Liebste Frau ! O.U., den
10.12.1940
Es ist nun wieder Abend und nach dem
Nachtessen habe ich mich auf mein Zimmer zurückgezogen. Erst habe ich verschiedene
Zeitungen gelesen und Radio gehört und jetzt möchte ich Dir vor dem Schlafengehen
noch meinen Brief schreiben, damit Du nicht zu kurz kommst. Obwohl ich heute
keine Post erhalten habe, freue ich mich noch von gestern, wo Du noch im
letzten Schreiben mitteilst, daß der Brief an die Kinder immerhin noch am 6.
angekommen ist. Ebenso bedeutet es immer eine gewisse Erleichterung, wenn man
liest, daß einige Päckchen ihren Bestimmungsort erreicht haben. Morgen werde
ich ja von Dir sicher wieder etwas zu lesen bekommen. Die angekündigte
Absendung der zwölf Päckchen ist also heute vollzogen worden. Wenn es gut geht,
kommen sie vielleicht noch vor Weihnachten bei Dir an. Es ist hierbei nicht
uninteressant, wenn man feststellt, daß ich über 60 Päckchen bis jetzt an Euch
habe absenden können.
Das Wetter ist wieder sehr regnerisch
geworden, so daß man ganz froh ist, wenn man so seine ordentliche Bude hat, die
auch schon durchgeheizt ist. In Bezug auf die Heizung können wir uns ja noch
nicht beklagen. Wir haben an unserer Dampfheizung einen Defekt gehabt, der ist
aber kürzlich behoben worden, so daß in dieser Hinsicht alles in Ordnung ist.
Ich weiß nicht, wie die Möglichkeiten
wegen des Fleisches für Weihnachten sind. Ich habe hier aber dieser Tage etwas
von Gänsen gehört. Wenn ich genaueren Bescheid habe, werde ich Dir noch
schreiben, ob ich eine mitbringe. Heute haben wir wieder einen Hasen geschenkt
bekommen. Es fällt also immer wieder etwas ab. Wenn nicht die
Transportschwierigkeiten wären, ließe sich manchmal etwas machen. Wir sind ja
mit dem zufrieden, was wir haben und was wir erreichen konnten. Eines freut
mich aber ungemein, und dies ist mein bevorstehender Weihnachtsurlaub. Ich will
nur hoffen, daß alles glatt geht.
Vom Dienst kann ich Dir nichts weiter
berichten, denn der geht gleichmäßig und ungehindert weiter. Wir fangen jetzt
zwar 1/2 9 Uhr an und arbeiten bis 3/4 1 Uhr. Mittagessen ist immer noch von 1
- 2 Uhr. Anschließend halten wir bis gegen 3 Uhr unseren Mittagsschlaf. Dann
verziehen wir uns wieder aufs Büro, um bis 6 Uhr wieder zu arbeiten. Meistens
wird es 1/2 oder 3/4 sieben Uhr, bis wir soweit sind. Der Tommy hat dann die
Angewohnheit, noch etwas mit nach Hause zu nehmen, so daß wir sehr oft um 10
Uhr noch einmal anfangen, etwas wegzuarbeiten oder miteinander zu besprechen.
Die anfängliche geringe Beschränkung des Kraftfahrzeugumlaufs wird in gewisser
Hinsicht immer mehr eingeschränkt. Doch fährt man allgemein hier immer noch
mehr Auto wie im Reich. Ich glaube aber, daß es mit der Zeit hier auch weniger
werden.
Ich grüße und küsse Euch alle recht
vielmals. Besondere Grüße und Küsse bekommst Du heute und wenn ich zurückkomme
von Deinem Ernst.
Meine liebe Frau! O.U., den 11.12.1940
Auch heute hat die Post wieder einen
Ruhetag für mich eingeschoben. Na ja, Du kennst ja unseren alten Stoßseufzer.
Doch wie Du aus den beigefügten Durchschlägen siehst, habe ich mich heute
endlich einmal drangemacht und an Kurt und Siegfried geschrieben. Ein Pech habe
ich zwar dabei gehabt, die Adresse von Kurt habe ich verlegt. Auf einem Briefumschlag
habe ich mir die Nummer 19655 notiert. Ich werde diesen Brief an die Adresse
richten. Falls sie nicht stimmen sollte, bitte ich Dich, den beigefügten
Durchschlag an Kurt weiterzuleiten, damit nicht noch mehr Zeit versäumt wird.
Heute habe ich auch die gesandten 25,-RM,
die schon seit letzter Woche auf unserer Zahlmeisterei liegen, die ich aber
wegen meiner Bettliegerei nicht abholen konnte, in Empfang genommen. Ich danke
Dir dafür, ich werde sie zweckentsprechend verwenden. Ich habe mich heute
deswegen gleich an die anderen Briefe noch gesetzt, weil heute wieder Pflichtessen
stattfindet. So habe ich Zeit bis nach 9 Uhr. Von diesem Zeitpunkt ab kann ich
dann ungehindert essen, denn dann hat sich unser General verzogen. Man muß immer
wieder zusehen, wie man etwas Praktisches mit nützlichem verbinden kann. Ja,
wenn man Soldat ist, muß man auf allerhand Schliche kommen, sonst kommt man
unter den Schlitten.
Wie Du aus dem Durchschlag ersehen kannst,
findet morgen wieder ein Konzert statt. Ich bin sicherlich wieder dabei, doch
habe ich mir vorgenommen, wieder abzurücken, wenn das Theater kalt ist. In
diesen Tagen muß ich nun noch ein Probepacken vornehmen, damit ich keine
Schwierigkeiten habe mit meinen Koffern, denn die Tage sind dann schnell vorbei
und es gibt doch manches wieder mitzunehmen.
Wie ich in den Briefe schon früher erwähnte,
sind die Tage bisher noch nicht winterlich gewesen. Einzig und allein die
kurzen Tage erinnern daran, daß man im Winter lebt. Doch in 14 Tagen haben wir
den kürzesten Tag erreicht und dann geht es ja wieder aufwärts. Ich glaube,
auch Du wirst froh darüber sein. Ich habe es bis jetzt allerdings noch nicht
als sehr lästig empfunden, wenn die Tage kürzer sind, denn wenn man den ganzen
Tag so beschäftigt ist, tritt einem das gar nicht so sehr in Erscheinung. Ich
denke mir aber, daß Du weniger darüber erfreut sein wirst, schon mit Rücksicht
auf die hohe Lichtrechnung.
Ich sende heute verschiedene Bilder und
Schriftstücke wieder zurück, die Du ja mit aufheben kannst. Auch mein letzter Urlaubsschein
ist mit angeschlossen. Recht herzliche Grüße und Küsse sende ich Euch allen. An
Helga und Jörg kannst Du je einen Kuß in meinem Auftrag abgeben. Die Grüße von
Vater lasse ich ebenso herzlich erwidern. Am Ende bist aber Du wieder besonders
an der Reihe. Also nimm recht viele herzliche Grüße und Küsse entgegen von
Deinem Ernst.
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