Mein liebes, gutes Mädel ! 16.3.42
Vorhin bin ich ziemlich pünktlich angekommen. Nun sitze ich wieder hier auf meiner Bude. Ich habe mir erst einmal wieder alles hergerichtet und mich ein wenig frisch gemacht. Nun ist es fast so, wie ich schon so viele Abende hier gesessen bin und an Dich geschrieben habe. Von der langen Reise ist mir das Sitzfleisch etwas weich geworden, doch das gibt sich wieder. Die Fahrt ist soweit planmäßig verlaufen, nur in Charleroi haben wir etwa eine Stunde warten müssen, weil die Lokomotive nicht mehr mitmachen wollte. Darum bin ich auch erst gegen 7 Uhr hier eingetroffen. Am Bahnhof traf ich zufällig gleich meinen Kameraden Wittenburg. Da er doch auf dem Geschäftszimmer Dienst tut, habe ich ihn gleich gefragt, ob für mich in der Zwischenzeit etwas eingegangen ist, was er mir dann auch bestätigte.
Ich soll bis zum 20.3. nach Marburg in Marsch gesetzt sein. Das wäre bis zum kommenden Freitag. Vorhin traf ich nun unseren Inspektor, der mir sagte, daß ich unmöglich vor dem 1.April wegfahren könnte. Ich werde ja nun sehen, was der Kommandant morgen sagen wird. Für mich steht ja fest, daß ich nicht mehr viel Interesse an dieser Arbeit hier habe. Ich tue, was gerade notwendig ist, aber mehr nicht. Es ist mir schon gesagt worden, daß meine Sachen alle liegen geblieben sind. Das macht mir aber wenig Kummer, denn da soll sich mein Nachfolger damit rumplagen. Dazu bin ich ja nicht zurückgekommen, um die Rückstände aufzuarbeiten, die andere nicht fertiggebracht haben. Das mag als selbstsüchtiger Standpunkt von anderer Seite angesehen werden, doch wenn ich hier weg bin, fragt kein Mensch mehr nach mir. Ich will daher zusehen, daß ich erst einmal noch den Tommi besuche und vielleicht auch noch Graser. Ich bin jedenfalls recht froh, daß ich meinen Urlaub noch gehabt habe und daß es damit doch noch ganz gut geklappt hat. Denn ich stelle mir vor, daß es mir sehr ärgerlich gewesen wäre, wenn ich hätte hier abrücken müssen, ohne vorher bei Euch gewesen zu sein. So habe ich Dir alles persönlich erklären können. Man hat ja sowieso damit gerechnet und nun findet man sich eher hinein. Wenn einem alles doch wieder plötzlich kommt. Schließlich muß man sich hineinfinden.
Ich will Dir auch gleich mitteilen, daß ich meine Tasche mit den Fotos hier vorgefunden habe, Du brauchst deshalb nicht mehr zu suchen. Ich bin froh, sie gleich gefunden zu haben. Ich erinnere mich auch jetzt, daß ich dachte, ich lasse sie hier, weil ich schon keinen Platz mehr hatte. Die Bilder, die wir während des Urlaubs gemacht hatten, habe ich mir heute schon einige Male angesehen und mich darüber gefreut.
Ich werde noch etwas von dem Zucker verpacken, denn ich weiß ja noch nicht genau, wie lange ich hier noch bleibe. Du schreibst auf jeden Fall hierher an meine alte Adresse bis ich Dir entsprechenden Bescheid gebe. Hier würde ich dann auch Weisung geben, was mit meiner Post zu geschehen hat, wenn ich vorzeitig wegkommen sollte. Schlaft Ihr meine Lieben, recht gut und bleibt mir gesund.
