit der Heimat verbunden, obgleich man doch hier mit den Kameraden zusammen
lebt, die auch die gleiche Sprache sprechen wie ich. Es ist aber nicht das,
sondern das persönliche, was uns hier verbindet und dann derartige Gefühle und
Stimmung aufklingen läßt.
Ich hatte mich zuerst zu uns in den Hof
setzen wollen, denn Garten kann man dazu nicht sagen. Ohne Antenne wollte der
Apparat nicht das hergeben, was ich wollte, so daß ich dann trotz des schönen
Wetters wieder auf meine Bude gegangen bin. Ich habe es wirklich nicht zu
bereuen brauchen, denn da habe ich mich auf meinem selbstkonstruierten
Patentsofa langgelegt und dabei noch verschiedene Zeitungen wieder
durchgeschmökert.
Am Abend habe ich dann bescheiden bei
Gonguie, dem Restaurant, von dem ich Dir schon erzählt habe, gesessen und bin
dann mit einem Kameraden noch ins Kino gegangen. In der Nacht hatte ich
verschiedene Angriffe von Stukas (Schnaken) abzuwehren.
Heute habe ich nun zwei Päckchen für Dich
fertig gemacht und zwar eins mit Leder, eine Bluse und ein Jäckchen. Im anderen
habe ich Dir nochmals Kaffee gesandt und noch ein Paar Strümpfe beigefügt. Wenn
Du der Ansicht bist, daß Du Deinen Eltern welchen abgeben willst, etwa 1/2 - 1
Pfund, so habe ich nichts dagegen
einzuwenden. Du kannst ja schreiben, daß ich welchen mit auf Urlaub
gebracht hätte. Ich bin aber dafür, daß Du ihn Dir bezahlen läßt, ich denke
etwa 2,50 - 3,-RM das Pfund. Du kannst das Geld ja behalten oder kaufst mir
20-Pfennig-Briefmarken dafür, denn die Päckchen, die wir jetzt heimsenden,
müssen wir gleich hier frankieren und hier sind sie nicht leicht erhältlich.
Hoffentlich kommt alles gut an. Weitere Sachen werde ich folgen lassen.
Mein liebes Mädel, sei weiter genau so
standhaft wie Du die vergangenen Monate auch gewesen bist und laß Dich nur
nicht unterkriegen. Sei recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.
Meine liebe Annie! O.U., den 22.10.1940
Deine beiden lieben Briefe vom 16. und 17.
erreichten mich heute Nachmittag. Über die Zusätze von den Kindern habe ich
mich sehr gefreut. Vor allem auch darüber, daß sich Jörg trotz Überwindung der
bei ihm in dieser Hinsicht noch bestehenden Schwierigkeiten eine ganze Seite
voll geschrieben hat. Auch darüber, daß sich Helga meine Mahnung zum Fleiß so
beherzigt hat, und als Erfolg dafür einen Fleißstrich buchen konnte.
Ich kann mir Deine Gefühle ohne weiteres
nachfühlen, die Dich bewegten, als ich von Euch wieder scheiden mußte. Doch wir
wollen diese Wunden nicht immer wieder von neuem aufreißen und wollen, wie Du
selbst schreibst, tapfer sein und die Zähne zusammenbeißen. Ich danke Dir
dafür, mit welcher Genauigkeit Du die einzelnen Phasen meiner Reise gemerkt
hast. Wenn Du anläßlich meines Urlaubs auch in Bezug auf die Arbeit etwas
Entspannung gehabt hast, so hattest Du Dir dies auch schon durch Dein tapferes
Aushalten verdient. Es hat mich gefreut zu lesen, daß es mit den Kindern besser
bzw. wieder gut geht.
Für die mir im zweiten Brief gesandten
Bilder danke ich Dir recht herzlich, denn darüber habe ich mich sehr gefreut.
Sind wir doch da alle wieder zusammen und zeugen sie doch von unserem
Zusammensein. Obwohl es doch schon ziemlich schwache Beleuchtung war, bin ich
mit dem Erfolg soweit zufrieden. Du bist ja auch ganz gut getroffen und ich
kann mir diese Bilder auch immer wieder ansehen und mich darüber freuen.
Die Prospekte sind heute gleichfalls
angekommen. Ja Du sorgst doch in liebevoller Weise immer wieder für mich. Ich
hoffe, daß es Dir inzwischen gelungen ist, den Brief an Frl. A. los zu werden.
Daß Du das Geld nun gerade an einer Kette umhängst, hatte ich nicht erwartet,
aber wenn Du es vorher richtig gereinigt hast, will ich ja nichts dagegen
haben.
Ich wollte heute beizeiten nach hause
gehen, um den Brief an Dich zu schreiben. Doch kaum waren wir daheim, läutete
es und wir wurden zu einer Brandstelle gerufen. Der Regen strömte nur so von
oben herunter. Wir sind dann mit unserem Wagen, der uns noch während meines
Urlaubs zugewiesen wurde, losgefahren. Naß sind wir zwar geworden bis wir
wieder daheim waren, aber den Brief werde ich trotz der vorgerückten Stunde,
versüßt mit Radiobegleitung, fertig schreiben. Ich habe hier heute Fett
bekommen, das ich Dir gerne zusenden möchte. Bei meinem Urlaub habe ich auf dem
kleinen Schränkchen diese fettdichten Honigbehälter gesehen. Wenn Du mir von
diesen einige zusenden würdest. Ich werde es aufspeichern und Dir dann zugehen
lassen. Morgen werde ich Dir wieder einige Päckchen zugehen lassen. Über den
Inhalt werde ich Dir morgen berichten.
Gute Nacht mein liebes Mädel und schlafe
gut. Sei recht oft gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.
Unseren beiden Rangen herzliche Grüße und
Küsse.
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