Mittwoch, 6. April 2016

Brief 116 vom 5./6.4.1941


Meine liebe Annie!                                                                     Karlsruhe, den 5. 4. 41     

Deinen lieben Brief vom 3./4. und Dein Päckchen mit Brief habe ich heute früh bzw. Abend erhalten. Für die gesandten Sachen Danke ich Dir vielmals. Ich finde, daß es sehr unwesentlich ist, ob der Kuchen kleiner oder größer ist, den Zweck hast Du doch damit erreicht, daß ich den bei uns früher üblichen Sonntagskuchen habe, denn weiter braucht er ja nicht zu reichen. Zudem komme ich ja in der kommenden Woche nach hause.
Doch erst einmal zu Deinen Briefen. Wegen des Zwiebelsamens wird es auch hier schwer fallen, welchen zu bekommen. Ich war hier heute in einer Samenhandlung. Die sagten mir, daß sie keinen mehr hätten und daß sie wohl schlecht welchen bekommen würde. Ich werde es nochmals wo anders versuchen.
Für die Übersendung der Bescheinigung Danke ich Dir bestens. 50 Pfennig reicht für die Unterschrift. Willst Du sie wiederhaben, weil Du mir die Quittung mitschickst? Du weißt ja, da bin ich nicht so kleinlich. Etwas möchte ich Dir auch noch empfehlen. Übernimm Dich nicht mit der Gartenarbeit, daß Du mir nicht eines Tages auf der Nase liegst. Lesestoff hast Du nun wieder von den Eltern erhalten. Es freut mich für Dich, daß Du wieder etwas zur Ablenkung hast. Mit der Wäsche hast Du Dich aber beeilt.
Die 25 Pfennig-Marke von Wien habe ich noch ein paar mal, da hat es also keine Not. Wegen der Geburtstage reden wir wohl am besten zusammen darüber. Für Kurt wird wohl über Ostern keine Essensnot eintreten, denn wenn ihm Vater auch noch einen Stollen geschickt hat, dann noch die Leute aus Blankenloch mit Speck und Wurst unterstützen. Es ist ja gut möglich, daß er sonst noch eine kleine Quelle fließen hat. Es wird ihm schon nichts schaden.  Wegen der Lebensmittelmarken brauchst Du Dir keine sorgen zu machen, denn ich bringe schon die Marken mit, die ich für das Essen benötige.
Dein Gartenbericht hat mich wieder gefreut, so weiß man doch etwa, was inzwischen gewachsen ist. Ich stehe noch in der Erwartung des Kleiderpakets, dann kann ich mich hier auch als Zivilist zeigen. Es kommt allerdings hier wahrscheinlich mehr darauf an, daß ich diese Sachen zur Heimreise habe. Doch nun zum Osterurlaub selbst. Ich fahre hier am Donnerstagmittag weg und bin dann mit dem Schnellzug, der etwa gegen ½ bzw. 9 Uhr in Konstanz ist, dort. Ich bleibe dann bis Dienstagmorgen, denn wir müssen am Mittwoch früh in die schriftliche Prüfung steigen. Der eine Lehrer hat sich bereit erklärt, uns noch zu präparieren und das soll am Dienstagmittag geschehen. Die schriftliche Prüfung wird dann fortgesetzt am Donnerstag und Freitag, jeden Vormittag 4 Stunden. Am Nachmittag werden wir für den nächsten Tag eingefuchst. Am Samstag haben wir wieder Unterricht und am folgenden Montag und Dienstag ist dann die mündliche Prüfung. Nach der gegenwärtigen Sachlage bin ich guter Dinge und glaube fest, daß ich es schaffen werde. Du siehst deshalb auch ein, daß ich am Dienstag wieder bei Euch fort muß. Doch Dafür komme ich ja schon früher. Morgen bleibt mein Lernkamerad auch hier - er fährt also nicht heim - so daß wir uns morgen noch etwas hinter unsere Arbeiten setzen können. Ich glaube kaum, daß ich morgen viel rauskomme. Am Montag haben wir von der Schule aus Besichtigung des Rheinhafens und des Elektrizitätswerks. Am Nachmittag Schule.  Dienstag und Mittwoch haben wir vormittags und nachmittags Schule, Da muß man auf Draht sein. Doch zum Glück haben wir ja noch ein paar Tage Ferien, ehe es zum Endspurt übergeht.
Gestern Abend bin ich in der letzten Stunde abgehauen und bin, nachdem ich noch etwas für meine Beköstigung eingekauft hatte, ins Kino gegangen. Es wurde gespielt „Am Abend auf der Heide.“ Ich weiß nicht, hier habe ich noch nie etwas Anständiges gesehen. Das hat mich auch wieder enttäuscht. Man gewöhnt sich bald an solche Schmarren. Heute früh war ich wieder beim Zahnarzt. Er hat die gestrige Operation nachgesehen und auf meinen Wunsch hin hat er mich zum Röntgen geschickt. Am Dienstag soll ich nochmals hinkommen, um mir Bescheid zu holen. Mit Hilfe dieser Aufnahme kann man vielleicht eher bestimmen, was nun los ist und welche Maßnahmen man am besten trifft, um die Geschichte auszuheilen.

                                                                                                   Karlsruhe, den 6.4.41
Nun mein liebe Mädel, was sagst Du. Jetzt marschieren unsere Truppen wieder. Diesmal geht es nun gegen Griechenland und Jugoslawien. Die Engländer können wieder einmal zeigen, wie sie laufen können, genau so, wie sie es schon in Afrika vormachen.  Wenn dies erreicht ist, werden wir sehen, wann gegen die Insel angetreten wird. 
Wegen der Prüfung wird es Dich noch interessieren, was wir für Aufgaben bekommen. Am ersten Tag eine Allgemeine Aufgabe aus dem Gemeinderecht. Am zweiten Tag aus dem Haushalt - Kassen und Rechnungswesen. Dann am Freitag je ein praktischer Fall aus dem Beamten- und dem Fürsorgerecht. Es ist insoweit anstrengend, daß man ungefähr weiß, wo man sich noch dahinter setzen muß. Ich hoffe also fest, daß ich es schaffen werde. 
Übrigens das abgezogene Geld für Kriegszuschlag soll wieder ausgezahlt werden. Einen weiteren Brief werde ich dann nicht mehr schreiben bis ich komme.
Ich sende Euch meine herzlichen Sonntagsgrüße und hoffe, daß Ihr alle meine Lieben gesund seid Dich grüßt und küßt wieder besonders Dein Ernst.

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