Mein
liebes Mädel! Karlsruhe, den 16.4.1941
Gestern
hatte ich Dir schon schreiben sollen, doch ich bin leider nicht Dazu gekommen.
Ziemlich fahrplanmäßig kam der Zug hier an. Ich habe auch dank Deiner Fürsorge
einen ganz schönen Platz gehabt. Die Fahrt ist wie üblich verlaufen. Im
Schwarzwald ist der Schnee ziemlich weggetaut, dagegen blühen im Bühler Tal die
Pflaumenbäume und die Kirschen. Es ist dies ein schöner Anblick, wenn man so
vom rauen Schwarzwald herunterkommt.
Der
Mariner war dann gleich sehr still geworden. Ja es ist eben doch nicht so
einfach, vor allem wenn man so ein Himmelfahrtskommando hat wie er. Ich habe
hier meinen Koffer heimgefahren. Nachdem ich mich eine Weile aufgehalten habe
und meinen Koffer ausgepackt hatte, bin ich dann wieder zum Kurs gegangen. Es
hat dann bis gegen 7 Uhr gedauert. Anschließend wollte ich heimgehen, doch ich
bin mit meinem Lernkameraden noch in einer Wirtschaft gelandet. Dort hat es etwas länger gedauert.
Ich
war heute früh jedenfalls nicht gerade sehr erbaut, als es schon Zeit war. Ich
bin nun heute um 8 Uhr bei der ersten schriftlichen Arbeit angetreten.
Unangenehm war mir nur dabei, daß ich es so im Hals habe. Wir waren im
Bürgerausschußsaal und sind auch schön verteilt worden, damit einer den anderen
nicht behindert. Außerdem war der Saal nicht gerade überheizt, so daß mich
ziemlich fröstelte. Die erste Arbeit habe ich hinter mir. Als Aufgabe war
gestellt “Die Stellung und Aufgabe des Bürgermeisters und der Beigeordneten
nach der DGO“. Ich habe schon etwas schreiben können. So etwa 4 ½ Seiten. Ob
ich nun gerade das richtige getroffen habe, wird sich dann zeigen. Am
Nachmittag um 3 Uhr haben wir wieder Unterricht. Im Gegensatz zu gestern lege
ich mich heute aber zeitig ins Bett, damit mein Brummschädel weggeht.
Ich
muß nun einen weiteren Verlauf der Dinge abwarten und werde dann sehen, wie es
klappt. Lampenfieber habe ich heute eigentlich nicht gehabt, worüber ich selbst
ganz erstaunt war. Hoffentlich halte ich weiter so durch.
Ich
möchte jetzt schließen und den Brief gleich mit weggeben, Damit Du ihn bald
erhältst.
Nimm
viele herzliche Grüße und Küsse entgegen und grüße und küsse unsere beiden
Stromer.
Dein
Ernst
Meine
liebe Frau! Karlsruhe, den 19.4.41
Die
vergangenen Tage hätte ich Dich nötig hier brauchen können. Kurz nachdem ich meinen letzten Brief weggeschickt
hatte, merkte ich, daß ich die Grippe hatte. Ziemlich Fieber und ein
abscheulicher Husten haben mich die 3 letzten Tage geplagt. Du brauchst Dir
aber keine Sorge mehr zu machen. Ich habe mich soweit zusammengerissen, daß es
über die schriftliche Prüfungstage mir so gereicht hat. Ich habe Pillen und
Tabletten geschluckt, Damit die Sache etwas aufgehalten wurde. Gestern habe ich
mich gleich in die Falle gelegt und heute kann ich feststellen, daß es sich zum
Besseren wendet. Doch darüber können wir ja dann am Dienstag reden. Was soll
ich mich erst darüber verbreiten. Heute habe ich einen Karton zusammengepackt,
den ich dann morgen noch fertig mache, damit ich ihn am Montag zur Post bringen
kann, ebenso die Sachen von Graser habe ich verpackt, damit ich sie ebenfalls
zurücksenden kann. Ich habe gerade noch ein kurzes Anschreiben dazu gemacht.
Wie
ich heute gehört habe, habe ich wie die anderen Kameraden auch, die
schriftliche Prüfung bestanden und der Kursleiter soll gesagt haben, er sei mit
den Leistungen zufrieden. Ich muß nun mit 3 weiteren Kameraden am Montag von 12
- ½ 2 Uhr zur mündlichen Prüfung antreten. Dann habe ich es endlich geschafft.
Für
Dein Päckchen und Deinen Brief Danke ich Dir vielmals. Die Apfelsinen habe ich
heute gut gebrauchen können. Sei Du und
die Kinder herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Ernst.
Es
kann vielleicht sein, daß ich schon mit dem Mittagszug am Dienstag bei Euch
ankomme. Andernfalls treffe ich wie das letzte Mal ½ 9 Uhr ein.
Mein
liebes Mädel! 27.4.41
Der
in Konstanz aufgestellte Fahrplan ist ins Wasser gefallen. Ich bin erst bis Duisburg gereist. Als ich
dort ankam, hieß es, daß der Zug, mit dem ich zu meinem Bestimmungsort
weiterreisen wollte, nicht mehr fährt. Ich konnte gleich 21,47 Uhr bis Köln
zurückreisen. wo ich dann einen Zug nach Brüssel erhielt, der dort 23,23 Uhr
weiterfuhr, so daß ich hoffe, schon zwischen 11 und 12 Uhr an meinem Ziel zu
sein. Du wirst Dir vorstellen können, daß das für mich eine ziemliche
Überraschung war, als ich wieder eine Stunde zurückfahren mußte. Das habe ich
aber nun auch geschafft und wie Du aus dem Fahrplan ersiehst, bin ich bald 5
Stunden früher am Ort, als erst vorgesehen war. Ich kann schon sagen, daß ich
deswegen nicht böse bin, meine Bahnfahrt schneller zu beenden.
Heute
ist nun wieder ein Sonntag, von dem man nichts merkt. Wie hast Du und wie haben
die Kinder den Abschied überstanden. Mir ist diesmal die Trennung durch den
längeren Aufenthalt in der Heimat schwerer gefallen wie die vorhergehenden
Male. Hinzukommt, daß man noch nicht
weiß, wo es einen jetzt hin treibt. Ich
werde mich aber auch da wieder hineinfinden, wie ich dies die anderen Male auch
fertiggebracht habe.
Ich
habe diesen Brief im Zuge angefangen, Damit ich ihn bald nach meiner Ankunft
absenden kann. Ich schreibe ihn heute noch unter der alten Feldpostnummer. Es
wird ratsam sein, wenn Du diese nicht benutzt.
Ich
bin nun kurz vor meinem Ziel und mache den Brief gleich fertig. Ein Kamerad von der Feldpost, der
neben mir sitzt, wird ihn gleich mitnehmen, damit Du bald Nachricht bekommst.
Über den weiteren Verlauf gebe ich Dir dann in meinem nächsten Brief
Bescheid.
Bleib
Du gesund und lasse Dir die Trennung nicht zu schwer werden. Grüße die Kinder
recht herzlich von mir und gib einem jeden einen herzlichen Kuß. Nimm Du selbst
viele Grüße und Küsse entgegen von Deinem Ernst