Mittwoch, 21. Oktober 2015

Brief 69 vom 17./20.10.1940


Meine liebe Frau!                                                                    O.U., den 17.10. 1940  

Mit etwa 2 Std. Verspätung bin ich wieder in dem Kaff hier angelangt. Wenn ich fahrplanmäßig hier eingetroffen wäre, hätte ich heute noch diesen Brief wegschaffen können, so muß ich es morgen früh gleich tun. Ich muß mich nun wieder auf das Schreiben beschränken, doch möchte ich Dir als erstes mich nochmals für alle Liebe, die Du mir während meiner kurzen Urlaubstage entgegengebracht hast, recht herzlich danken.
Bis nach Maastricht ging die Fahrt ziemlich glatt, nur hier oben in Belgien und Frankreich fing die Bummelei an, doch auf der Rückfahrt hat man es ja nicht so eilig, wie wenn man den Urlaub antritt, wenn einem zum Schluß das lange Sitzen auf der Bahn auch über wird.
Ich möchte Euch heute gleich noch bitten, laß Euch den Abschied nicht zu schwerfallen, denn wir haben ja die feste Zuversicht, daß ich in nicht allzu langer Zeit wieder zu Euch kommen kann. Wollen wir nur wünschen, daß wir alle dann noch gesund sind. Der Krieg wird schließlich auch keine Ewigkeit dauern, so daß wir dann alle wieder glücklich beisammen sein können.
Bis jetzt bin ich noch allein im Haus; ich habe noch keinen meiner Kameraden gesehen. Sobald ich meinen Brief beendet habe, werde ich mich gleich zu Bett legen, denn ich bin von der langen Reise ermüdet und morgen früh fängt wieder der Dienst an.
Ich grüße Euch für heute alle meine Lieben daheim und bitte Euch nochmals, halte den Kopf auch in den kommenden Tagen  hoch und freut Euch mit mir, daß wir die Urlaubstage so schön und froh verbringen konnten. Indem ich Dir nochmals für alles, was Du mir während dieser Tage gegeben hast, danke, grüße und küsse ich Dich recht herzlich Dein Ernst.


Meine liebe Frau !                                                             O.U., den 20 Oktober 1940

