Mein
liebster Schatz !
1.8.43
Soeben habe ich ein Telegramm an Dich aufgegeben, weil bei uns alles ganz und gar unklar geworden ist Seit 22.7. habe ich nicht mehr an Dich ge schrieben, da ich der Hoffnung war, daß wir uns persönlich sprechen können. Ich hatte vorhin versucht, dich telefonisch zu erreichen damit ich Dich wenigstens wieder einmal hören würde, aber bei Webers war sicherlich keiner zuhause, denn es meldete sich niemand. Wir sind am vergangenen Montag von unserem alten Aufenthaltsort abgerollt. Dort hatten wir verladen und seitdem befinden wir uns auf dem Waggon. Es war mir alles so unfassbar, daß wir nun wieder in Deutschland sein sollen, aber wie es scheint, wird sich alles wieder anders gestalten. In meinem Telegramm habe ich Dir ja mitgeteilt, daß ich versuchen will, Dich übermorgen anzurufen. Ich hoffe, daß das klappt. Vorsichtshalber will ich Dir aber gleich noch Bescheid geben, damit Du nicht gar zu lange ohne Bescheid von mir bist. Wir hofften, daß wir südlich von Wien nach Neukir chen kommen würden, aber gestern Abend bekamen wir einen anderen Marschweg angewie sen, der aber gewissermaßen nur von Station zu Station weitergehen wird. Gegenwärtig halten wir uns im Donautal auf und ich denke, daß wir im Lauf des kommenden Tages nach München abrollen dort wird aber auch nicht entladen werden, so daß sich alles noch klären wird, wenn wir dort oder in unsrem nächsten Ankunftsort ankommen. . Es ist ein bedrückendes Gefühl, so nahe bei Euch zu sein, und sich nicht in der Weise bemerkbar machen zu können, wie man es gern möchte. Ich habe ja nun Deinen letzten Brief vom 1.7. in Händen, die andere Post befindet sich bei der Dienststelle, die sie gesammelt haben wird. So vieles interessiert mich und manches hätte ich auch zu erzählen, aber die nötige Ruhe fehlt mir, um mich zu einem ordentlichen Brief zu konzentrieren. Hoffentlich machst Du Dir keine allzu großen Gedanken, denn das ist wirklich nicht nötig. Ich hoffe, daß sich die Dinge doch noch so wenden werden, daß sie für mich günstig sind. die Hoffnung darf man eben nicht aufgeben. Zu gern will ich doch unserem Jungen zum Geburtstag meine Wünsche persönlich aussprechen. Ich denke, daß sich das noch einrichten läßt. Ich hatte mir das unterwegs in Gedanken so schön ausgemalt, aber man muß sich vorher nicht zu sehr freuen. Ich habe meine Gedanken nicht so beisammen, wie es zum Schreiben nötig ist. Sei mit diesem Gruß, mein liebes Mädel, in Liebe entgegen, denn es ist das erste Schreiben, das ich in der Heimat verfertigte. Bleibe gesund und halten wir den Daumen, daß alles klappt. Recht festen Kuß und viele Grüße von Deinem Ernst.