Samstag, 29. Februar 2020

Brief 551 vom 1.9.1944


Meine liebste Annie!                                                                            1.9.44  46

Unseren 14. Hochzeitstag haben wir heute. Immer wieder muß ich mich dieses Tages erinnern, als wir uns auf Körben gegenübersaßen und auf unsere Möbel warteten. Wenn auch die Einleitung nicht so formgemäß war, wie man sie sich allgemein vorstellt, so war die Fortsetzung doch immerhin von einer Art, die zur beiderseitigen Zufriedenheit verlaufen ist. Wir haben uns durch schwere Jahre durchgeschlagen und wir waren, wie ich das schon früher wiederholt festgestellt habe, immer ganz glücklich dabei. Wir haben unsere Kinder zu ganz ordentlichen Menschen erziehen können. Sonst sind wir soweit inmmer noch gesund gewesen, was uns manche Schwierigkeiten leichter überstehen ließ. Ich kann Dir nur an dieser Stelle immer und immer wieder meinen Dank sagen für all Deine Liebe und Treue, die Du mir die ganzen Jahre gegeben hast. Dank Deiner Sparsamkeit und Deiner ordentlichen Wirtschaftsführung sind wir immer auch in knappen Jahren, ausgekommen und haben unseren     gehabt.  Wenn ich auch nach Vaters Ansicht „einen Bock geschossen“ hatte, so kann nicht, sondern auch er, feststellen, daß der geschossene Bock nicht schlecht war und daß der Schuß sich dazu auch gelohnt hat. Ich bin all die Jahre zufrieden mit Dir gewesen und soviel ich von Dir weiß, warst auch Du nicht gerade unglücklich mit mir. Ich bin ja schon vor einigen Tagen auf diesen Anlaß eingegangen, doch ich habe mich, nochmals darauf zurück zu kommen. _ Gestern bin ich nun von Königsberg abgefahren. Es war ein nicht zu beschreibender Betrieb auf der Bahn, wie ich ihn sonst nicht kenne. Alles versuchte die Stadt zu verlassen, weil jeder befrüchtete, daß sich noch weitere Angriffe wiederholen würden. Es war fast ein Wunder, daß ich diesen Zug gestern abend noch erwischte. Ich bin erst einmal bis Kurz (?) , vor Mitternacht bis Deutsch Eilau gefahren. Dort habe ich erst einmal  ?  und heute morgen habe ich meine Weiterreise angetreten. Hier habe ich nun befehl bekommen nach Schilfenwiese (?) weiterzurollen.  Die letzten Zeilen waren kaum lesbar  Dieses Nest liegt westlich Lomscha. Ich nehme an, daß dieser Ort auf Deinen Karten eher verzeichnet ist. Dort liegt zwar noch nicht meine Einheit, aber es wird von diesem Ort aus nicht mehr weit sein. Ich werde Dich jedenfalls immer auf dem Laufenden halten. Den Ze itungsartikel habe ich Dir heute mit beigelegt, nachdem ich hier einige Briefumschläge kaufen konnte. Wenn die Dinge wirklich so liegen würden, dann wäre es bestimmt schön, aber wir sind eben doch erst froher, wenn wir die Tatsachen sehen könnten. Denn das Träumen von solchen Dingen ist doch nicht zu ratsam, wenn man sich dann später von einer Wirklichkeit aufwecken lassen müßte. Immerhin ist es ganz interessant zu lesen. _ Hier macht sich schon ein herbstlicher Wind auf, doch ist das Wetter doch noch schön sonnig und warm. Aber hier in dem Kaffeehaus stehen schon Astern auf dem Tisch, die uns schon an den Herbst gemahnen. Allzulange wird er sich nicht verleugnen lassen. 
Was ich noch berichten wollte ist, daß meine Einheit ein Leipziger Regiment ist das Grenadierregiment, das schon früher immer in Leipzig lag. Also auch beim HunderttausendMannHeer. Wenn man einmal zum Ersatztruppenteil  kommen könnte, dann wäre ich immerhin in Leipzig. Aber das sind schließlich Dinge, die man nur am Rand vermerkt. _ Ich schließe nun wieder mit vielen recht herzlichen Grüßen und lieben Küssen an Euch meine drei Lieben. Sobald ich meine neue Anschrift erfahre, gebe ich sie Dir gleich bekannt. Nochmals einen lieben Schmatz für jeden von Euch sendet 

Dein Ernst.

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