Ich werde es schon wieder schaffen, wenn mir die Stimmung gegenwärtig auch noch nicht dazu ist. Aber es wird schon werden. Dir danke ich nochmals für alles, was Du während der Urlaubstage geopfert und mir an Liebe gegeben hast. Bevor man in Urlaub fährt hat man immer so viel vor, was man zu tun beabsichtigt und wie wenig wird daraus. Was will man sich alles erzählen und was hat man sich alles zu sagen. Vieles bleibt zwar trotzdem unausgesprochen. Am Anfang ballt sich soviel zusammen, daß man erst alles auf einmal sagen möchte und dann kommt man so allmählich in das Fahrwasser hinein, in das man normalerweise gehört. Dann fallen einem ab und zu ein paar Brocken ein , was man noch erzählen wollte. Doch dann scheint einem alles nicht mehr so wichtig, weil man sich freut, wieder einmal daheim zu sein. Erst wenn man dann wieder fort und unterwegs ist, dann fällt einem ein, daß man dies oder jenes hätte auch noch sagen können. Eines steht aber immer fest, daß man erst beim Abschied mal merkt, wie gern man sich hat und was man daheim immer zurückläßt.
Für Deine Briefe vom 24. Und 25.2., die ich vorhin hier vorfand, danke ich Dir noch recht herzlich. Ich konnte noch einmal lesen, wie sehr Du Dich auf meinen Urlaub gefreut hattest, doch wie Du schon nicht mehr recht glauben wolltest, was ja durchaus verständlich war. Ich bin nur froh, daß ich in dieser Beziehung nicht jetzt enttäuschen brauchte. Habe darum nochmals für alles recht herzlichen Dank, mit was Du die wenigen Tage mir verschönt hast. Bleib nur recht gesund, mein liebes Mädel, ich denke viel an Dich und die Kinder. Außerdem sende ich Dir viele herzliche Grüße und Küsse. Dein Ernst
Mein liebes Mädel ! 17.3.42
Nun habe ich heute meinen Dienst wieder angetreten. Es war alles so wie ich mir es vorgestellt habe. Es lag alle Arbeit noch an meinem Platz und wie sie angefallen ist. Doch das kümmert mich nicht mehr groß, vor allem wenn ich weiß, daß unser Kriegsverwaltungsrat in diesen Tagen schon wieder in Urlaub gehen kann. Warum soll ich mir hier auf dieser Zwischenstation noch soviel vornehmen. Ich werde das von mir abschieben, was mich nicht mehr kümmern braucht, denn was nützen mir alle die Maßnahmen, die hier getroffen werden, denn ich kann sie ja doch nicht mehr verwenden. Wahrscheinlich werde ich noch bis Ende dieses Monats hier bleiben. Als ich mich heute beim Kommandanten zurückmeldete sagte er, daß er mich erst gehen läßt, wenn mein Nachfolger eingearbeitet sei. Der Mann ist bis jetzt noch nicht hier, so daß noch einige Tage vergehen werden. Mir soll das gleich sein. Ich bettle niemand darum, daß man mich hier noch länger festhält, dann bin ich auch Keinem Dank dafür schuldig. Das habe ich auch gleich gesagt. Man hat es mir erst schlecht angekreidet, aber das macht ja nichts, denn ich habe auch nicht viele Freundlichkeiten hier bei diesem Verein erfahren. So wie die Dinge aussehen, wird man mich vor Ende dieses Monats nicht hier weglassen.
Wenn sich trotzdem etwas anderes ereignen sollte, gebe ich Dir sofort Bescheid. Ich werde es schon schaffen, da brauchst Du Dir keine Gedanken machen.
Heute Abend habe ich einen schönen Film gesehen. Wir sahen ihn in meinem vorletzten Urlaub in der Voranzeige. „Ich klage an“ heißt er und ich entsinne mich, daß Du ihn damals gern gesehen hättest. Er war aber auch wirklich sehenswert. Die Wochenschau, die hier lief, hatten wir zusammen gesehen, so daß ich auf diese Art auch an unseren gemeinsamen Ausgang erinnert wurde.
Gestern Abend habe ich noch 5 Päckchen vorgepackt. Die brauchen nur noch Papier, dann können sie auf den Weg geschickt werden. Es ist bereits spät heute Abend, denn ich wurde vorhin von unserem Inspektor, der mir früher meist sehr schlecht gesinnt war, zu einer Flasche Wein eingeladen. Du weißt ja, das ist der Mann, mit dem ich die leidige Affäre wegen des Kaffees hatte. Von mir aus soll das alles vergessen sein, wenn er sich auch jetzt anständig benimmt. Das scheint jetzt der Fall zu sein; doch man kann sich irren. Dich grüße ich vielmals und recht herzlich für heute. Außerdem sende ich Dir und den Kindern viele Küsse. Dein Ernst.
