Sonntag, 17. April 2016

Brief 117 vom 16./19./27.4.1941


Mein liebes Mädel!                                                                Karlsruhe, den 16.4.1941      

Gestern hatte ich Dir schon schreiben sollen, doch ich bin leider nicht Dazu gekommen. Ziemlich fahrplanmäßig kam der Zug hier an. Ich habe auch dank Deiner Fürsorge einen ganz schönen Platz gehabt. Die Fahrt ist wie üblich verlaufen. Im Schwarzwald ist der Schnee ziemlich weggetaut, dagegen blühen im Bühler Tal die Pflaumenbäume und die Kirschen. Es ist dies ein schöner Anblick, wenn man so vom rauen Schwarzwald herunterkommt. 
Der Mariner war dann gleich sehr still geworden. Ja es ist eben doch nicht so einfach, vor allem wenn man so ein Himmelfahrtskommando hat wie er. Ich habe hier meinen Koffer heimgefahren. Nachdem ich mich eine Weile aufgehalten habe und meinen Koffer ausgepackt hatte, bin ich dann wieder zum Kurs gegangen. Es hat dann bis gegen 7 Uhr gedauert. Anschließend wollte ich heimgehen, doch ich bin mit meinem Lernkameraden noch in einer Wirtschaft gelandet.  Dort hat es etwas länger gedauert.
Ich war heute früh jedenfalls nicht gerade sehr erbaut, als es schon Zeit war. Ich bin nun heute um 8 Uhr bei der ersten schriftlichen Arbeit angetreten. Unangenehm war mir nur dabei, daß ich es so im Hals habe. Wir waren im Bürgerausschußsaal und sind auch schön verteilt worden, damit einer den anderen nicht behindert. Außerdem war der Saal nicht gerade überheizt, so daß mich ziemlich fröstelte. Die erste Arbeit habe ich hinter mir. Als Aufgabe war gestellt “Die Stellung und Aufgabe des Bürgermeisters und der Beigeordneten nach der DGO“. Ich habe schon etwas schreiben können. So etwa 4 ½ Seiten. Ob ich nun gerade das richtige getroffen habe, wird sich dann zeigen. Am Nachmittag um 3 Uhr haben wir wieder Unterricht. Im Gegensatz zu gestern lege ich mich heute aber zeitig ins Bett, damit mein Brummschädel weggeht.
Ich muß nun einen weiteren Verlauf der Dinge abwarten und werde dann sehen, wie es klappt. Lampenfieber habe ich heute eigentlich nicht gehabt, worüber ich selbst ganz erstaunt war. Hoffentlich halte ich weiter so durch.
Ich möchte jetzt schließen und den Brief gleich mit weggeben, Damit Du ihn bald erhältst.
Nimm viele herzliche Grüße und Küsse entgegen und grüße und küsse unsere beiden Stromer.
Dein Ernst

Meine liebe Frau!                                                                          Karlsruhe, den 19.4.41

Die vergangenen Tage hätte ich Dich nötig hier brauchen können.  Kurz nachdem ich meinen letzten Brief weggeschickt hatte, merkte ich, daß ich die Grippe hatte. Ziemlich Fieber und ein abscheulicher Husten haben mich die 3 letzten Tage geplagt. Du brauchst Dir aber keine Sorge mehr zu machen. Ich habe mich soweit zusammengerissen, daß es über die schriftliche Prüfungstage mir so gereicht hat. Ich habe Pillen und Tabletten geschluckt, Damit die Sache etwas aufgehalten wurde. Gestern habe ich mich gleich in die Falle gelegt und heute kann ich feststellen, daß es sich zum Besseren wendet. Doch darüber können wir ja dann am Dienstag reden. Was soll ich mich erst darüber verbreiten. Heute habe ich einen Karton zusammengepackt, den ich dann morgen noch fertig mache, damit ich ihn am Montag zur Post bringen kann, ebenso die Sachen von Graser habe ich verpackt, damit ich sie ebenfalls zurücksenden kann. Ich habe gerade noch ein kurzes Anschreiben dazu gemacht.
Wie ich heute gehört habe, habe ich wie die anderen Kameraden auch, die schriftliche Prüfung bestanden und der Kursleiter soll gesagt haben, er sei mit den Leistungen zufrieden. Ich muß nun mit 3 weiteren Kameraden am Montag von 12 - ½ 2 Uhr zur mündlichen Prüfung antreten. Dann habe ich es endlich geschafft.
Für Dein Päckchen und Deinen Brief Danke ich Dir vielmals. Die Apfelsinen habe ich heute gut gebrauchen können.  Sei Du und die Kinder herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.
Es kann vielleicht sein, daß ich schon mit dem Mittagszug am Dienstag bei Euch ankomme. Andernfalls treffe ich wie das letzte Mal ½ 9 Uhr ein.

Mein liebes Mädel!                                                                                             27.4.41

Der in Konstanz aufgestellte Fahrplan ist ins Wasser gefallen.  Ich bin erst bis Duisburg gereist. Als ich dort ankam, hieß es, daß der Zug, mit dem ich zu meinem Bestimmungsort weiterreisen wollte, nicht mehr fährt. Ich konnte gleich 21,47 Uhr bis Köln zurückreisen. wo ich dann einen Zug nach Brüssel erhielt, der dort 23,23 Uhr weiterfuhr, so daß ich hoffe, schon zwischen 11 und 12 Uhr an meinem Ziel zu sein. Du wirst Dir vorstellen können, daß das für mich eine ziemliche Überraschung war, als ich wieder eine Stunde zurückfahren mußte. Das habe ich aber nun auch geschafft und wie Du aus dem Fahrplan ersiehst, bin ich bald 5 Stunden früher am Ort, als erst vorgesehen war. Ich kann schon sagen, daß ich deswegen nicht böse bin, meine Bahnfahrt schneller zu beenden.
Heute ist nun wieder ein Sonntag, von dem man nichts merkt. Wie hast Du und wie haben die Kinder den Abschied überstanden. Mir ist diesmal die Trennung durch den längeren Aufenthalt in der Heimat schwerer gefallen wie die vorhergehenden Male.  Hinzukommt, daß man noch nicht weiß, wo es einen jetzt hin treibt.  Ich werde mich aber auch da wieder hineinfinden, wie ich dies die anderen Male auch fertiggebracht habe.
Ich habe diesen Brief im Zuge angefangen, Damit ich ihn bald nach meiner Ankunft absenden kann. Ich schreibe ihn heute noch unter der alten Feldpostnummer. Es wird ratsam sein, wenn Du diese nicht benutzt.
Ich bin nun kurz vor meinem Ziel und mache den Brief gleich  fertig. Ein Kamerad von der Feldpost, der neben mir sitzt, wird ihn gleich mitnehmen, damit Du bald Nachricht bekommst. Über den weiteren Verlauf gebe ich Dir dann in meinem nächsten Brief Bescheid. 
Bleib Du gesund und lasse Dir die Trennung nicht zu schwer werden. Grüße die Kinder recht herzlich von mir und gib einem jeden einen herzlichen Kuß. Nimm Du selbst viele Grüße und Küsse entgegen von Deinem Ernst

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