Wie schnell doch die Tage vergehen. Heute ist es nun schon wieder der fünfte Tag, seit wir uns zum dritten Male trennen mußten. Wie schön wäre es, wenn man sagen könnte, es sei die letzte Trennung, doch soweit man die Lage übersehen  und beurteilen kann, wird dieser Wunsch doch noch nicht gleich in Erfüllung gehen. Doch hoffen dürfen wir ja immer und auch wünschen, wie lange wir uns aber noch in die Verhältnisse schicken müssen, werden wir wohl höheren Orts überlassen müssen.
Ich bin innerlich so froh, daß ich die wenigen Tage bei Euch verbringen konnte und bin Euch, wie ich Dir in meinem letzten Brief schon mitteilte, für alles dankbar, was Ihr mir gutes getan habt. Es waren wieder schöne Stunden, die wir miteinander verbringen konnten und wenn ich gerade an den letzten Sonntag denke, wie wir auf der Mainau waren, wie wir an den verschiedenen uns so wohlbekannten Plätzen waren, auf dem Tabor und bei St. Katharinen, so wird mir in Erinnerung an diesen schönen Tag ganz wohl.
Ich habe mich die Tage hier noch nicht so ganz rein finden wollen, wo ich wieder hier war, doch die Pflicht verlangt es und die Arbeit bleibt ja mir dann doch am Ende liegen. Gerade diese Pflicht ist es, die dann den Menschen wieder anhält und daran erinnert, daß er nicht für sich allein da ist, sondern für die Gemeinschaft. In diesem Sinne ist die Arbeit dann zuletzt nicht allein Selbstzweck, sondern sie heilt.
Als ich wieder zurück kam, fand ich alle Deine lieben Briefe vor, die inzwischen an mich eingelaufen waren. Es waren diese vom 26. und 27.9. In dem vom 26. fand ich die restlichen 5,-RM vor, für die ich Dir hiermit bestens danke. Weiter lagen da die Briefe vom 1., 2., 3. und 4. Oktober, die sich ja alle durch die persönliche Aussprache erledigt haben. Es hat mich aber gefreut, alles noch einmal nach zu erleben, was Du mir schon selbst erzählt hattest. Ich danke Dir nochmals für Deine lieben Zeilen. Nun sind wir ja wieder soweit, daß wir uns wieder das schreiben müssen, was wir uns zu sagen haben. Es ist ja nur ein Behelfsmittel, doch in Ermanglung anderer Möglichkeiten, ist man schon darum froh. Meinen ersten Brief hatte ich gleich meinem Kameraden mitgegeben, der von hier in Urlaub fuhr, damit Du gleich bzw. eher Nachricht bekommen solltest, als auf dem normalen Feldpostwege.
Von Dir werden nun auch schon wieder Schreiben an mich unterwegs sein. Eines möchte ich Euch, wie schon damals, bitten, laßt Euch den Abschied nicht so schwer fallen, es wird sich die Möglichkeit schon wieder bieten, daß ich wieder einmal zu Euch kommen kann.
Am ersten Tag hatte ich mir gleich eine Art Hexenschuß zugezogen. Bei uns waren alle Zimmer übermäßig geheizt, so daß ich dann in der Nacht das Fenster aufmachen mußte. Wahrscheinlich hatte ich mich noch aufgedeckt und dabei verkühlt. Ich konnte die vergangenen zwei Tage kaum Luft holen, so schmerzhaft war es. Jetzt ist es so ziemlich im abflauen begriffen und ich denke, daß es morgen ganz weg sein wird.
Von Nanni bekam ich gestern einen Brief. Ihr Schreiben macht mir nicht gerade den Eindruck, als ob es ihr besonders rosig ginge. Mit diesem Mann, allein da oben ohne weitere Menschen mit denen man sich einmal aussprechen kann, diesen Zustand stelle ich mir auch nicht beneidenswert vor. Wie freut es mich im Vergleich dazu auf unser Verhältnis hinzuweisen. Wir haben alles miteinander erarbeitet und haben zufrieden miteinander gelebt und alles hat man sich sagen können. Ich werde ihr demnächst wieder antworten und ihr ein Bild von mir mitschicken.
In diesen Tagen habe ich mich nach den verschiedenen Sachen umgesehen, von denen wir gesprochen hatten und die Dur Dir auch teilweise gewünscht hattest. So habe ich noch etwas Sohlenleder erhalten, ich habe es auch soweit vorbereitet mit der Verpackung, es handelt sich nur noch um das Gewicht, das ich dann morgen fest stellen werde. Ich werde versuchen, noch welches zu kaufen, das ich dann bei Gelegenheit mit zuschicken werde.
Außerdem habe ich Dir noch eine Bluse besorgt und eine leichte Weste, die ich Dir dann auch mit zugehen lasse. Die Kombination, die ich bestellt hatte, ist inzwischen auch eingetroffen. Gestern habe ich nun Dir und mir je ein Paar Handschuhe gekauft. Die für Dich werde ich dann meinen Päckchen mit beipacken. Wegen der Umhänge für die Kinder habe ich mich nochmals erkundigt, sie sind aber inzwischen noch nicht eingetroffen, Wahrscheinlich werde ich aber inzwischen so welche anfertigen lassen. Für mich habe ich auch noch einen hellen leichten Mantel bestellt. Er wird extra angefertigt und wird etwa 25,-RM kosten. Das ist aber dann etwas ganz besonderes. Auch wegen des Mantels für Dich habe ich mich schon erkundigt. Etwas Passendes habe ich schon gesehen, doch habe ich mich noch nicht entschlossen, was ich kaufen werde, jedenfalls werde ich den Kauf in diesen Tagen tätigen.
Wenn ich auch gestern nicht geschrieben habe, so ist dies darauf zurückzuführen, daß ich gar nicht in der Stimmung war, Dir etwas Passendes zu schreiben, doch wie Du aus allem ersiehst, habe ich immer an Euch gedacht. Geld werde ich außer dem, was wir daheim noch zurückgelegt hatten, vorerst nicht brauchen, denn wir bekommen, wie ich erfahren habe, rückwirkend ab 1.August Frontzulage mit 1,-RM täglich ausbezahlt. Für den Fliegerbesuch mit Bombenabwurf, von dem ich Dir doch erzählt hatte, wurde uns schon dieser Betrag ausbezahlt.
Liebes Mädel, ich grüße Euch alle, die Ihr daheim seid, recht herzlich, Du sei aber wie immer vielmals geküßt und gegrüßt von Deinem Ernst, der viel an Dich denkt.

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