Vorhin bin ich ziemlich pünktlich angekommen. Nun sitze ich wieder hier auf meiner Bude. Ich habe mir erst einmal wieder alles hergerichtet und mich ein wenig frisch gemacht. Nun ist es fast so, wie ich schon so viele Abende hier gesessen bin und an Dich geschrieben habe. Von der langen Reise ist mir das Sitzfleisch etwas weich geworden, doch das gibt sich wieder. Die Fahrt ist soweit planmäßig verlaufen, nur in Charleroi haben wir etwa eine Stunde warten müssen, weil die Lokomotive nicht mehr mitmachen wollte. Darum bin ich auch erst gegen 7 Uhr hier eingetroffen. Am Bahnhof traf ich zufällig gleich meinen Kameraden Wittenburg. Da er doch auf dem Geschäftszimmer Dienst tut, habe ich ihn gleich gefragt, ob für mich in der Zwischenzeit etwas eingegangen ist, was er mir dann auch bestätigte.
Ich soll bis zum 20.3. nach Marburg in Marsch gesetzt sein. Das wäre bis zum kommenden Freitag. Vorhin traf ich nun unseren Inspektor, der mir sagte, daß ich unmöglich vor dem 1.April wegfahren könnte. Ich werde ja nun sehen, was der Kommandant morgen sagen wird. Für mich steht ja fest, daß ich nicht mehr viel Interesse an dieser Arbeit hier habe. Ich tue, was gerade notwendig ist, aber mehr nicht. Es ist mir schon gesagt worden, daß meine Sachen alle liegen geblieben sind. Das macht mir aber wenig Kummer, denn da soll sich mein Nachfolger damit rumplagen. Dazu bin ich ja nicht zurückgekommen, um die Rückstände aufzuarbeiten, die andere nicht fertiggebracht haben. Das mag als selbstsüchtiger Standpunkt von anderer Seite angesehen werden, doch wenn ich hier weg bin, fragt kein Mensch mehr nach mir. Ich will daher zusehen, daß ich erst einmal noch den Tommi besuche und vielleicht auch noch Graser. Ich bin jedenfalls recht froh, daß ich meinen Urlaub noch gehabt habe und daß es damit doch noch ganz gut geklappt hat. Denn ich stelle mir vor, daß es mir sehr ärgerlich gewesen wäre, wenn ich hätte hier abrücken müssen, ohne vorher bei Euch gewesen zu sein. So habe ich Dir alles persönlich erklären können. Man hat ja sowieso damit gerechnet und nun findet man sich eher hinein. Wenn einem alles doch wieder plötzlich kommt. Schließlich muß man sich hineinfinden.
Ich will Dir auch gleich mitteilen, daß ich meine Tasche mit den Fotos hier vorgefunden habe, Du brauchst deshalb nicht mehr zu suchen. Ich bin froh, sie gleich gefunden zu haben. Ich erinnere mich auch jetzt, daß ich dachte, ich lasse sie hier, weil ich schon keinen Platz mehr hatte. Die Bilder, die wir während des Urlaubs gemacht hatten, habe ich mir heute schon einige Male angesehen und mich darüber gefreut.
Ich werde noch etwas von dem Zucker verpacken, denn ich weiß ja noch nicht genau, wie lange ich hier noch bleibe. Du schreibst auf jeden Fall hierher an meine alte Adresse bis ich Dir entsprechenden Bescheid gebe. Hier würde ich dann auch Weisung geben, was mit meiner Post zu geschehen hat, wenn ich vorzeitig wegkommen sollte. Schlaft Ihr meine Lieben, recht gut und bleibt mir gesund.
Ich werde es schon wieder schaffen, wenn mir die Stimmung gegenwärtig auch noch nicht dazu ist. Aber es wird schon werden. Dir danke ich nochmals für alles, was Du während der Urlaubstage geopfert und mir an Liebe gegeben hast. Bevor man in Urlaub fährt hat man immer so viel vor, was man zu tun beabsichtigt und wie wenig wird daraus. Was will man sich alles erzählen und was hat man sich alles zu sagen. Vieles bleibt zwar trotzdem unausgesprochen. Am Anfang ballt sich soviel zusammen, daß man erst alles auf einmal sagen möchte und dann kommt man so allmählich in das Fahrwasser hinein, in das man normalerweise gehört. Dann fallen einem ab und zu ein paar Brocken ein , was man noch erzählen wollte. Doch dann scheint einem alles nicht mehr so wichtig, weil man sich freut, wieder einmal daheim zu sein. Erst wenn man dann wieder fort und unterwegs ist, dann fällt einem ein, daß man dies oder jenes hätte auch noch sagen können. Eines steht aber immer fest, daß man erst beim Abschied mal merkt, wie gern man sich hat und was man daheim immer zurückläßt.
Für Deine Briefe vom 24. Und 25.2., die ich vorhin hier vorfand, danke ich Dir noch recht herzlich. Ich konnte noch einmal lesen, wie sehr Du Dich auf meinen Urlaub gefreut hattest, doch wie Du schon nicht mehr recht glauben wolltest, was ja durchaus verständlich war. Ich bin nur froh, daß ich in dieser Beziehung nicht jetzt enttäuschen brauchte. Habe darum nochmals für alles recht herzlichen Dank, mit was Du die wenigen Tage mir verschönt hast. Bleib nur recht gesund, mein liebes Mädel, ich denke viel an Dich und die Kinder. Außerdem sende ich Dir viele herzliche Grüße und Küsse. Dein Ernst
Mein liebes Mädel ! 17.3.42
Nun habe ich heute meinen Dienst wieder angetreten. Es war alles so wie ich mir es vorgestellt habe. Es lag alle Arbeit noch an meinem Platz und wie sie angefallen ist. Doch das kümmert mich nicht mehr groß, vor allem wenn ich weiß, daß unser Kriegsverwaltungsrat in diesen Tagen schon wieder in Urlaub gehen kann. Warum soll ich mir hier auf dieser Zwischenstation noch soviel vornehmen. Ich werde das von mir abschieben, was mich nicht mehr kümmern braucht, denn was nützen mir alle die Maßnahmen, die hier getroffen werden, denn ich kann sie ja doch nicht mehr verwenden. Wahrscheinlich werde ich noch bis Ende dieses Monats hier bleiben. Als ich mich heute beim Kommandanten zurückmeldete sagte er, daß er mich erst gehen läßt, wenn mein Nachfolger eingearbeitet sei. Der Mann ist bis jetzt noch nicht hier, so daß noch einige Tage vergehen werden. Mir soll das gleich sein. Ich bettle niemand darum, daß man mich hier noch länger festhält, dann bin ich auch Keinem Dank dafür schuldig. Das habe ich auch gleich gesagt. Man hat es mir erst schlecht angekreidet, aber das macht ja nichts, denn ich habe auch nicht viele Freundlichkeiten hier bei diesem Verein erfahren. So wie die Dinge aussehen, wird man mich vor Ende dieses Monats nicht hier weglassen.
Wenn sich trotzdem etwas anderes ereignen sollte, gebe ich Dir sofort Bescheid. Ich werde es schon schaffen, da brauchst Du Dir keine Gedanken machen.
Heute Abend habe ich einen schönen Film gesehen. Wir sahen ihn in meinem vorletzten Urlaub in der Voranzeige. „Ich klage an“ heißt er und ich entsinne mich, daß Du ihn damals gern gesehen hättest. Er war aber auch wirklich sehenswert. Die Wochenschau, die hier lief, hatten wir zusammen gesehen, so daß ich auf diese Art auch an unseren gemeinsamen Ausgang erinnert wurde.
Gestern Abend habe ich noch 5 Päckchen vorgepackt. Die brauchen nur noch Papier, dann können sie auf den Weg geschickt werden. Es ist bereits spät heute Abend, denn ich wurde vorhin von unserem Inspektor, der mir früher meist sehr schlecht gesinnt war, zu einer Flasche Wein eingeladen. Du weißt ja, das ist der Mann, mit dem ich die leidige Affäre wegen des Kaffees hatte. Von mir aus soll das alles vergessen sein, wenn er sich auch jetzt anständig benimmt. Das scheint jetzt der Fall zu sein; doch man kann sich irren. Dich grüße ich vielmals und recht herzlich für heute. Außerdem sende ich Dir und den Kindern viele Küsse. Dein Ernst.
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